Die Auswirkungen vom Hitzesommer 2022 auf den Permafrost
In den Schweizer Alpen schwindet der Permafrost zusehends. So macht sich der Einfluss des Hitzesommers 2022 in den obersten Metern bereits deutlich bemerkbar. Wie Bohrungen der WSL zeigen, dürften in den nächsten Monaten die hohen Temperaturen weiter in die Tiefe dringen.
Quelle: Nora Bühler, SLF
Bohrarbeiten für eine Messstation im Permafrost am Schafberg bei Pontresina.
«In zwei Dritteln aller Bohrlöcher haben wir 2022 Rekorde bei der Dicke der Auftauschicht gemessen», erklärte vor kurzem Jeannette Nötzli, Permafrost-Expertin am WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens. Bei der Auftauschicht handelt es sich um die oberste Schicht, deren Temperatur im Sommer über dem Gefrierpunkt liegt. Der eigentliche Permafrost liegt darunter, er weist mindestens an zwei Jahren am Stück nie Temperaturen über null Grad Celsius auf. - Nötzli ist Koordinatorin des Schweizer Permafrostmessnetzes (Permos)*.
Mit zunehmender Tiefe dringen die Temperaturänderungen von der Oberfläche immer langsamer in den Boden ein. Bis sie etwa zehn Meter Tiefe erreichen, vergeht ein halbes Jahr. Damit wird die Sommerhitze des letzten Jahres diese Tiefen erst in den kommenden Wochen oder Monaten erreichen. Aktuell sind diese Schichten noch von den kühlen Jahren 2020 und 2021 geprägt. So gingen die Temperaturen an vielen Messpunkten in den letzten Monaten sogar etwas zurück.
Weniger Schnee, weniger Wärme im Grund?
Wie es weitergeht, ist noch nicht klar. Dies, weil es diesen Winter sehr spät zu schneien begonnen hat. «Das späte Einschneien könnte dazu führen, dass die Hitze des Sommers 2022 wieder etwas ausgeglichen wird», prognostiziert Nötzli. Denn auch der Schnee kann den Boden kurzfristig abkühlen – oder zur Erwärmung beitragen, je nach Beginn und Dauer der Winterschneedecke. Schmilzt der Schnee zum Beispiel früh, wird der Boden auch früher wärmer. Fällt er hingegen zeitig im Herbst, isoliert er, und der Boden speichert die Wärme. Doch dieser Effekt bleibt derzeit aus.
In noch grösserer Tiefe spielt das ohnehin keine Rolle. Denn
dort nimmt der Einfluss von saisonalen Schwankungen weiter ab und ein einzelner
Hitzesommer ist schliesslich ab einer Tiefe von etwa 20 Metern nicht mehr
messbar. Hier spiegeln die Permafrosttemperaturen die langfristige Entwicklung
wider, was für die Klimaforschung wichtig ist. «Der Permafrost ist ein guter
Indikator für die Klimaerwärmung», sagt Nötzli. Der Trend ist laut der
Wissenschaftlerin klar, denn langfristig steigen die Temperaturen im Permafrost:
«In den gut 20 Jahren, die wir nun messen, sehen wir einen Anstieg in allen
Messreihen.» (mai/mgt)
*Schweizer Permafrostnetz (Permos): Es wird von sechs Schweizer Forschungseinrichtungen getragen, und dient der langfristigen Beobachtung von Zustand und Entwicklung des Permafrosts in der Schweiz. Die Forschung basiert unter anderem auf Messungen der Temperatur in 30 Bohrlöchern im Permafrost.