Weko will Sektoren statt nur einzelne Unternehmen prüfen
Die Weko hat mit ihrem Entscheid gegen die Swisscom den Wettbewerb im Glasfasernetz für fünfzig Jahre gesichert. 2023 führte sie total 27 Untersuchungen durch und leitete 17 Vorabklärungen ein. Künftig will die Weko Sektoren durchleuchten, statt nur einzelne Unternehmen.
Mit den jüngsten Entscheiden hat die Wettbewerbskommission (Weko) der Swisscom im Glasfaserstreit eine Frist gesetzt und belegt die Telekomanbieterin mit mit einer Busse von über 18 Millionen Franken. Demnach muss die Swisscom ihre Multipunktanschlüsse bis Ende 2025 im von ihr beherrschten Marktgebiet auf ein Vierfaser-System umrüsten. Anschlüsse mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale zum Strassenschacht schalten die Konkurrenz aus und sind kartellrechtlich nicht zulässig. Dies erklärte Weko-Präsidentin Laura Melusine Baudenbacher an der Jahresmedienkonferenz heute Dienstag in Bern.
Die Weko verfasste aufgrund der Zwangsfusion der Grossbanken UBS und Credit Suisse eine Stellungnahme zuhanden der Finanzmarktaufsicht (Finma). Die Finma hält diese bis zum Abschluss des Verfahrens unter Verschluss. Zum Inhalt schwiegen sich Baudenbacher und Weko-Direktor Patrik Ducrey unter Hinweis auf das Amtsgeheimnis aus. Baudenbacher erklärte aber, dass die UBS ihre Marktanteile durch die Fusion in verschiedenen Sektoren des Bankgeschäfts um zweistellige Prozentsätze erhöhte. Die Weko ziehe daraus den Schluss, dass sie auch ganze Sektoren und nicht nur einzelne Unternehmen überprüfen sollte. Sie richtete deshalb eine entsprechende Empfehlung an die Politik.
„Absprachen ein wenig in der DNA der Schweizer Wirtschaft verankert“
Weko-Direktor
Ducrey sagte zum Jahresbericht 2023, die Kommission beschränke sich aus
Ressourcengründen auf grosse Fälle. Die Arbeit der Weko basiert laut
Ducrey auf fünf Schwerpunkten. Zum einen gehe es um den Marktzugang.
Hier sorgte die Weko etwa für die Stromdurchleitung für die Migros im
Kanton Freiburg, welche das dortige Elektrizitätsunternehmen verweigert
hatte. Da „Absprachen ein wenig in der DNA der Schweizer Wirtschaft
verankert sind“, gilt der zweite Schwerpunkt den Kartellen, wie Ducrey
erklärte. Da seien die Kreditkartengebühren der Banken ein Dauerbrenner.
Der Kampf gegen die Hochpreisinsel bilde das dritte Augenmerk. Hier
gehe es um Marktabschottungen, Verhinderung von Parallelimporten und
ähnliches. Ein weiterer Schwerpunkt ist gemäss dem Direktor die
Gesetzgebung. Hier versucht die Weko zu verhindern, dass Branchen ihre
Partikularinteressen allzu stark durchsetzen können.
Nachdem die Weko seit 2022 über eine Handhabe gegen die relative Marktmacht und damit einen fünften Schwerpunkt verfügt, nimmt sie auf diesem Gebiet nimmt sie Schweizer Zuschläge von Generalimporteuren und ähnliche Verstösse ins Visier. Ducrey zeigte sich erstaunt über die wenigen eingegangenen Anzeigen. Er wertete das aber als gutes Zeichen für die Wirksamkeit des Gesetzes. Aktuell laufen nach seinen Angaben Untersuchungen wegen Trinknahrungsimporten aus Deutschland in der Pharmabranche, Bücherimporte aus Frankreich und mutmassliche missbräuchliche Händler-Kündigungen in der Autobranche. Die ersten beiden Fälle sollten im Sommer abgeschlossen sein.
Änderungen am Kartellgesetz
Sorgen
bereiten der Weko aktuell im Parlament anvisierte Änderungen des
Kartellgesetzes. Ständerat Hans Wicki (FDP/NW) fordert, dass die Weko
die Auswirkungen schädlichen Marktverhaltens beweisen muss. Die Schäden
seien aber allgemein anerkannt, erklärte Baudenberger. Derartige
Effektbeweise würden die Arbeit der Weko stark erschweren. Das aktuelle
Kartellgesetz sei einfach, griffig und auf EU-Niveau. Die
Ständeratskommission für Wirtschaft und Abgaben berät die Motion
voraussichtlich am Mittwoch und der Ständerat in der Sommersession. Der
Bundesrat lehnt sie ab. (sda/mai)