09:11 BAUBRANCHE

Windenergie-Vereinigung prangert Umweltverbände an

Der Wind bläst, und die Energie wird nicht genutzt: Das kritisiert die Vereinigung zur Förderung der Windenergie Suisse Eole. Sie wirft den Umweltverbänden vor, mit Einsprachen die Energiewende zu verzögern. Diese sprechen von unsachlicher Polemik.

In Europa boomt die Windenergie. Bereits über zehn Prozent des Strombedarfs wird durch Windanlagen gedeckt, bis 2030 sollen es 30 Prozent sein. In der Schweiz liegt der Windstrom-Anteil dagegen gerade mal bei 0,2 Prozent. Schuld daran sind aus Sicht von Suisse Eole die Einsprachen von Privaten und Umweltverbänden. Elf Projekte seien derzeit durch Einsprachen blockiert, sagte Reto Rigassi, der Geschäftsführer von Suisse Eole, vor den Medien in Bern. Zusammen könnten diese Windanlagen erneuerbaren Strom für 125'000 Haushalte produzieren.

Die Präsidentin der Vereinigung, Nationalrätin Isabelle Chevalley (GLP/VD) sieht in den zahlreichen Einsprachen einen Missbrauch des Verbandsbeschwerderechts. "Dieser Missbrauch muss aufhören", forderte sie und appellierte an die Umweltverbände, Hand zur Zusammenarbeit zu bieten.

Suisse Eole fordert weiter, dass die Gerichte rascher entscheiden. Entscheide zu Windenergie-Projekte sollen Priorität erhalten. In Deutschland dauere das gesamte Planungs- und Bewilligungsverfahren fünf Jahre, stellte Chevalley fest. In der Schweiz seien es teilweise mehr als 17 Jahre.

Franklin Thévenaz, der Gemeindepräsident von St-Croix (VD), wo sich der Bau eines Windparks verzögert, geht noch weiter. Für ihn sollte eine Ausnahme vom Rekursrecht ins Auge gefasst werden. Daneben wünscht er sich mehr Engagement des Bundes für die Windenergie.

Ohne Kompromisse keine Wende

Dass Windanlagen negative Auswirkungen haben können, streitet Suisse Eole nicht ab. Die Anlagen gefährden etwa Zugvögel. Für dieses Problem fänden sich jedoch Lösungen, sagte Konrad Schleiss, Präsident der Bau-, Planungs- und Umweltkommission von Grenchen (SO). So sei für die Anlage auf dem Grenchenberg geplant, dass Zugvogelschwärme per Radar erfasst würden und die Rotoren dann stoppten.

Kein Verständnis zeigt die Vereinigung für Einwände wegen des Lärms oder der Veränderung des Landschaftsbilds. Jede Energieproduktion sei mit Eingriffen in die Natur verbunden, stellt sie fest. Ohne Kompromisse sei die Energiewende nicht möglich.

Suisse Eole wirft die Umweltverbände indes nicht alle in einen Topf. Mit dem WWF etwa sei eine konstruktive Zusammenarbeit möglich, sagte Chevalley. Auch die Grüne Partei lobte die Nationalrätin der Grünliberalen. Diese sei auf der Seite von Suisse Eole. Nicht zum Dialog bereit seien dagegen die Stiftung Landschaftsschutz und Helvetia Nostra, welche die meisten Einsprachen einreichten. Auch Pro Natura wurde kritisiert.

Gegen "Anbauschlacht" mit Windrädern

Die betroffenen Verbände weisen die Vorwürfe zurück. Die Stiftung Landschaftsschutz habe bei zahlreichen Projekten keine Einsprache eingereicht, sagte Projektleiter Matthias Rapp auf Anfrage. Sie lehne Windanlagen nicht grundsätzlich ab, stelle sich aber gegen eine "Anbauschlacht": Die Energiewende dürfe nicht dazu führen, dass Gesetze nicht mehr gälten.

Die Stiftung Landschaftsschutz sieht sich nicht als Verhindererin der Energiewende, sondern "eines überstürzten, unqualifizierten Ausbaus jeglicher Art erneuerbarer Energien". Konkret stellt sie sich etwa gegen Projekte in geschützten Landschaften und solchen mit besonderer Bedeutung. Sie sagt auch dort Nein, wo die Landschaftssilhouette durch Windanlagen stark verändert würde.

Die Schweiz sei kein Windland, gibt Rupp ferner zu bedenken. Wenn Windenergie besser und effizienter im Ausland produziert werden könne, seien Investitionen in Anlagen im Ausland sinnvoll. In der Schweiz sollte die Priorität bei Solarenergie und Effizienzmassnahmen liegen.

Pro Natura wiederum bedauert die "unsachliche Polemik" von Suisse Eole. Man setze sich seit vielen Jahren im Austausch mit Suisse Eole für den Zubau von ökologischer Windkraft ein, hiess es auf Anfrage. Auch Windkraft-Projekte hätten sich aber an gesetzliche Vorgaben zu halten. "Wir arbeiten gerne weiter am Ziel, möglichst gute, den Umweltgesetzen entsprechende Windkraft-Anlagen zu unterstützen, die zu einer ökologischen Energiewende beitragen."

Derzeit 34 grosse Anlagen in Betrieb

Aktuell produzieren 34 grosse Windenergieanlagen rund 100 Gigawattstunden Strom. Damit kann der Stromverbrauch von 28‘000 Haushalten gedeckt werden. Der grösste Windpark befindet sich auf dem Mont Crosin im Berner Jura bei St. Imier.

Im Zuge der Energiestrategie des Bundes, über die in der Herbstsession der Ständerat berät, sollen Windenergieanlagen bis zum Jahr 2020 sechs Mal und bis 2050 rund 40 Mal so viel Strom produzieren wie heute. Insgesamt soll bis 2020 die durchschnittliche Jahresproduktion von Strom aus Sonne, Wind und Biomasse von heute rund zwei auf 4,4 Terrawattstunden (TWh) steigen. Im Jahr 2035 soll die Produktion bei insgesamt 14,5 TWh und bis 2050 bei über 24 TWh liegen. (sda/pd)

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