Bauphysik in der Denkmalpflege: Altbausanierung ohne Folgeschäden
Die Instandsetzung alter Gebäude sieht in den meisten Fällen auch eine energetische Sanierung vor. Dabei treten immer wieder Baufehler auf. Vor allem durch Feuchte verursachte Schäden könnten vermieden werden, wenn die richtigen Materialien und Techniken zum Einsatz kommen.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Bauphysik
Ein saniertes Fachwerkhaus in Nürnberg. Nach aussen präsentiert sich das Haus in einem perfekten Zustand. Schäden einer nicht fachgerechten Sanierung treten meist innen an den gedämmten Aussenwänden oder den hölzernen Bauteilen der Decken, Träger oder am Dach auf.
Irgendwann muss der Entscheid für in die Jahre gekommene
Gebäude getroffen werden, die weder die technischen noch energetischen
Richtlinien einhalten können: Sanierung oder Rückbau und Neubau. Inzwischen
wird nicht mehr so schnellabgerissen, wie noch vor einigen Jahrzehnten. Ist das
Mauerwerk intakt und muss der Altbau nicht komplett entkernt werden, erweist
sich eine Sanierung meist günstiger als ein Neubau. Zudem gewinnt der Erhalt
schützenswerter Bausubstanz und historischer Gebäude immer mehr an Bedeutung.
Doch bei der Planung und praktischen Umsetzung läuft nicht immer alles glatt. Das äussere Erscheinungsbild bleibt erhalten, wie bei einem Neubau müssen aber geltende technische und energetische Vorschriften eingehalten werden. Oder leerstehende, ungenutzte Gebäude werden einer anderen Nutzung zugeführt.
Einige praxiserprobte Regeln der Technik für die
Altbausanierung standen im Mittelpunkt der Veranstaltung «Bauphysik in der
Denkmalpflege – Schadensvermeidung im Altbau und Baudenkmal» des
Weiterbildungsforums Bau und Wissen.
Denkmalpflege und Energieeffizienz kein Widerspruch
«Baudenkmalpflege und Energieeffizienz müssen nicht im Widerspruch zueinander stehen. Doch es können bei den Sanierungs- und Instandsetzungsarbeiten viele Fehler auftreten», sagt Martin Krus, Leiter der Arbeitsgruppe Feuchtemanagement, Abteilung Hygrothermik, sowie der Prüfstelle des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP), Holzkirchen. «Das Thema der Bauschäden ist vielfältig, durch Feuchte verursachte Schäden treten dabei am häufigsten auf.»
Laut Bauschäden-Statistik zeigen sich vor allem an
erdberührenden Bauteilen (52 Prozent) Schäden durch Feuchtigkeit. An rund 30
Prozent der Aussenwände bestehen Feuchteschäden und an 26 Prozent dieser Bauteile
treten Risse auf. Auch von oben dringt häufig Feuchtigkeit ins Gebäude ein. Bei
54 Prozent der Gebäude mit Bauschäden sind die Dächer undicht.
Nicht immer hat Feuchtigkeit gravierende statische oder
gesundheitsschädigende Folgen. Es kann auch nur eine optische Beeinträchtigung
sein wie Algen- und Pilzbefall auf der Fassade oder Dübel, die auf der
Aussenoberfläche als Wärmebrücke sichtbar sind. Pilze und Algen können aber
auch schädigende Wirkungen haben wie der Echte Hausschwamm.
Quelle: Bybbisch94, Christian Gebhardt_CC BY-SA 4.0
Bei Sanierungen werden meist auch die Fenster erneuert. Zu dicht schliessende Fenster verhindern den Luftaustausch und erhöhen das Risiko von Schimmelbildung an den Innenwänden.
Schäden und Gesundheitsrisiko
Auch Salzausblühungen oder Schäden durch nitratbelastetes
Spritzwasser sind zu beobachten. Frostschäden infolge Schlagregenbeanspruchung
an Fassaden mit Innendämmung, bei denen die Feuchtigkeit aufgrund der
Dampfsperre nur nach aussen entweichen kann, weisen ein ähnliches Schadensbild
auf wie Porenbetonwände mit diffusionshemmender Beschichtung: Die obere Schicht
hebt sich ab oder blättert ab.
