Vom Schandfleck zum Musterknaben
Seit Jahrzehnten ist der Flakbunker in Hamburg-Wilhelmsburg vor allem eines: hässlich. Doch nun soll aus dem bedrückenden Zeitzeugen ein energetischer Musterknabe werden. Der „Energiebunker“ prunkt mit Solaranlage, Wärmespeicher und Fernwärmeanschluss.
Jede Stadt hat ihre Schandflecken, doch manche sind besonders schwer zu beseitigen. Seit 1943 erhebt sich im Hamburger Quartier Wilhelmsburg ein 40 Meter hoher Flakbunker. Der gigantische Betonklotz diente als Luftschutzraum für bis zu 30000 Personen. Auf seinem Dach waren grosskalibrige Flugzeugabwehrkanonen montiert. Mit Flakbunkern dieses und ähnlicher Typen in Hamburg, Berlin und Wien wollten die Nationalsozialisten dem allierten Bombenkrieg widerstehen. Die Decken und Wände wurden zwei bis dreieinhalb Meter stark betoniert, insgesamt wurden 80 000 Kubikmeter Stahlbeton verbaut. Zwei Jahre später war der Krieg verloren, der Flakbunker aber blieb. Eine Sprengung hätte enorme Mengen TNT verlangt und wenigen noch intakten Häuser in der Hamburger Innenstadt lädiert.
Zu massiv für eine sinnvolle Umnutzung, zu gross für den Abriss - über Jahrzehnte blieb der finstere Klotz stehen. Erst vor einigen Jahren kam die Idee auf, den finsteren Gesellen zu einer Lichtgestalt umzubauen: Der Flak- soll zum "Energiebunker" werden, zu einem Symbol für das Klimaschutzprojekt "Erneuerbares Wilhelmsburg". Auf dem Dach und an der Südfassade sollen Solarmodule mit einer Gesamtfläche von 3 500 Quadratmetern angebracht werden. Im Innenraum, 1947 von den Briten zerstört, soll ein Blockheizkraftwerk entstehen. Die überschüssige Wärme fliesst in einen Speicher, der an einen Wärmeverbund angeschlossen wird. So soll der "Energiebunker" nicht nur Strom, sondern auch Wärme produzieren und zudem als Speicher dienen. Mit der Nutzung von industrieller Abwärme und Reststoffen soll die Energienutzung schrittweise ausgebaut werden können.
Im Rahmen der Sanierung ist auch ein Café in 30 Metern Höhe geplant. Eine Ausstellung soll über die problematische Vergangenheit des Betonriesen informieren. (ms)
Quelle: Energiebunker Wilhelmsburg
Energiebunker Wilhelmsburg: Der graue Klotz soll schon bald grüne Energie produzieren.