Waschküche und Gremien für bessere Nachbarschaft
Ob in einer genossenschaftlichen Siedlung Gemeinsinn entsteht oder nicht, hängt grösstenteils von den Mitwirkungsmöglichkeiten der Bewohner und von der Architektur ab. Zu diesem Schluss sind Wissenschaftler der Hochschule in Luzern im Rahmen eines Forschungsprojektes gekommen. In einem nächsten Schritt wollen sie nun eine Toolbox entwickeln, die helfen soll, diese Erkenntnisse umzusetzen.
Im Zuge der Verdichtung und einer zunehmend heterogenen Bevölkerung gewinnt das Thema Nachbarschaft an Bedeutung. Diese Entwicklung hat den Ausschlag für ein Forschungsprojekt des Instituts für Soziokulturelle Entwicklung des Departements Soziale Arbeit der Hochschule Luzern (HSLU) gegeben: Zusammen mit verschiedenen Partnerorganisationen – dem Bundesamt für Wohnungswesen sowie insgesamt fünfzehn Wohnbaugenossenschaften aus Zürich, Bern und Luzern – untersuchte die HSLU wie Nachbarschaften in genossenschaftlichen Siedlungen gelebt werden.
Dass als Forschungsobjekt der genossenschaftliche Wohnungsbau gewählt wurde, liegt daran, dass in der Schweiz jede zwanzigste Wohnung einer der rund 1500 Wohnbaugenossenschaften gehört. „Sie sind mit ihrem Selbstverständnis, ihrem Erfahrungswissen und ihren und ihren Mitwirkungsstrukturen prädestiniert, sich mit Nachbarschaftsmodellen auseinanderzusetzen“, erklärt Barbara Emmenegger, Soziologin und Leiterin des Projekts. Allerdings stellten Emmenegger und ihre Kollegen auch fest, dass es die Nachbarschaft schlechthin nicht gibt. Sie ist völlig unterschiedlich ausgeprägt und reicht von völliger Anonymität über lose Beziehungen bis hin zu engagierten Gemeinschaften. Eine wichtige Rolle spielen die losen Beziehungen: Sie seien ausschlaggebend dafür, ob man sich im nachbarschaftlichen Umfeld wohl und sicher fühle.
Gemeinschaftsfördernde Architektur
Damit sich Bewohner über sporadische und spontane Kontakte hinaus engagieren, bedarf es entsprechender Möglichkeiten: Dies betrifft einerseits eine gemeinschaftsfördernde Architektur wie Sitzgelegenheiten vor dem Haus, ein Siedlungshof, eine gemeinsame Waschküche oder ein Gemeinschaftsraum, andererseits betrifft dies auch Gremien, die sich innerhalb der Überbauung für bestimmte Bedürfnisse einsetzen und so das Leben in der Genossenschaft mitgestalten. Solches wird den Forschern zufolge von den Bewohnern sehr geschätzt und führt, wenn vorhanden und gefördert, zu mehr Engagement.
Aufgrund dieser Erkenntnisse wollen sie nun eine Toolbox erarbeiten. Sie soll Genossenschafter und Bewohner unterstützen, „vielfältige Formen des Zusammenlebens, der Teilhabe und der Solidarität“ zu entwickeln und damit „tragfähige Nachbarschaften“ zu ermöglichen. Ein weiteres Ziel der Toolbox: ein überregionaler Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den Genossenschaften fortsetzen. (mai)