Holz fault, wenn es nicht austrocknen kann. Dies geschieht
vor allem bei einem zu dichten Anstrich. «Fachwerk ist vom bauphysikalischen
Blickpunkt das Anspruchsvollste, was es gibt», erklärt Martin Krus. Dringt in
Fugen Wasser ein, wird durch einen dichten Anstrich der Austritt von
Wasserdampf verunmöglicht. Er kann nur seitlich ins Holz ausweichen, was
schlussendlich zu Fäulnis führt.
Nicht nur die durch Feuchtigkeit verursachten Bauschäden
sind gravierend, auch die Gesundheit der hier Lebenden oder Arbeitenden kann
gefährdet sein. «Das menschliche Empfinden für Feuchtigkeit ist nicht stark
ausgebildet. Das Lüften der Räume wird deshalb oft nicht als notwendig
empfunden. Das Resultat kann eine gesundheitsschädigende Schimmelbildung sein»,
so Krus.
Schimmel entsteht nicht ausschliesslich durch unzureichendes
Lüften: Auch eine zu starke Dämmung, beispielsweise eine zu dicht verklebte
Innendämmung oder eine dampfdichte Tapete können die Ursache sein. Dann bildet
sich der Schimmel nicht sichtbar hinter den äusseren Belagsschichten.
Schadensvermeidung bei Holz
«Holz ist ein Naturmaterial, das sich über Jahrtausende erhalten
lässt. Es ist sehr dauerhaft, wenn keine Schädlinge oder Einflüsse auftreten,
die dazu beitragen, dass sich das Holz zersetzt», erklärt Ralf Kilian, Leiter
Kulturerbe-Forschung am IBP. Wird Holz von Schädlingen angegriffen und
zerstört, können Experten an der Art der Bohrlöcher oder Frassgänge erkennen,
um welchen Schädling es sich handelt. Das Holz dient beispielsweise Käfern,
Wespen oder Schmetterlingen als Nährsubstrat, Ameisen nutzen es als
Nestsubstrat.
Grossen Schaden können holzzerstörende Pilze anrichten. Sie treten in Gebäuden auf, wo sie ideale Wachstumsbedingungen vorfinden. Der Echte Hausschwamm beispielsweise gedeiht bei rund 17 bis 23 Grad besonders gut. Er kann sich über grosse Flächen ausbreiten und dabei ins Mauerwerk eindringen. Erkennbar ist sein Vorhandensein am würfelartigen Bruch des Holzes oder am sichtbaren Pilzbefall.
«Bei Befall müssen meistens komplette Bauteile wie Geschossdecken
aus-getauscht werden. Danach ist eine besondere Entsorgung der befallenen
Materialien nötig», so Ralf Kilian.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Bauphysik
Im Kloster Benediktbeuern werden in der Alten Schäfflerei verschiedene Sanierungsmethoden an den Holzbalken sowie Wandisolierung geprüft und analysiert.
Um ein Wachstum auszulösen oder zu beschleunigen, müssen
konkrete Bedingungen erfüllt werden. «Neben der Idealtemperatur muss das Holz
mindestens 20 / 21 Masseprozent Feuchtigkeit besitzen, sonst setzt das
Myzel-Wachstum der zerstörerischen Pilze nicht ein», so der Professor.
Ausserhalb dieser Optimalbedingungen stellen die holzzerstörenden Pilze ihr
Wachstum ein, können bei extremer Hitze oder Kälte auch absterben.
«Das Perfide eines Befalls ist, dass man den wirklichen
Schaden nicht sieht, da die Oberfläche noch intakt scheint. Nur ein Aufklopfen
ermöglicht eine genaue Analyse, eine schadensfreie Kontrolle ist nicht
möglich», berichtet Ralf Kilian. Deshalb sei auch ein baulicher Holzschutz ohne
Änderung der historischen Ausbildung der Bauteile wie am Gesims oft nicht
möglich.
Bei der Kontrolle von Balken oder starken Hölzern von Dach,
Decke und Fassade kommt das Bohrwiderstands-Verfahren (Resistograph) zur
Anwendung. Die einzelnen Jahresringe werden durchbohrt, bis kein Widerstand
mehr besteht. In den Fugen oder Hohlräumen ist das Holz oft verfault oder
zerfressen.
