Wo das Geröll durch den Stollen rollt
Der Stausee Solis ist zur Hälfte mit Flussgeschiebe zugeschüttet. Damit die fortschreitende Verlandung gestoppt und das Geröll abgeführt werden kann, baut das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) jetzt für 38,4 Millionen Franken einen Abführstollen.
Quelle: zvg
Lageplan des künftigen Stollens.
Zusehends verlandet der Stausee Solis. Jährlich tragen die Hochwasser der Flüsse Albula und Julia im Durchschnitt rund 80'000 Kubikmeter Geschiebe in den See. Sein Volumen beträgt heute mit rund zwei Millionen Kubikmeter nur noch die Hälfte des ursprünglichen Volumens. Die Halbierung des Speichervolumens im knapp drei Kilometer langen See sei weniger gravierend, weil nur die obersten 20 Meter des Sees zur Stromproduktion genutzt würden, erklärte EWZ-Sprecher Harry Graf. Gebaut werden soll der Stollen vor allem, weil sich die Ablagerungen der 61 Meter hohen Staumauer nähern und damit die Grundablässe zu verstopfen drohen. Gestern fiel mit der ersten Sprengung der Startschuss für den Bau des Geschiebeumleitstollens. Im Frühling 2012 wird er voraussichtlich den Betrieb aufnehmen.
Bei dem Projekt handelt es sich um einen 850 Meter langen, je vier Meter breiten und hohen Stollen, der bei Hochwassern geöffnet wird und das angeschwemmte Geröll durch einen Abfluss im Seeboden abführt. Unterhalb des Stausees werden die Sedimente und das Wasser wieder in die Albula zurück geleitet. Der neue Stollen hat laut Graf einen ökologischen Nebeneffekt: Dank dem Stollen wird der Bergfluss aufgewertet, da das Geschiebe zum natürlichen Bestandteil der Albula gehört, jetzt aber im Stausee liegenbleibe. Der Stollen, der in den Untergrund gesprengt wird, ist nicht nur ein Teil des Projekts. Auch der Bau eines Einlaufbauwerks ist vorgesehen, dafür wird ein 60 Meter hoher Turm in einer 20 Meter tiefen Baugrube im Seegrund fundiert. Der gewaltige Aufwand um die Verlandung zu stoppen, bedeute nicht, dass man die Problematik beim Bau der Staumauer unterschätzt habe, betonte Graf. Man habe damals bloss keine Lösung für das Problem gehabt und darauf vertraut, sich in der Zukunft dank neuen Technologien vom Geröll befreien zu können.
Der Stausee bei Solis ist nicht der einzige seiner Art, der mit Ablagerungen zu kämpfen hat. Im Gegensatz zu diesem Stausee lassen sich aber bei den meisten die Sedimente mit Beckenspülungen erfolgreich ausschwemmen. (mai/sda)
So funktioniert der Stollen
Bei einem sich abzeichnenden Hochwasser wird der Wasserstand im Stausee Solis um rund 6 Meter abgesenkt. Die Oberkante des Verlandungskörpers wird damit freigelegt. Das mit dem Hochwasser von Albula und Julia angeschwemmte Geschiebe kann sich dank der Absenkung nicht ablagern und wird vom Hochwasser mitgerissen. Jetzt wird der Geschiebeumleitstollen geöffnet und das Hochwasser – zusammen mit dem Geschiebe – um die Staumauer herum abgeleitet und unterhalb der Staumauer der Albula zurück-gegeben.
Erfahrungen haben gezeigt, dass jährlich ungefähr zwei bis drei genügend grosse Hochwasserereignisse vorkommen, um den Geschiebeumleitstollen in Betrieb nehmen zu können. (mgt)