Vorlage zur Finanzierung von Erdbebenschäden im Parlament
Gibt es nach einem schweren Erdbeben Schäden an Gebäuden, sollen alle Gebäudeeigentümer solidarisch dafür aufkommen. Über die Verfassungsänderung zur Finanzierung von Erdbebenschäden kann nun das Parlament entscheiden. Das letzte Wort dazu wird jedoch an der Urne fallen.
Quelle: Michael Krause, Pixabay-Lizenz
Riss in Beton. (Symbolbild)
Konkret ist vorgesehen, dass der Bund für die Behebung von Schäden von den Hausbesitzern einen zweckgebundenen Beitrag erheben kann. Dieser soll maximal 0,7 Prozent der Gebäudeversicherungssumme betragen. Damit würden für die Behebung von Schäden bis zu 22 Milliarden Franken zur Verfügung stehen.
Für 500-jährige Erdbeben
Dies entspreche der Schadensumme, die bei einem alle 500 Jahre auftretenden Erdbeben zu erwarten sei, schrieb der Bundesrat zu seiner am Freitag veröffentlichten Botschaft. Als nächstes kann sich nun das Parlament zu der beantragten Verfassungsänderung äussern. Das letzte Wort haben jedoch Volk und Stände.
Die Beiträge der Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer seien – auch wenn sie nur im Ereignisfall erhoben werden dürften – eine Abgabe mit Steuercharakter, schreibt der Bundesrat dazu in der Botschaft. Steuern des Bundes bedürften einer expliziten und spezifischen Grundlage in der Bundesverfassung.
Wann konkret die Hauseigentümerinnen und -eigentümer bezahlen müssen, wird später festgelegt. Der Bundesrat will auf Gesetzesstufe regeln, wie der Begriff «schwerwiegend» konkretisiert wird. Die Detailarbeit am Gesetz will der Bundesrat nach der Zustimmung zur Verfassungsänderung an die Hand nehmen.
Nur natürliche Erdbeben
Dabei werde unter anderem zu prüfen sein, ob alle Hausbesitzer gleich behandelt oder ob ihr Umgang mit Erdbebenrisiken berücksichtigt werden soll. Letzteres hätte in den Augen des Bundesrates den Vorteil, dass beim Bauen und bei der Standortwahl Erdbebenrisiken stärker berücksichtigt würden.
Gedeckt werden sollen laut Bundesrat nur Schäden von natürlichen Erdbeben und deren Folgeschäden, etwa der Bruch eines Staudamms. Von Menschenhand verursachte Erschütterungen hingegen sollen nicht erfasst werden. Gemeint ist laut Bundesrat beispielsweise der Einsturz eines künstlich geschaffenen Hohlraumes.
Nicht mitbezahlen sollen die Hauseigentümer Schäden an Hausrat oder Geschäftsinventaren und auch Vermögensschäden wie Mietzinsausfälle und Betriebsunterbrüche nach einem Erdbeben. Dafür gebe es auf dem Markt private Versicherungen, schreibt der Bundesrat.
Gemischte Reaktionen
Die Idee für eine landesweite Erdbebenversicherung scheiterte bisher mehrfach. Das Parlament verpflichtete schliesslich den Bundesrat, Grundlagen für die Finanzierung von Gebäudeschäden im Fall eines Erdbebens mit einer Eventualverpflichtung zu schaffen. In der Vernehmlassung stiess das Vorhaben auf gemischte Reaktionen.
Die SVP sowie der Hauseigentümer- und der Schweizerische Versicherungsverband lehnten das Vorhaben rundweg ab. Wer die Risiken abdecken wolle, könne das bereits heute auf freiwilliger Basis tun, fanden sie. Ausserdem sei die Sonderpflicht willkürlich, denn sie treffe nur Gebäudeeigentümer.
Ganz anders sah es eine Mehrheit der Kantone sowie die Gebäudeversicherungen, die Grünen und die Berggebiete: Sie beurteilten den Vorschlag als innovativ, solidarisch und günstiger als eine klassische Versicherungslösung. Denn Prämien fallen für die vorgeschlagene Lösung nicht an.
Quelle: Karl Jauslin
So stellte sich Basler Historienmaler Karl Jauslin (1842-1904) das Erdbeben von 1356 in Basel vor. Das Erdbeben hatte Basel und das Gebiet rund 50 Kilometer im Umkreis der Stadt heimgesucht.
Verzicht auf zusätzliche Befugnisse
Auf eine zweite Kompetenz verzichtete der Bundesrat nach der Kritik in der Vernehmlassung jedoch. Zunächst hatte er nämlich vorgeschlagen, dem Bund mehr Befugnisse im Bereich der Erdbebenprävention zu geben, zum Schutz von Menschen und Sachwerten. Den Verzicht beschloss der Bundesrat bereits im vergangenen August.
Nach Angaben des Bundesrates sind heute in der Schweiz rund 15 Prozent der Gebäude gegen Erdbeben versichert. Die private Eigenvorsorge habe bislang nicht zu einer flächendeckenden Absicherung geführt, so der Bundesrat. Ein relevantes Erdbebenrisiko besteht im ganzen Land. Das letzte grosse Beben ereignete sich 1946.
Die geplante Regelung soll nach einem schweren Erdbeben einen raschen Wiederaufbau möglich machen. Sehr grosse Ereignisse – zum Beispiel in Basel 1356 –würden die beantragte Kapazitätsgrenze von 22 Milliarden Franken übersteigen. Für einen solchen Fall müssten ergänzende Finanzierungen gesucht werden. (sda)