Ein neues Stadtquartier entsteht
Die Selve entwickelt sich in den nächsten Jahren zu einem neuen, einzigartigen Stadtquartier in Thun. Der Standort direkt an der Aare blickt auf eine facettenreiche Geschichte zurück.
Vor über 100 Jahren errichtete Gustav Selve auf der damals landwirtschaftlich genutzten Matte die Schweizerische Metallwerke & Co. Dieses Unternehmen war mehr als nur eine bedeutende Arbeitgeberin der Region: Es schrieb Schweizer Industriegeschichte und prägte die Entwicklung der Stadt Thun bis zu seiner Schliessung 1993 entscheidend mit.
Ab 1995 folgte eine Übergangsnutzung, die die Industriebrache in eine Partymeile mit überregionaler Anziehungskraft verwandelte.
Im Jahre 2000 ersteigerte die Selve-Park AG das alte Industrieareal. Der Kanton Bern und die Stadt Thun als neue Besitzer hatten die Aktiengesellschaft mit dem Ziel gegründet, eine geordnete Übergangsnutzung sowie die Sanierung der Altlasten sicherzustellen und das Grundeigentum für die Realisierung eines neuen Stadtquartiers an Investoren zu übertragen. Zusammen mit den beiden Totalunternehmen Frutiger AG und HRS Real Estate AG, die sich zur Baugesellschaft Selve Thun zusammenschlossen, wurde 2005 ein Architektur-Wettbewerb durchgeführt. Die Konzepte der Althaus Architekten Bern für den Dienstleistungsteil und die Luscher Architectes SA Lausanne für den Wohnungsteil waren schliesslich Gewinner des Wettbewerbs.
Altlasten
Die über 100 Jahre währende industrielle Nutzung hat bleibende Spuren hinterlassen. Diese müssen unter grossen Anstrengungen und dem Einsatz beträchtlicher finanzieller Mittel entfernt oder unschädlich gemacht werden, bevor neu gebaut werden kann. Schon früh hat die Selve Park AG die beiden Büros Geotest AG, Zollikofen BE, und Schenker und Partner GmbH, Luzern, mit den erforderlichen Abklärungen beauftragt.
Für die Untersuchung auf Schwermetalle wurde bei über 80 Bohrungen ein mobiles Röntgenfluoreszenz-Spektrometer eingesetzt. So konnte der Verschmutzungsgrad schnell und mit geringem Aufwand bestimmt werden.
Im Perimeter Althaus musste mit verschmutztem Material aus dem früheren Gaswerkbetrieb gerechnet werden. Typische Schadstoffe auf Gaswerkarealen sind Teeröle aus aromatischen Kohlenwasserstoffen sowie Cyanide. Die Herausforderung war, die schadstoffbelasteten Materialien aus vorwiegend kiesiger Zusammensetzung zu erkennen und möglichst von den sauberen Anteilen zu trennen.
Auch im Perimeter Luscher brachten die Rückbauarbeiten Altlasten an den Tag, und es mussten adäquate Lösungen gefunden werden im Zusammenhang mit Schwermetallen, asbesthaltigen Bauelementen, PCB-belastetem Trafo-Öl und Staubbekämpfung. Neben geringen Kohlenwasserstoffverschmutzungen bestanden die Belastungen hier in erster Linie aus Kupfer und Zink, in kleinerem Ausmass auch aus Chrom. Weil kupferhaltige Lösungen aus undichten Leitungen und über Sickerschächte in den Schotter versickerten, haben sich Kupfer-Mineralien wie Malachit gebildet.
Glücklicherweise sind diese Stoffe aber nur sehr schwer wasserlöslich, sodass für das Grundwasser keine Gefährdung besteht. (pd)
(Siehe dazu auch «Der Winter macht am meisten zu schaffen».)