«Co-Living»-Designstudie von MVRDV: Nachhaltiger gemeinschaftlich Wohnen
MVRDV hat in einer «Co-Living»-Designstudie fünfzehn Typologien für gemeinschaftliches Wohnen zusammengestellt. Dabei geht es nicht nur um Neubauten, sondern auch um Umnutzungen. Und darum, wie nachhaltiges Wohnen ohne Abstriche und mit viel Komfort möglich ist.
Quelle: MVRDV
Vibrant heart: Das Herz bei dieser Art des gemeinschaftlichen Wohnens bilden Bereiche, die allen Bewohnern offen stehen. Sis sind so angegelegt, dass man aus jeder Wohnung Zugang hat. Die Wege dorthin fungieren dabei als Strassen oder aber wohl auch als zusätzliche Begegnungszonen.
Es ist eines der Klischees des Vereinigten Königreichs: Reihenhäuschen mit Garten, die ihren Bewohnern gehören. Doch längst können sich viele kein eigenes Zuhause mehr leisten. Während die Be-völkerung seit der Jahrtausendwende um rund acht Millionen gewachsen ist und gleichzeitig weniger gebaut wird, sind die Immobilienpreise gestiegen. Bezahlbare Wohnungen sind Mangelware geworden. Derweil begannen sich mit dem Ausbruch der Pandemie und dem damit verbundenen Homeoffice-Trend Bürobauten zu-nehmend zu entvölkern. Mit dem Klimawandel ist der ökologische Fussabdruck von Wohnbauten verstärkt ein Thema. Daneben gibt es auch soziale Herausforderungen, wie zum Beispiel gestiegene Lebenshaltungskosten oder eine immer grössere Zahl von Einpersonenhaushalten und zum Teil damit einhergehend eine Vereinsamung.
Dies ist der Hintergrund, vor dem MVRDV für den britischen Immobilienentwickler HUB und den auf nachhaltige Immobilieninvestitionen spezialisierten Bridges Property Funds eine Designstudie in Form eines Ideenkatalogs erstellte. Sie soll aufzeigen, welche Chancen sich aus Co-Living für die Zukunft des Wohnens ergeben und was Co-Living zum Umgang mit den Herausforderungen und den gewandelten Bedürfnissen im Zusammenhang mit dem Klimawandel beitragen kann. «Die Studie zeigt, wie es das Modell des gemeinschaftlichen Wohnens ermöglicht, Gebäude auf die Bedürfnisse von Gemeinschaften unterschiedlicher Form und Grösse abzustimmen, zum Beispiel mit Gästezimmern für Besuch, mit Gärten, Veranstaltungsräumen oder Co-Working-Bereichen», hält MVRDV dazu fest. Eine Rolle spielen auch Räume, in denen man sich ungezwungen begegnen kann.
Wohnen in London neben dem Barbican Center
HUB und Bridges verfügen über ein wachsendes Portfolio von umgebauten Wohn- und Bürobauten, viele mit einem «Co-Living»-Konzept. Vor kurzem präsentierten sie eines ihrer jüngsten Projekte: ein Bürogebäude aus den 1950er-Jahren, das direkt an das Barbican Center – das Kultur- und Kongresszentrum ist eine brutalistische Architekturikone aus der Feder von Chamberlin Power and Bon – in London angrenzt. Hier sollen 174 Wohnungen samt verschiedenen Annehmlichkeiten für die Bewohner Platz finden, zu-dem ist ein öffentlicher Bereich geplant und im Erdgeschoss sollen Gewerbeflächen untergebracht werden.
Der Ideenkatalog von MVRDV stellt 15 Typologien mit unterschiedlichen Wohn- respektive Gemeinschaftskonzepten vor, dabei geht es darum, wie bestehende Bauten angepasst sowie neue, nachhaltige geschaffen werden können.
Quelle: MVRDV
Stacked village: Im gestapelten Dorf - oder im Stacked village - hat jede Ebene ihren eigenen Charakter. Alle Ebenen zusammen bilden eine Art aufeinander getürmtes Dorf.
