Verkehr in Zürich, Aargau und Schaffhausen: Deckel drauf, Röhre offen
Die dritte Gubrist-Röhre ist eröffnet und die Einhausung Schwamendingen in Kürze fertiggestellt – doch die Arbeiten an der Erweiterung der Zürcher Nordumfahrung dauern noch Jahre. Schaffhausen muss seinerseits noch lange auf den Fäsenstaub-Tunnel und die Entlastung der Stadttangente warten.
Quelle: Bundesamt für Strassen (Astra)
Die dritte Röhre des chronisch überlasteten Gubrist-Tunnels ist eröffnet. Nun müssen aber die Röhren eins und zwei saniert werden.
Am Ende war es ein klarer Fall: Das Stimmvolk des Kantons Zürich hat miteinem Verhältnis von 3 : 2 die Pistenverlängerung am Flughafen Zürich gutgeheissen. Diese bauliche Massnahme ist gemäss der Flughafenbetreiberin notwendig für einen sicheren Flugbetrieb; zugleich soll dadurch die Anzahl der nächtlichen Flüge nach 23 Uhr sinken. Die Gegner der Vorlage argwöhnten, dass die längeren Pisten für eine Erhöhung der Kapazität ausgenutzt wird. Doch die Mehrheit der Stimmberechtigten teilt diese Befürchtungen offenbar nicht.
Bis das Bauprojekt in Angriff genommen wird, ist aber ein komplexes Planungsverfahren zu bewältigen: Für die Verlängerungen müssen wichtige Durchfahrtsstrassen und Gasleitungen umgelegt werden. Dazu erhält der Fluss Glatt ein neues Bett und einen extra für die Fische beleuchteten Tunnel. Zudem ist die Aufschüttung eines künstlichen Damms notwendig. Mit entsprechend vielen Genehmigungsverfahren und Möglichkeiten für Einsprachen.
Gemäss Medienstelle des Flughafens rechnet man mit 2030 als frühestem Baubeginn. Die Bauzeit wird insgesamt rund sechs Jahre dauern, wobei die eine Piste schon nach zwei Jahren fertiggestellt und betriebsbereit sein soll. Die Kosten werden sich auf rund 250 Millionen Franken belaufen.
Quelle: Ben Kron
Die Einhausung Schwamendingen ist baulich nahezu fertig und der Autobahnlärm gebannt. Bis Ende Jahr wird nun der Park auf und rund um den Bau entstehen.
Deckel ist drauf
Ein Verkehrsprojekt, das ein ganzes Stadtviertel vom Autobahnlärm befreit und einen öffentlichen Grünraum bietet: Dies schafft die Einhausung Schwamendingen, welche die A1 auf einer Länge von 940 Metern überdeckt. Auf dem Dach entsteht ein durchgehender Grün- und Freiraum für die Quartierbevölkerung. Der Deckel ist inzwischen drauf und das Quartier vom Lärm befreit. Nun folgen noch die Arbeiten für den Überlandpark, die bis Ende Jahr dauern dürften. Die Kosten von 445 Millionen Franken teilen sich das Astra sowie Stadt und Kanton Zürich. Und das Ergebnis schauen sich auch Verkehrsplaner in anderen Schweizer Städten mit Interesse an.
Ein Hingucker dürfte auch die neue Rheinbrücke bei Eglisau werden: Stararchitekt Santiago Calatrava hat einen eleganten Bogen von 175 Metern Spannweite vorgesehen. Die neue Brücke ist Teil der Umfahrung Eglisau, auf welche das verkehrsgeplagte Städtchen seit Jahrzehnten wartet. Und es ist weiter Geduld gefragt, denn vieles am auf 275 Millionen Franken geschätzten Projekt ist noch unklar, da die Umfahrung gleich drei geschützte Landschaften betrifft. Somit dürfte die Sanierung der heutigen Hauptstrasse, die 2027 beginnt, als Erstes realisiert werden. Die Regierung rechnet damit, dass die Baubewilligung für die Umfahrung nicht vor 2030 vorliegt und die neue Strasse somit bestenfalls 2040 fertig ist.
