14:56 BAUBRANCHE

Wenn Drachen Strom liefern

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InDeutschland gilt die Windenergie zumindest in flachen Landstrichen als ausgereizt. Deutsche Forscher sehen das anders: Lenkdrachen sollen den Wind einfangen und die gewonnene Bewegungsenergie in Bodennähe in Strom umwandeln.

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Kite-Surfer: Unterwegs mit Winkdraft.

Kitesurfen ist zum Trendsport geworden. Die Zahl der Anhänger, die sich für die Mischung aus Windsurfen und Drachenfliegen begeistern, wächst rasant. Wenn der Wind den Drachen erfasst, trägt er den Surfer meterhoch empor und ermöglicht so extreme Sprünge.

Doch ein Lenkdrachen ist mehr als nur ein Sportgerät – mit ihm kann auch Energie erzeugt werden. Dabei wird die Flugbewegung des Drachen verwendet, um einen Generator anzutreiben, der die gewonnene kinetische Energie in Strom umwandelt. Diese pfiffige Idee hatten die Gründer der Berliner NTS Energie- und Transportsysteme GmbH. Für die Realisierung des Vorhabens holten sie das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart mit ins Boot. Mit der neuen Methode wollen die Projektpartner die starken Winde in bis zu 500 Metern Höhe nutzen.

„Die Kites fliegen in Höhen von 300 bis 500 Metern, wo sie den Wind einfangen sollen“, erklärt Joachim Montnacher, Diplom-Ingenieur am IPA, die Funktionsweise der Kite-Kraftwerke. „Über etwa 700 Meter lange Seile sind sie mit Wagen verbunden, die sie über einen Schienenrundkurs ziehen. Aus der entstehenden Bewegungsenergie erzeugt ein Generator Strom.“ Die nötige Steuerungs- und Messtechnik befindet sich auf den Fahrzeugen. Diese bieten im Vergleich zur konventionellen Windparktechnik mit Rotoren Vorteile: Mit zunehmender Höhe steigt die Windgeschwindigkeit rapide an, während sie in Bodennähe gegen Null tendiert. Auf 100 Metern Höhe liegt sie bei rund 15 Meter pro Sekunde, in 500 Metern beträgt sie schon über 20 Meter pro Sekunde. „Die Energieausbeute eines Kites ist deutlich grösser als die eines Windrads, dessen Blattspitzen sich derzeit in Höhen bis zirka 200 Metern drehen. Verdoppelt sich die Windgeschwindigkeit, verachtfacht sich der Energiegehalt“, führt Montnacher aus. Entsprechend hoch gerechnet entsprechen acht Kites von einer Grösse von bis zu 300 Quadratmetern je nach Windgebiet 20 konventionellen 1-Megawatt-Windkraftanlagen.“ Somit könnten neue Standorte im Flachland für die Stromerzeugung durch Wind infrage kommen. Zudem sind die Materialkosten für den Bau einer solchen Anlage laut Montnacher deutlich geringer, weil etwa kein Hunderte von Tonnen schwerer Turm aufgestellt werden muss.

Günstiger Wind für Realisierung?

Daran, wie sich dieses Konzept in der Realiät nutzbringend umsetzen lässt, arbeiten die Projektpartner zurzeit: Für das Design der Kites und den Bau der Höhenwindanlage ist die NTS GmbH verantwortlich, die Forscher vom IPA entwickeln die Steuerungs- und Messtechnik. Dazu gehören die Seilausgabe- und -einzugsvorrichtung sowie der Seilspeicher. Mit der Steuereinheit werden etwa die Messsignale zur Seilsteuerung und zur Kite-Regelung ausgegeben. An jedem Seilstrang wird eine horizontale und vertikale Winkelmessung angebracht sowie eine in den Seilverlauf integrierte Kraftmessung. Letztere sichert die exakte Steuerung des Kites, der sich in der Flugbahn auf einer liegenden Acht beziehungsweise einer sinusförmigen Kurve in der Höhe bewegt. Durch diese Flugmanöver erzeugt er eine hohe Zugkraft, die bis zu 10 Kilonewton (kN) beträgt. Ein 20 Quadratmeter grosser Drachen kann also durchaus das Gewicht von einer Tonne ziehen. Jeweils ein Flugsystem zieht einen Wagen.

Auf einem Testgelände in Mecklenburg-Vorpommern konnten die Forscher bereits einen Kite auf einer 400 Meter langen geraden Strecke auf Jungfernflug schicken – gesteuert wurde er ähnlich wie ein Modellsegelflugzeug per Fernbedienung. Im nächsten Schritt wollen die Experten die Teststrecke zu einem Rundkurs ausbauen. Und dann sollen Computer die Kites dann vollautomatisch steuern.

„Unseren Simulationen zufolge können wir mit einer NTS-Anlage mit 24 Kites 120 Gigawattstunden pro Jahr (GWh/Jahr) produzieren“, erklärt NTS-GeschäftsführerGuido Lütsch. Nach den erfolgreichen Testflügen auf der Demonstrationsanlage sind die Projektpartner zuversichtlich, dass ihre Computersimulationen in der Realität Bestand haben. Erste Investoren konnten laut Fraunhofer-Institut schon gewonnen werden. (mai/mgt)

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