Zwei Spuren und 70`000 Autos
Künftig soll auf der Zürcher Rosengartenstrasse – einer der meistbefahrenen Strassen der Schweiz – auch noch eine Tramlinie verkehren. Für die Autos gäbe es dann noch zwei statt vier Spuren. In einem Vorprojekt des Stadtrats hätte das Verkehrsproblem mit einem Tunnel gelöst werden sollen. Doch diese Variante fand keine Gnade vor dem Gemeinderat. Möglicherweise wird zuletzt der Kanton entscheiden.
Die vierspurige Rosengartenstrasse zwischen Buchegg- und Escher Wyss-Platz gehört mit bis zu 70'000 Fahrzeugen pro Tag zu den meistfrequentierten Strassen der Schweiz. Mit dem Entscheid des Gemeinderates der Stadt Zürich, die Rosengartenstrasse von vier auf zwei Fahrspuren zugunsten einer Tramlinie zu reduzieren und auf Ersatz-Massnahmen für den motorisierten Verkehr zu verzichten, begibt sich dieser auf Konfrontationskurs zum Kanton.
Eine Studie zum VBZ-Liniennetz im Jahre 2025 bezeichnet eine Tramverbindung zwischen Buchegg- und Escher Wyss-Platz als wünschbar. Über Ersatzlösungen für den motorisierten Verkehr schweigt sich diese Planung im Frühstadium aber aus. Die Volksinitiative der Interessengemeinschaft Westtangente Plus verlangt nun die Erstellung dieser Tramlinie auf Kosten von zwei der vier Fahrspuren. Flankierende Massnahmen gegen Ausweichverkehr sind im Initiativtext nicht erwähnt.
Dies ging sogar dem links-grünen Stadtrat zu weit, der im Vorprojekt für die Tramlinie eine Ersatzlösung für den Autoverkehr, zum Beispiel in Form eines Tunnels integrieren will und in der Lösung dieses Problems auf die Zusammenarbeit mit dem Kanton setzt. Diese stadträtlichen Vorstellungen wurden im Gemeinderat abgewiesen und dafür ein Gegenvorschlag gutgeheissen, der im Wesentlichen der Initiative entspricht und zusätzlich noch Massnahmen zum Schutz des Quartiers ohne Ausweichverkehr vorsieht.
Die Initiative und der beinahe gleich lautende gemeinderätliche Gegenvorschlag kommen voraussichtlich im November vors Volk. Damit entsteht die paradoxe Situation, dass sich die Stimmbürger nicht mehr für oder gegen Ersatzlösungen für den nun einmal vorhandenen Autoverkehr aussprechen können.
Während linksgrüne Kreise diesen Entscheid als mutiges Signal und als beispielhafter Schritt in der Realisierung der 2000 Watt-Gesellschaft auch im Strassenverkehr feiern, bezeichnen die Bürgerlichen, vor allem der FDP und SVP den Entscheid als realitätsfern und fundamentalistisch. Mit der geplanten Zwangsumerziehung mache sich die Stadt in der ganzen Schweiz lächerlich.
Das letzte Wort wird wohl der Kanton haben, der sich vorbehält, auch ohne Einbezug der Stadt einen Tunnel zu planen. Zuerst soll aber das Resultat der Abstimmung abgewartet werden. (mai)