20:05 BAUPRAXIS

ETH-Forscher lassen autonomen Bagger Trockensteinmauer bauen

Teaserbild-Quelle: Gramazio Kohler Research, ETH Zurich, Eberhard AG. Photo: Marc Schneider

ETH-Forscher haben im «Circularity Park» in Oberglatt ZH mit einem autonomen Bagger eine sechs Meter hohe und 65 Meter lange Trockensteinmauer in zirkulärer Bauweise errichtet. Mit dem Park sollen nachhaltige, robotergestützte Bautechniken demonstriert werden.

Der «Circularity Park» ist eine durch Roboter gefertigte Terrassenlandschaft, die 2021 während rund einem Jahr konzipiert und auf dem Campus der Eberhard AG in Oberglatt gestaltet wurde. Der Park sei das Ergebnis zentraler Forschung in den Bereichen autonomes Bauen, Robotik und Architektur an der ETH Zürich, heisst es in einer Mitteilung der Projektbeteiligten von Mittwoch.

Park demonstriert robotergestützte Bautechniken

Der Park dient als Demonstrationsobjekt für nachhaltige, robotergestützte Bautechniken. Für das Projekt haben ETH-Forscher von Gramazio Kohler Research, dem Robotic Systems Lab und dem Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur mit einem autonomen Bagger eine Trockensteinmauer gebaut. Dabei kam auch eine zirkuläre Bauweise zur Anwendung, die mit der Eberhard AG entwickelt wurde.

Das Bauunternehmen unterstützt das Projekt gemäss Mitteilung mit Materialien und «Konstruktionsinnovationen». Für die Forscher dient der Park als Praxisbeispiel, bei dem das Design, die Steuerung und die Berechnungstools untersucht werden, um autonome Roboter-Bauprozesse direkt auf der Baustelle mit vorhandenen Materialien und lokaler Erde zu ermöglichen.

Recycelter Beton und lokale Steine

Für den Bau der Trockensteinmauer wurden gemäss Mitteilung rezyklierter Beton und Steine aus der Region verwendet. Darüber hinaus wurden verschiedene ökologische Materialien in den Bau integriert: Der Drainagekies in der Aufschüttung wurde aus  Eisenbahnschotter recycelt. Die Treppen an beiden Enden sind aus wiederverwendeten Steinfassadenplatten und einem Betonkörper einer anderen Umgebung zusammengesetzt.

Ziel der Forschung hinter der Steinmauer ist «die autonome Konstruktion von Mauerwerken in architektonischem Massstab unter Verwendung vorgefundener und leicht verfügbarer Materialien wie Betonabfällen und Steinen», heisst es im Communiqué. Realisiert wurde die Mauer mit dem Roboterbagger «Heap» (Hydraulic Excavator for an Autonomous Purpose) – einem spezifischen «Menzi Muck M545 12t»-Schreitbagger, der vom Robotic Systems Lab entwickelt wurde.

Autonomer Bagger baut Trockensteinmauer ETH Zürich

Quelle: Gramazio Kohler Research, ETH Zurich, Eberhard AG. Photo: Ryan Luke Johns

Computergestützte Planung und Steinplatzierung mit dem autonomen Bagger «HEAP».

Ein ausführliches Video erklärt den Bauprozess im Detail (Englisch). (Quelle: Gramazio Kohler Research & Robotic Systems Lab, ETH Zurich, Eberhard AG. Video: Girts Apskalns)

Autonomer Bagger erstellt Steinmauer

Mithilfe von computergestützter Planung stapelte «Heap» Stein für Stein aufeinander und schuf am Ende eine 65 Meter lange und maximal sechs Meter hohe Mauer, die aus 938 Einzelelementen besteht. Mit einer durchschnittlichen Masse der Felsbrocken und des Betonabbruchmaterials von über 1000 Kilogramm gehöre die Mauer zu den grössten robotergefertigten Bauwerken überhaupt, heisst es in der Mitteilung.

Die vom «Heap»-Roboterbagger erstellte Stützmauer ist Teil einer Terrassenlandschaft. Das dazugehörige Forschungsprojekt «Robotic Lanscapes» zielt darauf ab, computergestützte Werkzeuge, Technologien und Arbeitsabläufe für die automatisierte und digital gesteuerte Landschaftsgestaltung zu entwickeln. Dabei soll gemäss Mitteilung eine Präzision für komplexe Formen erreicht werden, die mit manuellen Ausgrabungsmethoden nicht möglich wäre.  