Projekt Alte Schäfflerei
Ideale Forschungsbedingungen finden die Wissenschaftler des
Fraunhofer-Zentrums für energetische Altbausanierung und Denkmalpflege im
eigenen Sitz im Kloster Benediktbeuern in Oberbayern. Hier konnten in der Alten
Schäfflerei verschiedene Sanierungsmethoden getestet werden, unter anderem
während der Dachstuhlsanierung. Dabei wurden Dachbalkenfüsse und Gauben
ausgetauscht. Nach der Sanierung erscheint das Dach fast unverändert, denn die
alten Dachziegel wurden wiederverwendet.
Nicht alle Schäden wurden beseitigt. Die komplette
Konstruktion wird nun regelmässig überprüft. Vor allem ein dauerhafter Eintrag
von Feuchte aus angrenzenden, kapillar wirksamen Bauteilen muss verhindert
werden, unter anderem durch die Verlegung von Sperrbahnen zwischen dem
Sandstein und benachbarten Holzteilen. An Bauteilen, bei denen nur eine
kurzfristige Feuchtigkeitserhöhung im Kontaktbereich Holz-Beton/Mörtel zu
erwarten ist, kann darauf verzichtet werden.
Fachwerk ist eine sehr empfindliche Konstruktion in Bezug
auf Feuchtigkeit. Typische Schäden entstehen, weil die Materialien bei
Starkregen unterschiedlich reagieren. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass sich
eine Fuge zwischen Fachwerk und Gebälk bildet, wo das Wasser eindringen kann
und es zu Schäden kommt. Schon in der Vergangenheit wurde dieses Problem
erkannt und mit einem konstruktiven Regenschutz behoben: Geschossvordächer,
eine vorgestellte Steinfassade auf der Wetterseite oder eine einseitige
komplette Verblechung.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Bauphysik
Im Kloster Benediktbeuern wurden die Balkenköpfe mit unterschiedlichen Methoden saniert.
Es regnet immer stärker
Im Normalfall wird der Regenschutz über Putze gewährleistet. Durch starken Regen und Wind (Schlagregen) kann Wasser in Wände eindringen und sich dort in Rissen oder kapillar in den Baustoffporen verteilen. Diese feuchten Wände führen zu erhöhten Wärmeverlusten, zudem besteht ein hohes Risiko von Frostschäden.
«Um vorzubeugen, stehen unterschiedliche Putze und
Methoden der Verarbeitung zur Auswahl. Dafür muss die Beanspruchungsgruppe
berücksichtigt werden», erläutert Martin Krus.
Die drei deutschen Beanspruchungsgruppen nach DIN 4108-3
gliedern in sich in geringe, mittlere und starke Schlagregenbeanspruchung und
berücksichtigen die Jahresniederschlagsmenge, den Wind und die Höhe des
Gebäudes. Die DIN legt für jede Gruppe fest, welche Putze, Platten oder
Verschalungen entsprechend den wasseraufnehmenden Eigenschaften erlaubt sind.
Wasserhemmende oder -abweisende Putze sind in unterschiedlichen Qualitäten auf
dem Markt.
«Bei der Auswahl muss der Diffusionswiderstand
berücksichtigt werden, denn er beeinflusst, wie schnell aufgenommenes Wasser
wieder abgeben werden kann», so Krus. In Zukunft werde es häufiger und stärker
regnen, das müsse für einen verbesserten Schlagregenschutz berücksichtigt
werden. Auch eine hydrophobierende Imprägnierung der mineralischen Baustoffe
kann den Regenschutz verbessern, ohne das Erscheinungsbild zu verändern.
Allerdings rät der Fachmann, vor dem Aufbringen des Schutzmittels seiner Wahl Proben zu machen. Zuvor sind Fehlstellen im Fugensatz zu beseitigen, um ein tiefes Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern. Ansonsten sei mit Frostschäden zu rechnen. Auch in Fehlstellen des hydrophobierten Bereichs könnte Feuchtigkeit eindringen, sich akkumulieren und anschliessend nur sehr schlecht austrocknen.
Deshalb ist eine Hydrophobierung
nur zu empfehlen, wenn Regen die Hauptursache der Feuchtigkeit ist. Als eine
bessere Lösung empfiehlt der Professor einen wasserhemmenden Anstrich auf der
Fassade. Doch auch dies sollte vor der Ausführung immer getestet werden.
Quelle: Claudia Bertoldi
Fachwerk bietet der Feuchtigkeit viele Angriffspunkte, da die Materialien unterschiedlich reagieren.
