13:08 BAUPRAXIS

Brandschutz: Drohne sagt der Feuerwehr, wo sich der Brandherd befindet

Teaserbild-Quelle: Empa

Hitzeresistente Drohnen könnten Feuerwehrleute unterstützen und das Risiko gefährlicher Einsätze minimieren, indem sie die bei einem Brand den Gefahrenherd aus nächster Nähe analysieren. Zurzeit arbeitet ein Team der Empa und des Imperial College London an der Entwicklung solcher Geräte. 

«FireDrone» im Einsatz

Quelle: Empa

Die «FireDrone» kann dank ihres isolierenden Mantels aus Aerogel bei einem Brandeinsatz Daten aus dem Brandgeschehen selbst bei grosser Hitze erfassen und weiterleiten.

Über 12'000 Mal rückten die schweizerischen Feuerwehren vergangenes Jahr aus, um Brände zu bekämpfen. Weil in einem brennenden Gebäude Temperaturen von tödlichen rund 1000 Grad Celsius herrschen können, muss jedes unnötige Risiko zu vermieden werden. Flugroboter könnten bei derartigen Einsätzen helfen: Fachleute von der Empa und vom Imperial College London  entwickeln derzeit eine hitzeresistente Drohne, die erste Daten aus dem Gefahrenherd liefern kann.

«Bevor sie sich direkt in die Gefahrenzone begeben, wissen die Feuerwehrleute natürlich nicht, was sie genau erwartet und auf welche Schwierigkeiten sie stossen werden», sagt Mirko Kovac, Leiter des Sustainability-Robotics-Labor der Empa und  des Aerial Robotics Lab am Imperial College London. In solchen Situationen könnten mit Kameras und CO2-Sensoren ausgerüstete Drohnen wichtiges Wissen zur Verteilung der Brandherde liefern, aber auch zu unerwarteten Gefahren oder eingeschlossenen Menschen. Mit den so gewonnenen Informationen könnten Einsatzteams ihre Strategie besser an die Situation anpassen, bevor sie ein brennendes Gebäude betreten.

Drohne schiesst Bilder von Bränden

Zwar werden Drohnen bereits zur Brandbekämpfung eingesetzt, um Luftaufnahmen von Bränden zu schiessen, Feuerlöschschläuche auf Hochhäuser zu heben oder um in abgelegenen Gebieten Löschmittel abzuwerfen, zum Beispiel um die Ausbreitung von Waldbränden einzudämmen. All dies ist jedoch aktuell nur möglich, wenn sich die Drohne weit genug weg vom Brandherd befindet.  «Um näher heranzufliegen, ist die extreme Hitzeentwicklung eines Brandes für herkömmliche Drohnen zu gross», sagt David Häusermann vom Sustainability-Robotics-Labor der Empa. Denn sind Flammen allzu nahe, schmilzt der Rahmen und die Elektronik gibt auf.

Mehr als Luftaufnahmen der Brandstelle aus sicherer Entfernung seien mit handelsüblichen Drohnen nicht möglich, so Häusermann weiter. Sein Ziel war es daher, eine Drohne zu entwickeln, die einerseits der Hitze standhält und andererseits schnell und präzise Daten aus dem Zentrum des Gefahrenherds liefern kann.

Aerogel – vom Bau ins All?


Herzstück der Drohne

Quelle: Empa

Das glasfaserverstärkte Aerogel umschliesst das Herz der Drohne und schützt damit die Stromversorgung und die Elektronik vor Hitze.

Zusammen mit Feuerwehrleuten ermittelte Häusermann zunächst die Anforderungen einer Drohne im Brandeinsatz, dann machte er sich auf die Suche nach einem Material, mit dem das Herzstück der Drohne – die Motoren, Akkus, Sensoren und die Elektronik –  vor den heissen Temperaturen geschützt werden könnte. Gefunden hat er es schliesslich beim Empa-Labor Building Energy Materials and Components: Shanyu Zhao und Wim Malfait konnten mit ihren Team ein Isolationsmaterial erzeugen, das hohen Temperaturen standhält. Die Inspiration dazu fanden die Forscher in der Natur, bei Tieren wie dem Pinguin, Polarfuchs und dem Speikäfer, deren Lebensräume von extremen Temperaturen geprägt sind. Sie alle verfügen über entsprechende Fettschichten, ein Fell oder körpereigene Schutzschichten aus thermoregulierendem Material, die die Tiere selber produzieren, und die es ihnen ermöglichen, unter extremen Bedingungen zu überleben.

