Alte Bauteile: Ist Wiederverwendung nachhaltiger als Recycling?
Um CO2 und graue Energie zu sparen sollten Betonteile alter Gebäude nicht rezykliert werden müssen, sondern einfach wieder verwendet werden können. Dieser Idee und der Frage, wie sie sich umsetzten lässt, gehen ein Sonderforschungsbereich (SFP) 1683, den die Deutsche Forschungsgemeinschaft bewilligt hat, auf den Grund.
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Ist davon noch etwas zu gebrauchen? Ein deutsches Forschungsteam geht der Frage nach, ob sich Bauteile abgebrochener Bauten wieder verwenden lassen.
«Wenn man bedenkt, dass Häuser für eine Nutzungsdauer von rund 50 Jahren ausgelegt sind, Brücken für etwa 100 Jahre, bekommt man eine Vorstellung davon, wie viele Gebäude in den kommenden Jahrzehnten abrissreif werden», konstatiert Peter Mark, Professor am Lehrtuhl Massivbau an der Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften der Ruhr Universität Bochum. Gleichzeitig braucht es neue Bauten, seien es von Wohnhäusern bis zu Brücken. Der Gedanke Elemente alter Bauten weiter zu verwenden, anstatt sie «nur» zu rezyklieren liegt nahe. «Beim Recycling werden Baustoffe zerkleinert und mit neuem Zement wieder zusammengefügt», erklärt David Sanio vom Sonderforschungsbereich. «Das spart nur unwesentlich CO2 ein und geht ausserdem zulasten der Tragfähigkeit.»
Ein Baukasten aus vorhandenen Elementen
Konkret schweben Sanio und seinem Team die Nutzung eines Baukastens vorhandener Elemente wie Decken, Wände, Stützen und Fundamente vor. Beispiele für diese Bauteile haben sie auf den Baustellen des Campus der Ruhr-Universität Bochum von im Zusammenhang mit einem Neubau rückgebauten abgetragenen Gebäuden bereits gesichert. An diesen Teilen nehmen sie nun umfangreiche Tests vor, zum Beispiel um ihre Tragfähigkeit zu ermitteln, mögliche Schäden und Alterungseffekte aufzuspüren und die Bauteile gegebenenfalls aufzuwerten. Schliesslich müssen die neuen Bauten sicher sein.
Auch die Logistik ist Gegenstand ihrer Forschung. Dabei geht etwa um die Frage danach, wie es gelingt, ein neues Gebäude aus alten Elementen zu bauen, die zeitlich und örtlich verfügbar sein müssen. Eine umfangreiche Lagerung von Elementen ist dabei nicht vorgesehen. «Es wird ein komplettes Umdenken im Bausektor geben müssen», ist Peter Mark überzeugt. «Aber es ist möglich und notwendig angesichts des Klimawandels.» (mai)
Der neue Sonderforschungsbereichs (SFB) 1683 „Interaktionsmethoden zur modularen Wiederverwendung von Bestandstragwerken“ an der Ruhr-Universität Bochum, ist von der Deutsche Forschungsgemeinschaft für vier Jahre bewilligt worden. Neben den Bau- und Umweltingenieurwissenschaften und dem Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum sind beteiligen sich Fachleute der Universität Stuttgart, der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin sowie des Karlsruher Instituts für Technologie am Projekt.