Vor Kurzem eingeweiht wurde dafür die neue Rheinbrücke, die zwischen Rüdlingen und Flaach Zürich und Schaffhausen verbindet und knapp 18 Millionen Franken gekostet hat. Das vorherige Bauwerk stammte noch von 1929, konnte seine tägliche Last von 5000 Fahrzeugen aber nur noch im Einbahnverkehr bewältigen. Kurz vor der Fertigstellung ist die Sanierung der Limmatbrücke Dietikon: Das Bauwerk von 1983 erhielt dabei seinerseits einen lärmarmen Belag. Ende letzten Jahres konnten die Hauptarbeiten abgeschlossen werden, diesen Frühling ist das rund 27 Millionen Franken teure Projekt fertig.
Quelle: Flughafen Zürich
Abstimmung deutlich gewonnen: Die beiden Pisten des Flughafens Zürich können wie mit den gelben Pfeilen markiert verlängert werden.
Dritte Gubrist-Röhre ist fertig
Fertiggestellt und feierlich eröffnet ist seit Kurzem auch die dritte Röhre des Gubrist-Tunnels, ein zentrales Element im Ausbau der Zürcher Nordumfahrung. Doch bis auf Weiteres wird sich wenig verbessern auf der chronisch überlasteten, wichtigsten Autobahnverbindung zwischen Zürich und dem Aargau: Denn nun hat die Sanierung der bestehenden beiden Röhren begonnen. 2027 sollen die Arbeiten am Nadelöhr abgeschlossen sein, und werden am Ende 1,5 Milliarden Franken kosten.
Noch länger Geduld brauchen Verkehrsteilnehmer in Schaffhausen: Das Astra wird die Stadttangente im Rahmen des Projekts «Engpassbeseitigung A4 Schaffhausen-Süd – Herblingen» durchgehend auf zwei mal zwei Spuren ausbauen, begleitet von flankierenden Massnahmen im städtischen Strassennetz. Zentrales Bauvorhaben ist dabei der Ausbau des Fäsenstaub-Tunnels. Aktuell ist das Ausführungsprojekt in Bearbeitung, das noch dieses Jahr aufgelegt werden soll. Mit dem Beginn der Detailplanung will man 2026 beginnen, mit dem Bau selbst frühestens 2030. Die Realisierung des Projekts, das aktuell bei Kosten von 473 Millionen Franken steht, wird dann noch einmal acht bis zehn Jahre dauern.
Intensive Bautätigkeit ist von den Aargauer Strassen zu vermelden. Dieses Jahr sind 159 Millionen Franken für die Strasseninfrastruktur vorgesehen, davon 84 Millionen für Neubauten. Hervorzuheben sind die Nordumfahrung Bad Zurzach, die letzten Sommer in Angriff genommen wurde, und die Neugestaltung der Kantonsstrasse Aarau – Buchs – Suhr.
Quelle: PD
Ein Hingucker: So wird die neue Calatrava-Brücke aussehen, die das Kernstück der Ortsumfahrung Eglisau bildet.
Brückenbau mit UHF-Beton
Zu einem späteren Zeitpunkt soll die über 150 Jahre alte Aarebrücke zwischen Möriken-Wildegg und Auenstein ersetzt werden. Hierfür hat der Aargauer Regierungsrat kürzlich einen Kredit von 31,5 Millionen Franken bewilligt. Bei der neuen Brücke, die 132 Meter lang wird, kommt ultrahochfester Faserbeton zum Einsatz. Baubeginn soll Ende 2025 sein, und Projektende im Sommer 2028.
Ein generelles Verkehrsproblem ist im Kanton Zürich der Strassenlärm: Gemäss einer Erhebung der kantonalen Fachstelle Lärmschutz sind 570 Kilometer Kantonsstrassen zu laut, wobei hier auf nur 1,4 Kilometern die Höchstgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern reduziert wurde – die baulich einfachste und effektivste Massnahme zur Lärmreduktion. Auf 112 Kilometern Kantonsstrassen gilt sogar noch Tempo 60, auch innerorts, obwohl dies seit mittlerweile 40 Jahren gegen Bundesrecht verstösst.
Die Regierung sieht Temporeduktionen aber problematisch, befürchtet Schleichverkehr und notwendige zusätzliche ÖV-Kurse. Einen Teil der Strassen will sie mit Flüsterasphalt sanieren und so den Lärm senken. Immerhin gibt es Teilstrecken, zum Beispiel die Seestrasse in Wädenswil und Horgen, bei denen innerorts Tempo-30-Zonen eingerichtet werden sollen. Das Projekt dürfte in Kürze aufliegen und im Idealfall im zweiten Halbjahr umgesetzt werden.