Bei dem Stoff handelt sich um ein Aerogel, einem ultraleichten Material, das fast vollständig aus luftgefüllten Poren besteht, die von einem Hauch von Polymer-Substanz umschlossen sind. In diesem Fall wählten die Materialforscher ein Aerogel auf Basis eines Polyimid-Kunststoffs. Wie die Empa in ihrer Medienmitteilung schreibt, werden Polyimid-Aerogele auch von der NASA erforscht, unter anderem als Isolation von Raumanzügen.

Zhao setzte bei der Entwicklung des Aerogels allerdings nicht auf Polyimid allein: Das Kompositmaterial besteht aus Polyimid und Silica und ist zudem mit Glasfasern verstärkt. «Laboranalysen haben gezeigt, dass dieses vergleichsweise feuerresistente Material sich für den Einsatz in Drohnen besonders gut eignet», so Zhao.

Drohne besteht die Feuerprobe

Der Prototyp der rund 50 Zentimeter grossen «FireDrone» konnte bei ersten Tests in der Flugarena der Empa in Dübendorf laut Medienmitteilung der Empa überzeugen.  Die Flugeigenschaften und die Steuerbarkeit seien hervorragend, auch mit Aerogel-Isolationsmantel und einem zusätzlich eingebauten Kühlsystem sowie einer Aluminiumverkleidung, welche die Wärme zu reflektiert.

Darauf folgten Versuche unter möglichst realen Bedingungen, wie sie bei einem Brandeinsatz herrschen: Ein solches Real-Life-Szenario konnte das Empa-Team konnte auf dem Trainingsgelände des Ausbildungszentrum Andelfingen durchführen. Während Stefan Keller, Ausbildungskoordinator Feuerwehr der Gebäudeversicherung des Kantons Zürich, mit der Logistik-Crew des Ausbildungszentrums ein Gasfeuer in einer überdimensionalen Metallschale entfachten, steuerten die Drohnenpiloten ihr Gerät mitten die Flammen. Das Ergebnis: Der «FireDrone»-Prototyp überstand mehrere Testflüge.

«FireDrone» im Einsatz auf dem Testgelände in Andelfinen ZH

Quelle: Empa

Auf dem Testgelände des Ausbildungszentrums Andelfingen des Kanton Zürich kann die «FireDrone» in einer möglichst realen Situation ihr Können beweisen.

Häusermann ist zufrieden: «Auch nach mehreren Flügen sind die Elektronik, die Wärmebildkamera und die CO2-Sensoren der ‘FireDrone’ unbeschadet und bereit für weitere Tests.» Ein nächster Schritt wäre nun, die «FireDrone» in einem Feuer zu testen, das anders als die vergleichsweise saubere Gasflamme eine starke Russentwicklung zeigt. «Macht eine Drohne die erste Lageerkundigung, müssen wir die Feuerwehrleute nicht sofort in die Gefahrenzone schicken. Für uns ist dieser Fortschritt enorm interessant», kommentiert Feuerwehr-Experte Stefan Keller die Ergebnisse.

Gletscher und eisige Kälte statt Flammen und tödliche Hitze

Wie die Empa weiter mitteilt, liesse sich die «FireDrone» auch in extrem kalten Umgebungen einsetzen etwa in Polarregionen und auf Gletschern. So hat dads Team die Drohne auch in einem Gletschertunnel in der Schweiz getestet, um zu herauszufinden, wie sich das System bei sehr tiefen Temperaturen verhält. Um den Prototypen weiterzuentwickeln, laufen bereits Gespräche mit möglichen Industriepartnern.

«Die Anwendung von Drohnen wird oft durch Umweltfaktoren wie extreme Temperaturen eingeschränkt», sagt Kovac. Mit der «FireDrone» zeige man einen Weg auf, um das künftige Anwendungsspektrum für Drohnen in extremen Umgebungen deutlich zu erweitern. (mai/mgt)

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