12:24 BAUPRAXIS

Der Stoff aus dem die Ruhe ist: Ultradünnes Hightechgewebe schluckt Lärm

Teaserbild-Quelle: Alex Kotliarskyi, Unsplash

Eine allzu prägnante Geräuschkulisse im Grossraumbüro stört, vor allem wenn man konzentriert arbeiten und den Kopf beisammen haben muss. Ein ultradünner Seidenstoff könnte das ändern und geplagten Büromenschen Linderung verschaffen. Yoel Fink und seine Doktorandin Grace (Noel) Yang vom Massachusetts Institute of Technolgoy haben einen ultradünnen Stoff entwickelt, der Lärm in grossen Räumen aber auch in Autos schluckt.

Das Geheimnis hinter ihrer Erfindung, laut Yang und Fink kaum dicker als ein menschliches Haar ist: Das Material erzeugt elektromechanische Schwingungen, die wiederum akustische Wellen auslöschen. Es funktioniert damit ähnlich wie ein Kopfhörer, der Geräusche mittels Gegenschall neutralisiert. 

Während diese Funktion relativ einfach nachvollziehbar ist, hat die zweite genutzte Art der Geräuschdämmung mehr Erklärungsbedarf: Der Seidenstoff ist so gestaltet, dass er auftreffende Schallwellen schluckt. Diese schalldämmenden Stoffe - sie lassen sich auch aus anderen Fasern als aus Seide herstellen - können zum Beispiel als Trennwände in Grossraumbüro verwendet werden oder in kleinen Wohnungen, um für einen ruhigen Schlafbereich zu sorgen.

Das Team und Yang und Fink hat in die Stoffe piezoelektrische Fasern eingewoben. Werden diese zusammengedrückt oder gebogen, erzeugen sie ein elektrisches Signal. Versetzt demnach ein Geräusch in der Nähe den Stoff in Schwingung, wandelt die piezoelektrische Faser diese Schwingungen in ein elektrisches Signal um, das den Ton sozusagen auslöscht.

Stille statt Lautsprecher

Ursprünglich hatten die Forscher das Verfahren genutzt, um Lautsprecher aus Stoff herzustellen. „Aber es gibt bereits so viel Lärm in unserer Welt, dass wir glaubten, die Erzeugung von Stille könne noch wertvoller sein“, erklärt sagt Yang. Der Schall werde mit dieser Technik um bis zu 75 Prozent reduziert. Allerdings funktioniert dies vorerst nur für ein bestimmtes Frequenzband. Aktuell arbeiten Fink und Yang daran, dieses zu vergrössern, um Lärm vieler Frequenzen unterdrücken zu können. 

Dafür sind eine komplexe Signalverarbeitung und zusätzliche Elektronik nötig, vermuten die Forscher. „Es gibt viele Stellschrauben, an denen wir drehen können, um dieses schalldämpfende Gewebe noch effektiver zu machen“, sagt Yang. Sie denkt etwa daran, die Richtung der piezoelektrischen Fasern und die angelegte Spannung zu variieren. (mai/mgt)

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