12:40 BAUPRAXIS

Feuer, Wasser, Schlamm und Stein

Teaserbild-Quelle: zvg

Sicherung des Felsens, Schutz gegen Wasser- und Schlammeinbruch und Bekämpfung von Feuer: Beim "Tunnel Design & Construction Congress" in Zürich erörterten rund 100 Fachleute vor allem Fragen der Sicherheit beim Tunnelbau. Daneben wurden die prominentesten Tunnelprojekte Europas vorgestellt.. Höhepunkt der Veranstaltung war die Präsentation des Gotthard-Basistunnels durch dessen Chefingenieur Heinz Ehrbar.

Tunnelkonstrukteure und -ingenieure aus ganz Europa nahmen in Zürich am "Tunnel Design & Construction Congress" teil, den das "International Quality and Productivity Center" (IQPC) zum vierten Mal insgesamt und zum ersten Mal in Europa durchführte.

Die dreitägige Veranstaltung deckte zahlreiche Aspekte des Tunnelbaus ab, wobei ein besonders Gewicht auf den Themenkreis Sicherheit gelegt wurde. Der dritte von drei Konferenztagen war ausschliesslich der "safety & security" in Tunnebaustellen gewidmet: Mit welchen Methoden lässt sich der Fels am dauerhaftesten sichern, wie stoppt man Wassereinbrüche an schnellsten, und wie lässt sich die Brandbekämpfung in Tunnels am besten organisieren.

Die grössten Tunnelprojekte Europas

Dazu wurden den Teilnehmern die grössten Tunnelprojekte vor, die in Europa im Moment realisiert werden. So erhielt man zum Beispiel Einblicke in das Crossrail-Project, eine neue Eisenbahnverbindung, die den Westen Londons und den Flughafen Heathrow mit dem Osten verbinden soll. Rund 200 Millionen Fahrgäste soll die neue Linie dereinst aufnehmen, deren Kosten auf rund 25 Milliarden Franken geschätzt werden.

Noch 5 Milliarden teurer kommt die Schweizer Steuerzahler das Projekt "Bahn 2000" zu stehen, dessen Kernstück, der Gotthard-Basistunnel, von Heinz Ehrbar vorgestellt wurde, dem Leiter Tunnel- und Trasseebau des Grossprojektes.

Güterzug von Zürich nach New York

Ehrbar begann sein Referat natürlich mit dem Verwies auf den kürzlich erfolgten Durchstich, der er als "äusserst emotionalen Moment für alle Beteiligten" beschrieb. Danach umriss er Geschichte, Zweck und Dimension des längsten Tunnels der Welt, für welchen 25 Millionen Tonnen Gestein aus dem Gebirge gebrochen werden. "Auf Waggons verladen würde dies einen Güterzug ergeben, der von Zürich nach New York reicht."

Der Auftrag beim Gotthard-Basistunnel habe darin bestanden, ein Bauwerk zu schaffen, das sich durch eine Haltbarkeit von mindestens 100 Jahren auszeichne. "Ein solches Ergebnis", stellte Ehrbar klar, "ist nur mit Tunnels zu erreichen, die aus zwei Betonschalen bestehen." Wobei die äussere Schale nur für die Phase des Felsausbruchs gedient habe, um den Felsen zu sichern. Bei der Berechnungen der Haltbarkeit spiele sie keine Rolle. Die "100-Jahr-Garantie" sei durch die innere Schale gewährleistet, die von der äusseren durch eine wasserfeste Membran getrennt und mindestens 7 Zentimeter dick sei. "Diese innere Schale ist es, welche die gesamten statischen Belastungen tragen wird."

Im Folgenden schilderte Heinz Ehrbar die wichtigsten Stationen des Tunnelbaus, der zu 65 Prozent mit Tunnel-Bohrmaschinen und zu 35 Prozent mit konventionellen Techniken erfolgte. Generelle Probleme bereitete das bis zu 2500 Meter dicke Deckgebirge, das nicht nur starke tektonische Verformungen verursachte, sondern durch den Felsdruck auch grosse Hitze. "Beim einfliessenden Wasser haben wir Temperaturen von bis zu 50 Grad erwartet. Tatsächlich waren es dann 46 Grad."

Was man beim Gotthard-Basistunnel gelernt hat

Sein Fazit der "lessons learnt", so der Titel des Referats, zog Ehrbar mit einem Vergleich der beiden angewandten Techniken. "Wir haben beim Gotthard-Basistunnel gelernt, dass die konventionellen Tunnelbautechniken wichtige Vorteile haben. Sie sind dort unersetzlich, wo wegen unerwarteter Probleme hohe Flexibilität der Technik gefordert ist und ein rascher Wechsel der Methoden der Felssicherung erfolgen muss." Auch erlauben es die konventionellen Techniken, den Durchmesser des Tunnelvortriebes rasch den Gegebenheiten anzupassen. Im Gotthard-Basistunnel beträgt dieser Durchbesser zwischen 70 und 130 Quadratmeter.

Die vier eingesetzten Tunnelbohrmaschinen des deutschen Herstellers Herrenknecht hätten sich ihrerseits bestens bewährt: "Wir hatten zwei Fälle, in denen die TBM nach Felsdeformationen feststeckten. Sie wieder frei zu bekommen, dauerte jeweils rund fünf Monate. Die TBMs selbst haben aber keinen einzigen Stillstand durch Pannen oder Ähnliches verursacht." Und im Vergleich zu den konventionellen Methoden sind die riesigen Tunnelbohrmaschinen rund vier Mal schneller.

Seinen kommerziellen Betrieb werde der Gotthard-Basistunnel Ende 2017 aufnehmen, stellte Ehrbar in Aussicht. Wobei es technisch möglich wäre, den Tunnel bereits per Ende 2016 fertig zu stellen. "Ob wir den Ausbau derart beschleunigen oder nicht", schliesst Heinz Ehrbar sein Referat, "ist am Ende eine Entscheidung der Politiker."


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