Zweitwohnungsartikel gilt schon ab März 2012
Das Bundgericht hat zugunsten der Organisation Helvetia Nostra und ihren Mitstreitern entschieden: Es gibt ihnen Recht, dass die Vorschriften zur Beschränkung von Zweitwohnungen bereits für Bauvorhaben gelten, die 2012 nach der Abstimmung vom 11. März bewilligt wurden. Damit müssen nun zahlreiche Bauvorhaben neu geprüft werden.
Das Schweizer Stimmvolk hatte die Zweitwohnungsinitiative von Franz Weber und seiner Organisation Helvetia Nostra am 11. März 2012 angenommen. Der neu in die Bundesverfassung eingefügte Artikel 75b legt fest, dass der Anteil von Zweitwohnungen einer Gemeinde höchstens 20 Prozent betragen darf. Nahezu sämtliche Bewilligungen, die in den Kantonen nach der Abstimmung für den Bau von Zweitwohnungen erteilt wurden, hat Helvetia Nostra zum Teil zusammen mit Privatpersonen angefochten. Zahlreiche dieser Verfahren hat die Organisation mit Beschwerde ans Bundesgericht weitergezogen. Die Gerichte im Wallis und in Graubünden stellten sich daraufhin auf den Standpunkt, dass Helvetia Nostra gar nicht beschwerdeberechtigt sei.
Das Bundesgericht hat am Mittwoch nicht nur entschieden, dass die Vorschriften zur Beschränkung von Zweitwohnungen bereits ab dem Datum der Abstimmung anzuwenden sind, sondern auch dass die Helvetia Nostra beschwerdeberechtigt ist. Beim Bundesgericht sind nun aktuell 253 Verfahren hängig, über die noch im Einzelnen entschieden werden muss. Im konkreten Fall hat das Bundesgericht eine Baubewilligung aufgehoben, die in Graubünden im August 2012 ohne Berücksichtigung der Limitierung erteilt wurde.
Das Bündner Verwaltungsgericht hatte noch die Ansicht vertreten, dass die neue Verfassungsbestimmung erst auf Baubewilligungen anwendbar sei, die nach dem 1. Januar 2013 erteilt würden. Auf dieses Datum hin trat die Verordnung zum Zweitwohnungsartikel in Kraft. Dieser Entscheid wurde nun vom Bundesgericht umgestossen.
Der Schweizerische Baumeisterverband ist schockiert über die Urteile des Bundesgerichts zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative. "Das oberste Gericht schafft damit die schlimmstmögliche Auslegung des Volksentscheids", sagt Mediensprecher Matthias Engel. "Wir dachten, wir hätten eine neunmonatige Übergangsfrist, weil es noch während der Abstimmung hiess, dass der Artikel erst am 1. Januar 2013 in Kraft tritt." Nun, da das "Szenario extrem" eingetroffen sei, müsse man befürchten, dass im Baugewerbe des Alpenraums an die 7000 Arbeitsstellen verloren gehen. Das habe eine im Februar veröffentlichte Studie des Konjunkturforschungsinstituts BAK Basel ergeben. Der einzige Trost sei, dass nicht angefochtene Baubewilligungen, die zwischen dem 11. März und dem 31. Dezember 2012 erteilt worden seien, gültig blieben. (ffi/sda)