Egon Elsässer: Jedes Element ist ein Unikat
50-jähriges Jubiläum feiert das im deutschen Geisingen ansässige Betonfertigteilwerk Egon Elsässer in diesem Jahr. Seit über 35 Jahren werden die Qualität der Doppel- und Thermowände sowie der Deckenelemente auch in der Schweiz geschätzt, wie ein Blick in die Firmengeschichte zeigt.
Quelle: Egon Elsässer
Das Verwaltungs- und Produktionsgebäude des Firmensitzes liegt im baden-württembergischen Geisingen.
Elsässer-Betonfertigteile sind schweizweit gefragt. Verbaut wurden sie unter anderem im Zürcher Fifa-Gebäude, im Fussballstadion St. Gallen, im Seminargebäude der ETH, in der Messe Basel und im Coop in Tenero. Die letzteren Baustellen hat die studierte Bauingenieurin Marlies Elsässer-Heitz, die in zweiter Generation dem Unternehmen als geschäftsführende Inhaberin vorsteht, noch sehr gut in Erinnerung.
«Um nach Tenero zu kommen, musste die Spedition durch den Gotthard fahren. Da brauchte es auch ein wenig Glück. Aber alle Lieferungen sind pünktlich angekommen. Ebenso wie die, die an die Messe Basel gingen. Die Baustelle war aufgrund der Lage mitten in der Stadt sehr anspruchsvoll.» Herausragend war auch der Bau des Coop-Logistikzentrums in Schafisheim, für den Elsässer nahezu 100000 Qudratmeter Elemente lieferte. «Da wir rund 3500 Quadratmeter am Tag herstellen können, ist auch für grosse Baustellen ausreichend Kapazität vorhanden», erklärt Marlies Elsässer-Heitz.
Optimal für individuelle Architektur
Nicht umsonst lautet das Firmenmotto: «Zuverlässig, individuell, exakt». Jedes Teil, welches das Betonfertigteilwerk verlässt, ist ein Unikat. Dadurch sind die Decken- und Wandelemente für kleine wie grosse Bauprojekte und für unterschiedlichste Anwendungen wirtschaftlich einsetzbar. Kostenintensives Schalen entfällt. Die vollautomatisierte und CAD-gestützte Produktion in Geisingen ist durchgängig digitalisiert.
Quelle: Egon Elsässer
Die Geschäftsleitung der Egon Elsässer Bauindustrie GmbH + Co. KG: Jürgen Heitz, Marlies Elsässer-Heitz, Dipl. Ing. (FH) sowie Seniorchef und Firmengründer Egon Elsässer, der 2019 altersbedingt aus dem Unternehmen ausschied. (v. l. n. r.)
Quelle: Egon Elsässer
Baustelle des Aldi-Markts in Arbedo im Tessin. Der Rohbau wurde in nur drei Wochen erstellt.
Das erlaubt nicht nur eine hohe Präzision und Qualität der Bauteile, sondern auch eine hohe Flexibilität und Individualität für vielfältige Formen und präzise geometrische Anforderungen, zum Beispiel Ecken, Rundungen und Aussparungen. In die individuell gefertigten Elemente werden die notwendigen Aussparungen – Elektro-, Sanitär- und Lüftungselemente – bereits im Werk eingebaut und «Just-In-Time» abgestimmt auf die Bauplanung zur Baustelle geliefert.
Die Deckenelemente werden in baustellenorientierten Stapelpaketen angeliefert und meist direkt vom Lkw aus verlegt. Dies reduziert Lagerfläche und optimiert den Baustellenablauf. Im Nahbereich liefert Elsässer mit eigenem Fuhrpark, für längere Transporte kann auf eine ortsansässige Spedition mit umfangreicher Lkw-Flotte zurückgegriffen werden.
Egon Elsässers zweite Karriere
Gründer des Familienunternehmens ist Egon Elsässer. Anfang der 1970er krempelte der gelernte Gipsermeister im Alter von 39 sein Leben um und startete eine zweite Karriere als Hersteller von Betonfertigteilen. Ausschlaggebend dafür war ein Arbeitsunfall 1963 mit ätzendem Mörtel, der sein linkes Auge schwer verletzte. Egon Elsässer betrieb die Gipserei danach weiter, suchte jedoch nach beruflichen Alternativen.
Dann spielte der Zufall – oder das Schicksal – eine wichtige Rolle. Als begeisterter Jäger und Preisrichter traf er auf einer Hundeprüfung einen Ingenieur. «Dieser Ingenieur schlug, nachdem er die Geschichte meines Vaters gehört hatte, vor, dass er Betonfertigteile herstellen solle. Mein Vater entgegnete, dass er weder Geld noch Erfahrung in diesem Bereich habe. Aber die Idee liess ihn nicht los», erinnert sich Marlies Elsässer-Heitz.
