Weiches Steinbeisserchen
Sie sind schwarz, scharf, zäh und können Steinkrümel zerkauen: die Zähne einer kleinen Käferschnecke im Atlantik. Das Wissen um die Struktur der starken Beisser könnte völlig neue Materialien ermöglichen.
Quelle: zvg
Klein aber hart im Nehmen: Die Käferschnecke Chaetopleura apiculata.
„Chaetopleura apiculata“ heisst die Käferschnecke, die im Golf von Mexiko und im nordwestlichen Atlantik lebt und über eine erstaunliche Fähigkeit verfügt: Sie kaut Steine. Die widerstandsfähigen Zähne sind für die Molluske überlebenswichtig, denn in den Vertiefungen von Steinen finden sich Kleinstlebewesen und Algen, von denen sie sich ernährt. Jetzt ist das Tierchen in den Fokus von Materialforschern der Northwestern University in Evanston im US-Bundesstaat Illinois gerückt. Sie haben die Beisser der Schnecke mittels Atomsonden-Tomografie untersucht und nun die Ergebnisse ihrer Studie im Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht.
Interessant für die Forscher war der Umstand, dass die Schnecke Steinchen kaut, obwohl ihre Zähne aus Stoffen bestehen, die nicht härter als Stein sind. „Die Schnecke hat eine clevere Lösung gefunden, um die Zähne scharf zu halten“, erklärt Derk Joester von der Northwestern University in einem Podcast der Universität. Ihre Zähne seien eine Art „selbst schärfendes Messer“. Die äussere Schicht besteht aus Magnetit. „Dies verleiht den Zähnen einen hübschen, schwarzen Glanz, was man gemeinhin zwar nicht als attraktiv bezeichnen würde. Aber es ist eines der härtesten und zähesten Materialien, das in der Natur bekannt ist.“ Zudem wachsen die Kauwerkzeuge wieder nach.
Ist das Geheimnis der Struktur dieser Zähne ganz gelüftet, liesse sich diese im Labor nachbilden. Ein solches Wissen könnte völlig neue Materialien ermöglichen. Dies betrifft vor allem hybride Materialien, die aus organischen und anorganischen Stoffen bestehen. Zur Anwendung kämen diese etwa in der Photovoltaik, in der Medizin oder in der flexiblen Elektronik. (mai)