Heizrohre unter Putz
Untersucht wurde auch die Auswirkung der Innendämmung auf den Feuchtehaushalt der Wand. Eine Dampfsperre verhindert die Austrocknung der Wand, aber auch den Wassereintrag durch Diffusion von innen. Bei Innendämmungen wird der Einsatz einer feuchtadaptiven Dampfbremse empfohlen.
Sie ermöglicht
eine relativ gleichbleibende Feuchte des Holzes über das gesamte Jahr hinweg.
Im Winter wirkt sie hemmend, da ein schwacher Diffusionsstrom in Richtung Mauerwerk
durch die Dampfsperre gelangt, im Sommer hingegen ist sie diffusionsoffen, was
das Austreten der Feuchtigkeit und ein Abtrocknen ermöglicht.
Das Grundproblem: Die Fugen sind nicht dauerhaft dicht. Je
nach Schlagregengruppe ist ein konstruktiver Regenschutz notwendig. Die
Fachwerkinnendämmung darf keine Hohlräume aufweisen, alle Anschlüsse sind
abzudichten. Dampfsperren oder dichte Dämmstoffe mit einem sd-Wert kleiner als
0,5 und grösser als zwei Meter sind nicht geeignet.
Auch eine Temperierung der Innenseite der Aussenwand wurde überprüft. Dabei werden mit einem auf oder unter Putz verlegten Heizrohr oder -kabel kritische Stellen der Wand erwärmt. Das Verfahren wurde im Übergangsbereich Wand-Boden, an Feuchtestellen und in Bereichen der geometrischen Wärmebrücken angewendet. «Das Verfahren hatte anfangs sehr viele Gegner. Man befürchtete zu grosse Energieverschwendung. Doch wurde es richtig eingesetzt, haben wir sehr gute Resultate erzielt», so Ralf Kilian.
Das Prinzip wurde unter
anderem in einem Münchner Kindergarten eingesetzt. An schimmeligen Wänden in
der Küche wurden Kupferrohre unter Putz eingebaut. Der Effekt sei sehr gut,
insgesamt könne man damit ein sehr homogenes Raumklima erreichen. Selbst die
einfache Verlegung auf Putz zeige schnell Wirkung.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Bauphysik
Die sanierten Balkenköpfe wurden mit Sensoren zur Messung der elektrischen Leitfähigkeit versehen.
Befall der Balkenköpfe
Die Experten treffen bei den Sanierungen auf verschiedene Arten von Holzschädlingen. Dabei können die Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts die Resultate der rechnerischen Voruntersuchungen mit den messtechnischen Ergebnissen vergleichen. Pilze, Schimmel oder Bakterien können Holzverfärbungen verursachen.
Gefährlich sind jedoch holzzerstörende Insekten
und Pilze. Für einen Befall müssen entsprechende Voraussetzungen bestehen: die
Präsenz des Organismus, Substrat, Sauerstoff, die ideale Temperatur und vor
allem Feuchtigkeit.
Bei der Sanierung wurden die Aussenwände der Südseite, die
Keller- und Dachgeschossdecken und die Innenseiten der Nord- und Ostfront im
Erdgeschossgedämmt. Dabei wurde ein Befall der Holzbalkenköpfe festgestellt.
Geprüft wurde nun, welchen Einfluss die neue Innendämmung auf das Verhalten des
Holzbalkenkopfes bei Temperaturen von über 15 Grad zeigt. Zuvor durchgeführte
Berechnungen hatten ergeben, dass in der Mitte des Balkenkopfs der kritische
Punkt liegt. Über längere Zeit erfolgte eine tendenzielle Austrocknung auf
unkritische Werte.
«Wird die Innendämmung mit Kalziumsilikat-Platten
ausgeführt, findet anfangs eine leichte Auffeuchtung statt. Dies führt zu einem
höheren Niveau als bei ungedämmten Wänden», so Krus. «Wird mit
Aufspritzcellulose gearbeitet, steigt die Feuchtigkeit anfangs auf ein etwas
höheres Niveau. Dies ist aber nicht kritisch, denn das Material ist
diffusionsoffen und kann sehr schnell austrocknen. Zudem hat es die beste
Dämmwirkung.» Mit einem Dämmputz beträgt die Austrocknungsdauer hingegen fast
2,5 Jahre.
