Zug schreibt Sportbau-Geschichte
Mit der Bossard Arena entstand das bisher einzige nationalligataugliche Eisstadion der Schweiz mit Minergie-Standard. Gleichzeitig ist die Arena das erste von Grund auf neu erstellte NLA-Stadion seit 30 Jahren. Wie kam es dazu?
Von Thomas Lothenbach
Quelle: Daniel Meyer
Die Bossard Arena ist das erste nach Minergie zertifzizierte Eishockeystadion der Schweiz.
Mehr über den politischen und planerischen Werdegang erfahren Sie aus den städtischen Abstimmungsvorlagen von 2008 und 2005, die Sie über nachfolgende Links herunterladen können:
Im Jahr 2004 lancierte die Stadt Zug für die Realisierung des neuen Eisstadions einen Investorenwettbewerb. Gewinnerin der Ausschreibung war die Anliker AG Generalunternehmung mit Sitz in Emmenbrücke. Sie investierte in der Folge erhebliche Summen. Dies zum einen in den Bau von Wohnungen auf dem angrenzenden Bossard-Areal, zum andern gemeinsam mit einem Anlagefonds der CS in ein Hochhaus auf dem Herti-Areal. Das zeigt, auf welchem Weg die Stadt Zug das neue Stadion bezahlt – mit einer Querfinanzierung durch den Verkauf des angrenzenden Baulandes.
Neuer Platz dank verdichtetem Bauen
Die Wohnüberbauung Schutzengel auf dem so genannten Bossard-Areal ist fertig gestellt und bezogen. Auch das Hochhaus Uptown steht weit herum sichtbar als neue Landmarke Zugs neben der neuen Arena. Im Raum dazwischen befindet sich die Tiefgarage mit dem darüber liegenden, gedeckten Ausseneisfeld und dem Arenaplatz. Es handelt sich dabei um den grössten öffentlichen Platz der Stadt Zug. Schon heute wird er als Stätte der Begegnung rege genutzt.
Die Arena bildet zusammen mit der bereits bestehenden Dreifachturnhalle und der Curling-Eishalle eine neue Einheit. Alle Bauten gruppieren sich um den gemeinsamen Arenaplatz. Auf der wichtigsten städtebaulichen Ecke steht das markante Hochhaus als Wahrzeichen des Zentrums. Zugleich ist es städtebaulicher Vermittler zwischen dem Quartier Herti, dem Stierenmarkt, dem Bossard-Gebäude und den Sportanlagen. Dank der vertikalen Verdichtung wird der grosse Freiraum vor den Hallen erst möglich.
Kurze Wege
An den Kassen vorbei betritt der Besucher die Bossard Arena. Mit einer Folge von Räumen, die wie ein blaues Band wirkt, trennen Scheitlin Syfrig Architekten das Stadion vertikal in zwei Teile. Darin finden Verpflegungsstände, Toilettenanlagen, Regieräume und Sicherheitsräume Platz. Auch die Tribünenanlage des Stadions ist damit in einen Ober- und einen Unterrang aufgeteilt. Beide Ränge werden vom Erdgeschoss aus mit kurzen Wegen erschlossen. Der grosse Umgang auf der Eingangsebene verbindet alle Treppen und Notausgänge sowie die Garderoben für den öffentlichen Eislauf im Aussenbereich.
Beim Zugang zum Ausseneisfeld befindet sich auch der Eingang zum öffentlichen Restaurant im 1. Obergeschoss – mit herrlichem Blick auf das Ausseneisfeld sowie den Arenaplatz. Halb abgesenkt, halb erhöht wird das Stadion durch das Stahldach asymmetrisch überspannt. Das Dach verlängert sich im Süden, überdeckt gleichzeitig das Hochhaus und verbindet die beiden unterschiedlichen Nutzungen zu einer Einheit.