Die jeweiligen Typologien basieren allesamt auf sich wiederholenden Volumen, respektive aus einfachen, kostengünstigen Konstruktionen, die eine breite Palette an Grundrissen ermöglichen. Dazu gehört etwa das «ge-stapelte Dorf»: Hier hat jedes der Stockwerke einen ganz eigenen Charakter, sodass sie zusammen ein vertikales Dorf bilden. Beim «pulsierenden Herzen» sind die Gemeinschaftsräume, die von allen genutzt werden, so angeordnet, dass die von jeder Wohnebene aus erreichbar sind. Die Korridore dieser Typologien bilden gewissermassen die «Strassen» des Ge-bäudes, sie können als Stauräume, Fitnessbereiche oder kleine Grünräume fungieren (siehe gegenüberliegende Seite). Dies soll laut den Architekten dafür sorgen, dass zuvor oft leere, dunkle und kleine Bereiche wie Sporträume, Bibliotheken und Schaufenster zu sozialen Räumen werden.
Nicht nur neu bauen, sondern auch umnutzen
Dass bestehende Gebäude neu gestaltet oder umgenutzt werden, ist laut den Architekten «von entscheidender Bedeutung» bei der Bewältigung der Wohnungs- und der Klimakrise. Dies weil dabei deutlich weniger Kohlenstoff freigesetzt werde als beim Rückbau und dem Ersatz einer bestehenden Struktur. Weil in städtischen Gebieten der Platz für neue Wohngebäude knapp sei, böten Flachdächer zusätzliche Kapazitäten für die Schaffung von Dachdörfern.
«Bei der Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen des Wohnungssektors haben wir uns genau angesehen, wie sich die Gesellschaft verändert», sagt Winy Maas, Mitbegründer von MVRDV. «Städte von London bis Lagos sind von der Wohnungs- und Klimakrise betroffen.» Die Studie präsentiert laut Maas weltweit umsetzbare Vorschläge für grosszügige Wohnungen, wie sie laut Maas nicht nur Expats vorbehalten sein müssen. (mai)
Hier geht’s zu Co-Living-Desigstudie www.mvrdv.com
Quelle: MVRDV
Biodiversity tower (Übersetzung): Dieser Turm dient als vertikaler Park für Tiere und Pflanzen. Die Begrünung im Erdgeschoss zieht sich spiralförmig nach oben bis auf das Dach, wobei die einzelnen Ebenen innerhalb der Spirale für die jeweils in der jeweiligen Höhe lebenden Tierarten vorgesehen sind. In den darunter liegenden Etagen gibt es geschützte Räume für kleine Krabbeltiere, während weiter oben eine Schmetterlingswiese und Bienenstöcke zu finden sind. Kleine Ritzen in der Fasssade dienen Fledermäusen und kleinen Vögeln als Unterschlupf, während die Dachlandschaft für grössere Vögel gedacht ist. Die Lebensräume der Tiere sind Menschen nicht zugänglich, ihnen sind separate grüne Terrassen vorbehalten.
Quelle: MVRDV
Vertical farm city (Übersetzung): Die vertikale Landwirtschaft ist ein neuartiges landwirtschaftliches Konzept, das sich im Gegensatz zur traditionellen Landwirtschaft für das städtische Umfeld eignen könnte. Die jeweiligen Gemüse-, Obst oder Getreidesorten werden in vertikal übereinander liegenden Schichten angebaut, was wiederum zu einem sehr effizienten, platzsparenden landwirtschaftlichen Ansatz führt. Hier befindet sich die vertikale Farm vor einem galerieähnlichen Gebäude: Die Bewohner haben Zugang zu ihren Privathäusern, die an die vertikale Farm angrenzen und Blick ins Grüne bieten. - Diese Option eignet sich besonders für Standorte in der Nähe stark befahrener Strassen oder Bahnlinien, da die Farm hier auch wie ein Lärmschutz funktioniert.
Quelle: MVRDV
Office reuse
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Vertical neighbourhood
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Collective ribbon
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Social Corridor
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Apartment Types, Flip-flop house
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Apartment Types, Double-sided 1