Beherzt griff Egon Elsässer den Vorschlag auf, sich die Rente für das Auge auszahlen zu lassen und einen Kompagnon zu suchen. In seinem Schulfreund Walter Zürcher, der mit Futtermitteln handelte und damit Erfahrung im Verkauf einbringen konnte, fand er den richtigen Partner. Beide investierten je 90000 D-Mark und wagten es, «auf der grünen Wiese mit nichts anzufangen», so Marlies Elsässer-Heitz. Und es gelang ihnen, trotz der Skepsis ihres Umfelds, auch schnell Mitarbeiter zu finden.
Quelle: Egon Elsässer
Auch elliptische Formen sind kein Problem: Für die Ausführung der Decken und Wände des Wohn- und Geschäftshauses am Aesculap-Platz in Tuttlingen wählte der Bauherr Betonfertigteile der Egon Elsässer Bauindustrie GmbH & Co. KG.
Von Anfang an legte Egon Elsässer grossen Wert auf die Qualität der Produkte. «Dadurch haben wir uns über die Jahre einen sehr guten Ruf aufgebaut», erklärt Marlies Elsässer-Heitz. «Mein Vater sah die Aufgabe aus der Perspektive des Gipsers, der als letzter am Gewerk arbeitet und somit genau weiss, wie wichtig eine perfekte Oberfläche ist.» Denn die Betonfertigteile sind streich- und tapezierfähig, was viel Zeit erspart. Seit 1996 wird das Unternehmen von einem unabhängigen Institut jährlich nach ISO 9001 zertifiziert, was dem eigenen Qualitätsanspruch Rechnung trägt.
Fest in Familienhand
1972 erfolgte die Gründung der Firma Elsässer & Zürcher. Walter Zürcher schied fünf Jahre später als Gesellschafter aus, blieb dem Unternehmen jedoch in der Akquise treu. Die Firmengeschichte bleibt seitdem eng mit der Familiengeschichte verknüpft. Marlies Elsässer-Heitz hat, unterstützt von ihrem Vater, das Unternehmerhandwerk von der Pike auf gelernt und ist seit 2019 geschäftsführende Inhaberin. Ihre Schwester Birgit Elsässer sowie Bruder Reinhold, ihr Ehemann Jürgen Heitz, ein Cousin und Schwager arbeiten ebenfalls in unterschiedlichen Positionen in der Firma. Und auch die nächste Generation steht schon in den Startlöchern.
Aufbruch in die Schweiz
In den Anfangsjahren wurden am Standort Geisingen hauptsächlich Elementdecken für Bauprojekte im Umkreis von 60 Kilometern produziert. Mitte der 1980er-Jahre gab die Rezession im deutschen Baubereich den Anstoss, zuerst in Richtung Freiburg und Lörrach, und 1985 schliesslich auch in die Schweiz zu expandieren.
«Aufgrund unseres Produktes, das sehr flexibel einsetzbar ist, gelang es auch bald in der Schweiz Fuss zu fassen», erinnert sich Marlies Elsässer-Heitz. Heute werden Elsässer-Betonfertigteile schweizweit von Ingenieuren, Planern und Architekten eingesetzt. Dies führte 2007 auch zur Gründung einer Niederlassung in Zürich. «Schweizer Kunden schätzen neben der Qualität besonders unsere ‚Just-In-Time-Produktion‘, was Zeit und Lagerkapazität bei der Logistik und dem Baustellenablauf erspart.»
Quelle: Egeon Elsässer
Ein Foto der Firmengebäude aus dem Jahr 1997. Das neue Verwaltungsgebäude im Passivhausstandard entstand 2014.
Innovationen prägen Entwicklung
Eigene Innovationen und der Einsatz hochmoderner Technik zeichnen die Firmengeschichte aus. 1989 nahm Elsässer eine vollautomatische Fertigungsanlage für Elementdecken in Betrieb, 1993 folgte eine Multifunktionsanlage zur Herstellung von Doppelwandelementen.
Mit dem Neubau einer hochmodernen Betonmischanlage 2017 am Standort Geisingen unterstrich das Unternehmen seinen Anspruch an die hohe Produktionsqualität. Die beiden Schalen aus Beton weisen in der Regel eine Dicke von fünf bzw. sechs Zentimetern auf und sind durch Gitterträger verbunden. Der zwischen ihnen vorhandene Hohlraum wird auf der Baustelle mit Ortsbeton ausgegossen. «Dadurch sind die Wandelemente absolut gleichwertig zu an Ort und Stelle betonierten Wänden», betont Marlies Elsässer-Heitz.
Wegweisend erwies sich die Gründung der aus heute 15 Firmen bestehenden Qualitätsgemeinschaft «Syspro», bei der Egon Elsässer 1991 eine tragende Rolle spielte. «Der ursprüngliche Gedanke war, eine gemeinsame Ersatzteilvorhaltung zu schaffen. Daraus ergab sich im fachlichen Austausch vieles mehr, unter anderem die Entwicklung neuer Produkte wie zum Beispiel die Thermowand», erzählt Marlies Elsässer-Heitz.
