Zweite Etappe der Standortsuche
Die Suche nach einem Tiefenlager für Atommüll geht in die zweite Etappe: Für die sechs in Frage kommenden Gebiete reichten die Nagra und das BFE Standortvorschläge für die Anlagen an der Oberfläche ein. Die betroffenen Kantone haben darauf bereits mit scharfer Kritik reagiert.
Die Nagra, die nationale Gesellschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, und das Bundesamt für Energie (BFE) hat auf ihrer Suche nach einem möglichen Lagerort heute die nächste Etappe eingeläutet: Für die Gebiete, die sich in der engeren Wahl befinden, wurden Vorschläge für die Platzierung der überirdischen Gebäude präsentiert.
In einem ersten Schritt hatte sich der Bund für sechs mögliche Standorte entschieden (siehe Karte): Jura-Ost (ehemals Bözberg AG), Jura-Südfuss (AG), Nördliche Lägern (AG/ZH), Südranden (SH), Wellenberg (NW) und Zürich Nordost (ZH).
20 konkrete Vorschläge
Nun haben Nagra und BFE für diese sechs Gebiete total 20 konkrete Vorschläge unterbreitet, wo die oberirdischen Gebäude dieser Tiefenlager zu stehen kommen könnten. "Wir haben diese Standortvorschläge der Oberflächenanlage aufgrund der Sicherheit und technischen Machbarkeit, der Raum- und Umweltverträglichkeit und der lokalen Eingliederung erarbeitet. Nun unterbreiten wir diese den regionalen Mitwirkungsgremien in den Standortregionen" sagt Thomas Ernst, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Nagra.
Die Vorschläge dienen als Diskussionsgrundlage, um sich gemeinsam mit den betroffenen Regionen auf jeweils einen Standort für die Oberflächenanlagen zu einigen. "Die Anliegen der Regionen sind wichtig für die Nagra“, versichert Ernst. „Wir berücksichtigen die Ergebnisse der kommenden Diskussionen mit den Regionen und setzen diese um, sofern sie sicherheitsmässig und technisch sinnvoll machbar sind."
Unverzichtbare Anlagen an der Oberfläche
Zu diesen Anlagen, die für den Betrieb des Tiefenlagers unverzichtbar sind, gehören Betriebs- und Administrationsgebäude, Lüftungs- und Bauschächte sowie Zufahrten und Schienenanschlüsse. Es wird aber auch Gebäude geben, in denen radioaktive Stoffe zwischengelagert und umgeladen werden.
Mit dem Entscheid über den definitiven Standort des Atommüll-Endlagers haben diese Vorarbeiten aber wenig zu tun. Diesen wird der Bundesrat innerhalb der nächsten zehn Jahre fällen, vorbehältlich der Zustimmung des Parlaments und einer zu erwartenden Referendumsabstimmung fällen. (bk)
Kantone reagieren mit Ablehnung
Die Vorschläge der Standorte seien "nicht nachvollziehbar", wird der Aargauer Regierungsrat Peter C. Beyeler (FDP) in einer Medienmitteilung der Staatskanzlei zitiert. "Wir sind sehr überrascht über die Standortvorschläge."
Die kantonalen Entwicklungsgebiete seien nicht berücksichtigt worden.
Der Regierungsrat bekräftigte die bisherige Haltung: Der Aargau wolle "grundsätzlich" kein geologisches Tiefenlager. Zehn Aargauer Standorte stehen als mögliche Standorte für Oberflächenanlagen zur Diskussion.
Ebenfalls aus grundsätzlichem Widerstand gegen ein Endlager äusserten sich die Kantonsregierungen Schaffhausen und Nidwalden ablehnend zu den Standortvorschlägen auf ihrem Kantonsgebiet. Die Kantonsregierung Zürich will die Vorschläge prüfen.
Der Zürcher Baudirektor Markus Kägi (SVP), der den Ausschuss der Kantone für die Tiefenlager-Suche leitet, bemängelte bei der Präsentation der Vorschläge ebenfalls das Vorgehen. Die Kriterien, mit denen die Nagra die Gebäudestandorte beurteilen wolle, seien für die Kantone und Gemeinden zu wenig klar, sagte er.
Das Bundesamt für Energie (BFE) und die Nagra wiesen dies zurück.