Weg frei für Kautionspflicht im GAV?
Das Bundesgericht hat das Baselbieter Kantonsgericht kritisiert, weil es die Kautionspflicht für unzulässig erklärt hatte. Damit sehen sich die Sozialpartner des Baselbieter Ausbaugewerbes in ihrer Forderung nach einer Kautionspflicht gegen Lohndumping bestätigt.
Das Bundesgerichtsurteil vom 7. Dezember 2010, das die kantonalen Sozialpartner den Medien vorstellten, bildet vorläufig das letzte Kapitel eines langen Streits um die Frage, welche flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit mit der EU Lohn- und Sozialdumping durch ausländische Arbeitskräfte verhindern sollen. Der Kanton Baselland hatte 2008 einen Ausbaugewerbe-Gesamtarbeitsvertrag (GAV) allgemeinverbindlich erklärt, der eine Kautionspflicht nur für ausländische Firmen beinhaltete. Dagegen hiess aber das Kantonsgericht 2009 Beschwerden gut, weil die Kautionspflicht unverhältnismässig sei. Branchen- Arbeitgeber und Gewerkschaften zogen das Urteil weiter.
Die Sozialpartner erarbeiten jedoch seither auch einen neuen Ausbau-GAV, diesmal überregional für Basel-Stadt, Baselland und Solothurn. Als der Bundesrat diesen allgemeinverbindlich erklärte, wurde der umstrittene kantonale GAV hinfällig. Das Bundesgericht entschied so materiell nur Entschädigungsfragen. Auch zur Sache hat das höchste Gericht mit Feststellungen am Rande Pflöcke eingeschlagen: Das Kantonsgericht habe bundesgesetzliche Regelungen zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung in Verbindung mit dem Entsendegesetz „verkannt“ und „bundesrechtswidrig“ geurteilt. Fragen zu Rechtsgleichheit und Diskriminierung seien indes offen. Teils gegensätzliche Gesetze und verschachtelte föderale Strukturen machen das Thema sehr komplex. Die Baselbieter Ausbau-Sozialpartner setzen nicht mehr auf eine rein kantonale Lösung, sondern wünschen einen überregionalen oder nationalen GAV mit Kautionspflicht für alle Arbeitgeber. Daran arbeite man nun, hiess es vor den Medien.
Kaution als Pfand
Tatsächlich hatte der Bundesrat im September 2010 einen GAV für das Maler- und Gipsergewerbe landesweit allgemeinverbindlich erklärt, der als Schweizer Premiere von allen Arbeitgebern eine Kaution von 10'000 Franken verlangt. Das betrifft auch Selbständige, was Dumping mit scheinselbständigen Billig- Wanderarbeitern unterbinden soll. Ohne Vorab-Kaution sind Strafen für ausländische Firmen, die im Baselbiet gegen den GAV verstossen, kaum einzutreiben. Bei 2500 Kontrollen 2010 sei die Verstoss-Quote bei 50 Prozent gelegen, sagte ein Vertreter der Zentralen Paritätischen Kontrollstelle (ZPK). Die Zahlungsausstände bezifferte er auf über eine halbe Millionen Franken. Massiv zugenommen hätten überdies illegale Firmenkonstrukte und Offshore-Strukturen - etwa Sitze auf den Seychellen. Weil ab Mai für weitere Ex- Ostblockländer die volle Personenfreizügigkeit gilt, befürchten die Sozialpartner wegen des Preis- und Lohngefälles noch mehr Druck, bleiben griffige flankierende Massnahmen aus. (sda)