Sechs verschiedene Sanierungsmethoden
Auch im Kloster Benediktbeuern traten beim Öffnen der Decke
zerstörte Holzbalkenköpfe zutage. Einige waren bereits mit Metallprofilen
verstärkt worden. Sechs verschiedene Sanierungs-Methoden wurden geprüft, unter
anderem die Überblattung mit Holz auf Mörtelbett-Auflager mit gedämmten
Hohlräumen, ein im Mauerwerk verankertes Schlitzblech mit Mörtelbett-Auflager
beziehungsweise Nanogel-Auflager oder Elastomer-Auflager.
Mit Sensoren wurde die elektrische Leitfähigkeit gemessen. An allen Balkenköpfen konnte eine Abtrocknung auf unkritische Werte festgestellt werden. Ein leichter Einfluss der Innendämmung war nur auf der Nordseite erkennbar. Die Langzeitmessungen zeigten, dass bei allen Sanierungsvarianten mit Heizbeginn eine schnellere Trocknung und im Winterteilweise ein leichter Anstieg der Feuchtigkeit zu verzeichnen war.
Es
konnte kein eindeutiger Einfluss des Auflagers (Mörtel / Elastomer / Nanogel)
festgestellt werden. Auch die Wärmebrücke über dem Kupferblech verursachte nur
gering höhere Werte.
«Egal welche Variante, sie sind alle gleichermassen berechtigt. Die Wandinhomogenität scheint grösseren Einfluss zu haben als die Sanierungsvariante», schliesst Krus. Wichtig seienein ausreichender Regenschutz sowie das Verhindern konvektiver Einträge. D
ie am Gebäudevorgefundenen Schäden
seien fast ausschliesslich auf frühere Havarien wie Wassereinbruch durch ein
undichtes Dach oder Abflussrohr, einen Rohrbruch oder eine fehlerhafte Wasserführung
zurückzuführen.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Bauphysik
Die unterschiedlichen Innendämmungen (im Bild die Typha-Dämmung) wurden an verschiedenen Stellen angebracht und über einen längeren Zeitraum messtechnisch überwacht.
Warm, aber schimmelig
Eine Aussendämmung kann schnell angebracht werden. Ein
Gerüst und gute Kenntnisse, um Tauwasser auf der Oberfläche zu vermeiden,
welche einen Angriffspunkt für Pilz- und Schimmelbewuchs bilden könnte – schon
kann die Arbeit beginnen. Aber nicht in jedem Fall ist diese Variante möglich.
Eine Kerndämmung der Wände wäre bauphysikalisch optimal, kann nachträglich aber
kaum erfolgen. Deshalb wird oft eine Innendämmung angebracht. Dies lässt sich
bequem und mit relativ geringen Kosten realisieren.
Doch es bestehen auch Nachteile. Oft geht thermische Masse verloren, der Brandschutz ist nicht immer gewährleistet und im Falle eines Brandes kommt es zu giftiger Gasentwicklung. Zudem verkleinert sich die Wohnfläche. «Entscheidend ist aber die Erhöhung der Wärmebrücken und das Risiko von Tauwasser», so Martin Krus. «Dennoch entscheidet man sich oft für eine Innendämmung, vor allem auch aus denkmalschützerischen Gründen, da sich das Erscheinungsbild des Bauwerks nicht verändert.»
Mithilfe des Simulationsprogramms zur Berechnung des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransports in Bauteilen WUFI-Bio wurde die Auskeimungs- und Wachstumsgeschwindigkeit von Schimmelpilzen prognostiziert. In Stuttgart wurden zudem Untersuchungen an unterschiedlichen Materialien in Kammern mit konstanten Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnissen durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, wie sich die Bedingungen für das Wachstum und die Ausbreitung des Schimmels mit schlechterer Verwertbarkeit des Untergrunds ebenfalls verschlechtern.
Vollständig verklebte Innendämmung
«Eine Hinterströmung der Innendämmung ist unbedingt zu vermeiden, da auf diese Weise Sporen eindringen können und das Schimmelpilzwachstum begünstigt wird. Durch das vollständige Verkleben mit flexiblen Dämmstoffen kann das vermieden werden», betont Krus. Fehlstellen seien unbedingt zu vermeiden. «Die Problematik der Innendämmung an einer einbindenden Wand beziehungsweise Decke ist dagegen entgegen der Lehrmeinung eher unbedeutend.