Solche Thermowände sind vorgefertigte, tragende, doppelschalige Aussenwände mit im Kern integrierten Dämmplatten. Die zwei durch Gitterträger verbundenen Betonschalen inklusive Dämmung werden wie auch die Doppelwände auf der Baustelle mit Ortsbeton ausgegossen, sodass die Thermowand nach dem Erhärten des Betons wie ein monolithisches Bauteil funktioniert. Diese Bauteile sind auch für Minergie P-Gebäude konzipierbar.
Quelle: Egon Elsässer
Diese Produktionshalle wurde 2006 in Betrieb genommen und am Standort der allerersten Halle aus dem Jahr 1972 aufgebaut, nachdem diese abgerissen war.
In den 2000ern wurde die Bauweise durch die Betonkernaktivierung weiterentwickelt. Das bedeutet, dass die Gebäudemassen zur Temperaturregulierung dienen. In der Aussenschale der Thermowand wird zusätzlich ein Rohrleitungsnetz für die energetische Nutzung eingelegt. In den eingelegten Kunststoffrohren zirkuliert Frostschutzmittel. Als Teil der Fassade funktionieren sie als Absorber für solare Wärme. Werden die aktivierten Thermowände hingegen im Bereich der Frostschürze verbaut, lässt sich die Erdwärme nutzen.
Verwaltungsbau als Vorbild für Systembauweise
Wie gut diese Betonaktivierung wirkt, zeigt modellhaft das neue, 2014 erbaute Verwaltungsgebäude in Geisingen. Elementdecken und Thermowände wurden zur Raumklimatisierung eingebaut. «Wir heizen und kühlen über die Decken», erklärt Marlies Elsässer-Heitz. Dafür wird zum Beispiel aus dem nahen Fluss im Sommer kühles Wasser in die Leitungen gepumpt. In den Thermowandelementen ist die Dämmung bereits integriert und, da sie im Innern liegt, auch geschützt.
«Wie gut diese Bauweise funktioniert, hat sogar den Architekten des Verwaltungsbaus bei der Luftdichtigkeitsprüfung beeindruckt», berichtet Marlies Elsässer-Heitz. So bleiben die Räume auch im tiefsten Winter auf der kalten Baar angenehm warm. Vorfabrizierte Elemente können auch beim Dach verwendet werden. werden. Elsässer hat damit 23 Reihenhäuser am Zürichsee beliefert, die in einer Einflugschneise liegen. Die Betondächer haben den Vorteil, Schallschutz sowie Wärme- und Kälteschutz zu bieten. «Unter solchen Dächern herrscht ein angenehmes Wohnklima», weiss Marlies Elsässer-Heitz.
Enge Verbundenheit zur Schweiz
Die wirtschaftlichen Beziehungen in die Schweiz bleiben für Marlies Elsässer-Heitz auch in Zukunft ein wichtiges Standbein des Unternehmens. Aus der langjährigen Verbindung haben sich auch fruchtbare soziale Engagements entwickelt. «Anstelle von Weihnachtsgeschenken für unsere Kunden unterstützen wir seit vielen Jahren das Kinderhospiz Schweiz. Darüber hinaus engagieren wir uns seit langem als Sponsor bei der Auslobung des ‚Best of Bachelor‘, bei dem von allen Fachhochschulen in der Schweiz die beste Bachelorarbeit der Bauingenieure prämiert wird», erklärt Marlies Elsässer-Heitz.
Quelle: Egon Elsässser
Manchmal wurden sogar per Hubschrauber Betonfertigteilelemente an Schweizer Baustellen geliefert.
Firma Egon Elsässer
Die Firma Egon Elsässer Bauindustrie GmbH & Co. KG ist ein unabhängiges Familienunternehmen mit einem breiten Leistungsspektrum. Am Standort Geisingen fertigen 165 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Betonfertigteile nach individuellen Planungsvorgaben und genauen terminlichen Abstimmungen. Zu der Produktpalette gehören Doppel- und Thermowände, Deckenelemente, vollmassive Balkonplatten, Brüstungen und gerade Treppenläufe.
Egon Elsässer Bauindustrie GmbH + Co. KG
Am Schmidtengraben 1
D-78187 Geisingen
Tel. +49 770 4805 0
info@elsaesser-beton.de
www.elsaesser-beton.de
Quelle: Egon Elsässer
Die Baustelle der Messe Basel war aufgrund ihrer Stadtlage besonders anspruchsvoll.
Firmenchronik
1972 Firmengründung in Geisingen
1976 Erweiterung der Produktion in 4 Phasen bis 2012
1985 Markteintritt in die Schweiz
1996 Erste Zertifizierung gemäss DIN ISO 9001
2007 Gründung der Niederlassung in Zürich
2014 Neubau Verwaltungsgebäude im Passivhausstandard
2017 Neubau der Mischanlage
Quelle: Egon Elsässer
Aus den Anfangsjahren des Unternehmens: Egon Elsässer, im Bild rechts mit der weissen Mütze, packt mit an.