BIM als Instrument für die Digitalisierung der Baubranche
In der Baupraxis geht man bei vielen BIM-Projekten nicht vom Informationsbedarf des kompletten «LifeCycle-Modells» aus. Das bedeutet, dass das Potenzial nicht ausgenutzt wird und Effizienzverluste entstehen. Das zeigt ein aktuelles Forschungsprojekt des Instituts für Bau und Umwelt an der HSR Hochschule für Technik Rapperswil.
Von Lukas Mathis*
Building Information Modeling (BIM) bezeichnet eine innovative Planungsmethode, die alle Phasen im Lebensweg eines Bauwerks berücksichtigt. Sie zielt darauf ab, sämtliche Planungs- und Entscheidungsprozesse – von der Planung über die Ausführung bis zur Bewirtschaftung – besser aufeinander abzustimmen und durch Informationsaustausch zu vernetzen. Die Basis für BIM bildet meist ein 3D-Modell des Bauwerks. Diese geometrische Repräsentation wird mit Informationen (Attributen) angereichert. Dabei nimmt die Informationstiefe im Planungsprozess stetig zu.
Genau in diesen Informationen und deren Durchgängigkeit liegt das grosse Potential von BIM. Welche Information man in einer Planungsphase erfasst und an die nächste Planungsphase weiter gibt, hängt vom jeweiligen Informationsbedarf ab. Aus Sicht des Bauherrn ist der Informationsbedarf während Nutzung, Betrieb und Instandhaltung massgeblich, sprich das «LifeCycle-Modell». Hier liegt das grösste Optimierungspotenzial, denn während dieser Phase fallen rund 80 Prozent der Gesamtkosten der meisten Bauwerke an.
Ein Forschungsprojekt des Instituts für Bau und Umwelt an der HSR Hochschule für Technik Rapperswil zeigt nun, dass heute bei BIM-Projekten nicht vom Informationsbedarf des kompletten «LifeCycle-Modells» ausgegangen wird. Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit mit der Basler & Hofmann AG, der Walo Bertschinger AG und der Gemeinde Küsnacht ZH erarbeitet. Als Konsequenz schöpfen die Bauherren das Potenzial der BIM-basierten Planung nicht aus. Ihre Informationsanforderungen an die Planung und Ausführung bleiben unpräzis und die Effizienzverluste in der Zusammenarbeit können erheblich sein.
Die Gemeinde Küsnacht ZH hat dafür einen Lösungsansatz entwickelt. Er zeigt, wie man mit einem möglichst kleinen Aufwand zu einem widerspruchsfreien Modell des fertiggestellten Bauwerks – das «as-built-Modell» – kommt, auf dessen Grundlage der Bauherr ein «LifeCycle-Modell» erstellen kann. Dieser Ansatz wurde in der Gemeinde Küsnacht ZH bereits erfolgreich getestet. Er kann als Anstoss für andere Bauherren im Infrastrukturbau dienen, die sich in den nächsten Jahren für die Einführung von BIM entscheiden.
Quelle: FachWissenBau GmbH
Auffüllung eines gespriessten Grabens (Spundwände und Kanaldielen) mit Flüssigboden.
Im Idealfall läuft es so …
Der Bauherr formuliert seine Anforderungen an das Bauwerk –
beispielsweise eine Strasse mit Werkleitungen – und beauftragt einen Planer,
diese Anforderungen in einem konkreten Bauprojekt umzusetzen. In einem ersten
Schritt erfasst der Planer die Ausgangslage im Projektperimeter auf der
Grundlage verschiedener Informationsquellen (Dokumentation bereits ausgeführter
Projekte, Begehung, Katasterdaten, GIS-Daten). Im Idealfall bei der
BIM-basierten Planung stünde dem Planer ein «LifeCycle-Modell» des bestehenden
Bauwerks im Perimeter zur Verfügung, das die wichtigsten Informationen des
«as-built Modells» umfasst und allfällige Änderung am bestehenden Bauwerk
berücksichtigt.
Durch Abgleich dieses Modell mit dem effektiven Bestand im
Perimeter, könnte der Planer ein Bestandsmodell für das neue Projekt erstellen.
Basierend auf diesem erarbeitet er das «as-planned-Modell», in dem alle
Anforderungen des Bauherrn an das neue Bauwerk berücksichtigt werden.
Anschliessend arbeitet er das «as-planned-Modell» bis zu seiner
Ausführungsreife aus. Nach der Evaluation des Bauunternehmers geht das Projekt
in dessen Bearbeitung über. Der Bauunternehmer erarbeitet auf der Grundlage des
«as-planned-Modells» des Planers sein Ausführungsmodell und optimiert das
Projekt weiter. Dabei stehen Prozesse und Ressourcen im Vordergrund, um eine
möglichst unterbruchsfreie Ausführung zu erreichen.
Nach oder besser bereits parallel zur Ausführung wird das «as-built-Modell» des neuen Bauwerks erstellt. Es zeigt ein digitales Abbild des realisierten Bauvorhabens – einen «digitalen Zwilling» – als Grundlage für das «LifeCycle-Modell». Daher muss der Informationsbedarf während Nutzung, Betrieb und Instandhaltung bereits möglich früh im Planungsprozess bekannt sein. Nur so kann sichergestellt werden, dass (1) das «as-built-Modell» alle notwendigen Informationen liefert und (2) der Bauherr an der Schnittstelle zum «LifeCycle-Modell» nur diejenigen Informationen – im erforderlichen Detaillierungsgrad – übernimmt, die seine Planungs- und Entscheidungsprozesse unterstützen – bis hin zu den Projektierungsgrundlagen für das nächste Sanierungsprojekt.
Quelle: Lukas Mathis, Hochschule für Technik Rapperswil
Darstellung Druchgängigkeit mit der Planungsmethode BIM.
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