Sie bildet eine Wärmebrücke, aber die auftretenden Probleme
sind nicht durch die Innendämmung begründet, sondern im Verhalten der Nutzer,
unter anderem beim Lüften. «Es schimmelt nicht wegen der Innendämmung, sondern
trotz der Innendämmung», betont Krus. Ohne Änderung der Randbedingungen sollte es
keine Bedenken bezüglich Schimmelbildung am Übergang der Dämmung zur Wand oder
Decke geben.
«Wir hatten im Rahmen eines Projekts unterschiedliche
Dämmsystem miteinander verglichen, unter anderem Hochleistungsdämmstoffe,
nachwachsende natürliche Dämmstoffe oder Trockenbausysteme in verschiedenen
Anwendungsformen, und reversible Applikationssysteme für Innendämmungen
entwickelt. Vor dem Einbau haben wir die Schadensfreiheit durch rechnerische
Eignungstests sichergestellt. Jedes System zeigt spezifische Vor- und
Nachteile.»
Quelle: Jens Märker, pixelio.de
Regelmässiges Lüften ist die beste Methode, um Schimmelpilzbefall an den Aussenwand-Innenseiten zu vermeiden.
Lüften hilft nicht immer
Schimmel ist ein grosses Konfliktthema zwischen Vermieter und Mieter. Meistens wird unzureichendes Lüften beklagt. Doch das stimmt nur teilweise. Schimmelpilzbefall kann aufgrund des wenigen Lüftens der Räume auftreten. Besonders betroffen sind Aussenwand-Innenecken. Schlafzimmer sind mit 41 Prozent am meisten betroffen. Das ist auf die Feuchtelast der nächtlichen Ausdünstungen, die lange Verweildauer und meist niedrige Raumtemperatur zurückzuführen.
Die niedrigere Oberflächentemperatur und ein gleicher
Dampfdruck in der ganzen Wohnung führen zu einer höheren Oberflächenfeuchte an
den Wänden des Schlafzimmers und es kommt somit zur Schimmelpilzbildung. Küche
und Bad haben die höchste Feuchtebelastung. Dennoch zeigt sich nur in acht
Prozent der Räume Schimmel, da dort die Fenster sofort und lange geöffnet
werden.
«Mit dem hygrothermischen Raumklimamodell WUFI-Plus lässt sich rechnerisch ermitteln, wie oft und lange man lüften sollte, um ideale Bedingungen herzustellen, die eine Schimmelpilzbildung vermeiden können», erklärt Martin Krus. «Um den Feuchtigkeitsgehalt eines Altbaus zu regulieren, reichen im Normalfall fünf Minuten, um die Schimmelbildung zu verhindern. Wenn in der Wohnung auch noch Wäsche getrocknet wird, ist einmaliges, zusätzliches Stosslüften von einigen Minuten immer noch ausreichend.»
Auch bei nachträglich
wärmegedämmten Altbauten mit neuen Fenstern reicht das einmalige Lüften noch
aus. Wird hingegen auch die Wäsche in der Wohnung getrocknet, muss morgens
länger und mittags und abends nochmals gelüftet werden. Denn: Die neuen Fenster
verhindern den Infiltrationsaustausch.
Dichte Fenster nichts für ungedämmten Altbau
Die neuen, teuren Fenster sollen zur Energieeinsparung beitragen, durch das häufige Lüften zur Schimmelvermeidung geht jedoch sehr viel Energie verloren. Bei einem ungedämmten Altbau mit neuen Fenstern ist es noch extremer: Am Morgen, mittags und abends muss jeweils mindesten 1,5 Stunden gelüftet werden, bei Wäschetrocknung möglichst ganztags, um die Schimmelproblematik in den Griff zu bekommen.
«Bei einem ungedämmten Altbau mit
neuen, dichten Fenstern und ohne Lüftungsanlage ist es nicht in den Griff zu
bekommen. Dann kann man sofort einen Termin mit einer Sanierungsfirma und beim
Allergie-Arzt machen», so Krus.
Dichte Fenster sollten nur in Verbindung mit Dämmmassnahmen eingebaut werden. Ansonsten besteht ein hohes Schadensrisiko und der Energieverbrauch steigt trotz hochdämmender Fenster. Neben dem Stosslüften ist eine ausreichende Grundlüftung nötig, vor allem, wenn in den Räumen Wäsche getrocknet wird. Das Wäschetrocknen im Raum erzeugt einen höheren Lüftungswärmeverlust als der Energieverbrauch eines Kondenstrockners.