In den «Katakomben» unter den Rängen gehört der nördliche Teil den verschiedenen Abteilungen des EVZ. Die Garderoben im Süden sind nahe beim Haupteingang. Sie dienen dem öffentlichen Eislauf und Plauschhockey. Die Eisfläche ist mit LKWs von Westen her direkt ab der Zufahrt zur Tiefgarage erreichbar.
Energie effizient eingesetzt
Die neue Bossard Arena ist das erste nach Minergie-Standard zertifizierte Eisstadion der Schweiz. Es setzt also auch in energetischer Hinsicht neue Massstäbe. Möglich wird dies vor allem durch die effiziente Verwendung der eingesetzten Energie. Was an Abwärme anfällt, wird weiterverwendet. Das spart einen grossen Anteil an Primärenergie beziehungsweise Strom (Details im Bericht Seite 16). Der Energieverbrauch eines Eisstadions steht mit der Eiserzeugung, der Belüftung, Heizung und Entfeuchtung in einem komplexen Zusammenhang. So hat die wirksame Entfeuchtung und Klimatisierung der Eishalle einen direkten und positiven Einfluss auf die Eisqualität und den Energieverbrauch.
Die Wärmeabgabe im Stadion erfolgt ausschliesslich über eine Bauteilheizung (Rohre in Beton). Die Lüftungsanlagen und Hallenklimaanlage werden mit lediglich 32 °C Vorlauftemperatur aus der Wärmerückgewinnung betrieben. Zudem werden mit einem Nahwärmeverbund das Hochhaus, die Schutzengel-Überbauung und die Sporthalle über eine Wärmepumpe versorgt. Sie gewinnt die notwendige Heizleistung über die Wärmerückgewinnung aus der Eiserzeugung. Reicht das nicht aus, wird Wärme aus dem Seewasser gewonnen. Mit diesem Konzept erübrigt sich die Abwärmevernichtung im Zugersee, wie sie beim alten Hertistadion nötig war. Die gesamte Abwärme aus der Eiserzeugung der beiden Eisfelder wird im Normalbetrieb für die Beheizung und Trinkwassererwärmung aller im Wärmeverbund angeschlossenen Verbraucher weiterverwendet.
Informationen
Bossard Arena Fakten
- Volumen: 114 000 m3
- Betonkubatur: 13 800 m3, entsprechen 2100 Fahrmischern
- Armierung: 1 850 000 m3 Baustahl
- Schalung: 52 000 m2
- Aushubmaterial: 75 000 m3
- Dachträger: Gesamtlänge 110 m, davon 32 m auskragend und 74 m freigespannt
- über Halle; 720 t Stahl, aufgeteilt auf 19 Träger
- Hallemasse: Länge 94,9 m, Breite 76,4 m, Grundfläche 7250 m2, Höhe zwischen 13,2 und 18,1 m ab EG, zwischen 22,6 und 17,7 m ab OK Eisfläche, tiefster Punkt über Eisfeld 14,1 m (ohne Videowürfel)
- Platzangebot: 7015 Plätze, davon 2735 Stehplätze (Gast) und 4280 Sitzplätze
- Eisfeld: Mehrschichtiger Aufbau mit Unterfrierheizung, 14 cm Isolation,Verteilplatte und Eisplatte. Kälteverteilung mit flüssigem CO2. 21,5 km geschweisste Stahlrohre zur Zirkulation
Scheitlin Syfrig Architekten, Luzern
- Architekten: Scheitlin + Syfrig Architekten AG, Luzern
- Bauingenieure: Berchtold + Eicher AG, Zug / Gruner AG, Basel
- Elektro-Ingenieur: Hefti Hess Martignoni AG, Zug
- HLKK-Ingenieure / Eistechnik: Ingenieurgemeinschaft Hans Abicht AG, Zug (HLK)
- und BBP Ingenieurbüro AG, Meggen (Kälte, Eistechnik)
- Sanitär-Ingenieur: Arregger Partner AG, Luzern
- Platzgestaltung: Appert + Zwahlen, Cham