Die Roboterlandschaft im Park diene dazu, den Fussgängerverkehr zu erleichtern, indem sie die grossen Höhenunterschiede zwischen der Ober- und Unterseite der Stützmauer verbindet. Dazu hat das Robotersystem mit hoher Genauigkeit vier grosse Böschungen angelegt. Jede Böschung ist dabei in kleinere Stufen unterteilt, was das lokale Pflanzenwachstum unterstützen und gleichzeitig den Wasserabfluss sowie die Erosion kontrollieren soll.

Roboter gefertigte Trockensteinmauer ETH Zürich

Quelle: Gramazio Kohler Research, ETH Zurich, Eberhard AG. Photo: Marc Schneider

Für den Bau der Trockenmauer wurden recycelter Beton und Steine aus der Region verwendet. Zudem wurden verschiedene ökologische Materialien in den Bau des Demonstrationsobjekts integriert. Der Drainagekies in der Aufschüttung wurde so etwa aus Eisenbahnschotter recycelt.

Ökologischer Fussabdruck reduzieren

Der «Circularity Park» zeige, dass sich Berechnungsmethoden, Ansätze der maschinellen Bildverarbeitung und neue Kontrollmethoden erfolgreich integrieren lassen, um die geometrische Vielfalt von Stein- und Schuttformen in einem adaptiven Bauprozess zu handhaben, der sich in einer unstrukturierten Bauumgebung entfaltet, schreiben die Projektbeteiligten.

Da die Bauindustrie einen wesentlichen Beitrag zu den weltweiten Treibhausgasemissionen leiste, sei von entscheidender Bedeutung, neue Technologien für nachhaltige Baupraktiken zu nutzen. Ein solcher Weg sei das Umgestalten der grauen Energie von Materialsystemen, die beim Bau verwendet werden. Im Bauen mit lokal beschafften Steinen und Betonabfällen sehen die Forscher das Potenzial, den ökologischen Fussabdruck des Bauens für bestimmte Anwendungen zu reduzieren.

Der Landschaftspark in Oberglatt soll der Öffentlichkeit mehrere Beispiele für solche nachhaltigen Baupraktiken zeigen. Die derzeit noch laufenden Forschungsprojekte zur Roboter-Steinmauer und -Landschaft erfolgen im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts Digitale Fabrikation (NCCR DFAB) an der ETH Zürich. (mgt/pb)

Von Robotern gefertigte Terrassenlandschaft ETH Zürich

Quelle: Gramazio Kohler Research, ETH Zurich, Eberhard AG. Photo: Marc Schneider

Beim «Circularity Park» handelt es sich um eine Terrassenlandschaft mit einer durch Roboter gefertigten Stützmauer, die 2021 während rund einem Jahr konzipiert und gebaut wurde.

Projektbeteiligte

Gramazio Kohler Research, ETH Zurich
Prof. Matthias Kohler, Prof. Fabio Gramazio, Lauren Vasey (Projektleitung), Ryan Luke Johns (Leitung Steinmauer)

Robotic Systems Lab, ETH Zurich
Prof. Marco Hutter, Martin Wermelinger, Dominic Jud, Varin Buff, Vuk Pakovic, Mads Albers 

Chair of Landscape Architecture, ETH Zurich
Prof. Christophe Girot, Ilmar Hurkxkens (Leitung Robotik-Landschaft)

Vision for Robotic Lab, ETH Zurich
Prof. Margarita Chli, Ruben Mascaro

Kunde: Eberhard Unternehmungen AG

Ausgewählte Experten: Patric Van der Haegen, Michael Maur, Roger Ruf (Eberhard Unternehmungen AG);  Jovica Zilic, Guido Morri, (Gysi Leoni Mader AG); Elia Quadranti, Sandro Kühne (ATP architekten ingenieure), Remo Hug (zirkulit AG), Prof. David Kammer, Dr. Mohit Pundir, Flavio Lorez (Chair of Computational Mechanics of Building Materials), Vasileios Ntertimanis, Konstantinos Vlachas (Chair of Structural Mechanics and Monitoring, ETH Zurich), Mike Lyrenmann (Institute of Technology in Architecture, ETH Zurich).

Literaturhinweis

Die Forschungsarbeit zum «Circularity Park» wurde in der Wissenschaftlichen Zeitschrift «Science Robotics» veröffentlicht. 

A framework for robotic excavation and dry stone construction using on-site materials, Johns RL, Wermelinger M, Mascaro R, Jud D, Hurkxkens I, ­Vasey L, Chli M, Gramazio F, Kohler M, Hutter M. 

DOI: 10.1126/scirobotics.abp9758

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