Wo die Stühle wachsen
Slow Food und Slow Design liegen im Trend und bilden einen wohltuenden Kontrast zu Massenware. Slow ist auch das Motto von Dendrotektura, einem Verein, der Stühle anpflanzt und diese in sieben Jahren ernten will.
John Franklin, der Held in Sten Nadolnys Klassiker "Die Entdeckung der Langsamkeit" hätte seine wahre Freude an diesem Projekt. Denn er stolpert immer wieder über seine Langsamkeit und kommt einfach nicht klar mit der schnelllebigen Zeit. Und er wäre sicher ohne zu Zögern Vereinsmitglied von Dendrotektura geworden.
Im Zungenbrecher stecken die Wörter Baum (dendros) und Architektur, und genau dies ist Dendrotektura. Ziel des Ende Oktober gegründeten Vereins ist der Anbau von Objekten und Gebäuden mit lebendigen Gehölzen nach sozialverträglichen und nachhaltigen Grundsätzen. Dazu pachtet der Verein Land von Gemeinden oder Privaten. An der Vereinsgründung trafen sich Interessierte im ländlichen Napfgebiet in Trub und legten gleich Hand an: Die ersten Bäume wurden gepflanzt. Nun ist Geduld angesagt, denn die erste Ernte der Stühle ist voraussichtlich 2019.
Hinter der Idee steckt der Künstler, Dozent und Pilzfachmann Daniel Ambühl. Zusammen mit Freunden und Bekannten hat er den Verein gegründet, dessen Idee auf John Krubsack (1858-1941) zurückreichen.Der Banker war ein passionierter Bauer und Naturfan und pflanzte 1903 den ersten Stuhl. Diesen erntete ersieben Jahre später, also genau vor 100 Jahren.Die Dendrotektura-Bewegung feiert nun dieses fast vergessene Jubiläum mit einem Nachfolgeprojekt,das so konträr zu unser schnelllebigen Konsumwelt quer in der Landschaft steht und genau deshalb so gut zum aktuellen Zeitgeist passt. (ka)
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