Quelle: Kanton Aargau
Neue Aarebrücke bei Möriken-Wildegg: Ultrahochfester Faserbeton soll eine Lebensdauer von hundert Jahren garantieren.
Neue Zürcher Tramtunnels
Auch der Kanton Aargau arbeitet mit Flüsterasphalt: So wird die Bruggerstrasse in Baden auf einer Länge von zweieinhalb Kilometern mit dem Spezialbelag versehen; dazu werden in Liegenschaften rund 1000 Schallschutzfenster eingebaut. Und sogar im als autofreundlich bekannten Kanton laufen Versuche mit Temporeduktionen. Prominentes Beispiel ist in Aarau das Projekt «Mitenand statt Gägenand», bei dem auf der Bahnhofstrasse, der Hauptachse der Kantonshauptstadt, Tempo 30 gilt. Velos sind neu im Mischverkehr unterwegs. Dazu wurden Fussgängerstreifen aufgehoben und Lichtsignalanlagen ausgeschaltet.
Beim öffentlichen Verkehr will die Stadt Zürich ihr überlastetes Tram- und Busnetz neu gestalten, um die bis 2040 erwarteten, zusätzlichen 40 Prozent an Passagieren zu bewältigen. Dies soll mit zwei Ringen geschafft werden, die den Stern ergänzen. Auf deutsch: Bisher ist die Stadt grundsätzlich sternförmig von Tramlinien erschlossen, welche den Hauptteil des öffentlichen Stadtverkehrs ausmachen. Nun sollen zwei Ringlinien gebaut werden – ein äusserer zu den wachsenden Aussenquartieren Oerlikon, Altstetten und Stettbach, ein innerer für die Zentren Milchbuck, Schaffhauser- und Bucheggplatz, Bahnhof Hardbrücke und Triemli.
Diese beiden Ringlinien sollen in Tunnels geführt werden, da sie überirdisch nicht zu realisieren wären. Entsprechende Abklärung sind beim Tiefbauamt bereits am laufen. Zuvor soll in einer ersten Sanierungsetappe der bestehende Tramverkehr ergänzt und optimiert werden. Die beiden Tunnel stellen somit Etappe zwei und drei der vorgestellten Netzentwicklungsstrategie dar und werden nicht vor 2040 in Angriff genommen. Der Realisierungshorizont beträgt somit 30 Jahre, was auch die geschätzten Gesamtkosten von 2,5 Milliarden Franken etwas relativiert.
Quelle: Zürcher Verkehrsverbund (ZVV)
Das Zürcher Tramnetz, Stand 2024: Deutlich zu sehen ist das Spinnennetz an Linien, das durch zwei unterirdische Ringbahnen ergänzt werden soll.
Glattalbahn wird verlängert
Konkreter sind die Pläne für die Verlängerung der Glattalbahn: Die sehr erfolgreiche Bahnverbindung von Zürich zum Flughafen, die derzeit dort endet, soll bis nach Kloten weitergeführt werden. Das Gesuch um Baubewilligung wurde Ende letzten Jahres eingereicht. Frühester Baustart ist 2026, so dass ab 2031 die Tramlinie 10 bis ins Klotener Entwicklungsgebiet fahren wird. Diese Verlängerung kostet, inklusive neuer Velohauptverbindung und Hochwasserschutzmassnahmen, nach aktuellem Stand rund 550 Millionen Franken.
Auch die Aargau Verkehr AG (AVA) stellt die Weichen für die Zukunft. So erwartet die Wynental- und Surentalbahn eine Steigerung der Nachfrage von 50 Prozent, was nur mit zusätzlichen und längeren Zügen zu schaffen ist. Deshalb wird die Infrastruktur, inklusive Werkstatt- und Depotanlagen, schrittweise auf Perronkanten von 120 Metern ausgerichtet. Aktuell messen die WSB-Züge 80 Meter. Erfolgen soll der Ausbauschritt bis 2035.
Die grösste SBB-Baustelle im Aargau ist derzeit der Bahnhof Lenzburg: Hier werden alle Perrons neu gebaut und verlängert, zwei neue Personenunterführungen erstellt und dazu ein komplett neues Bahnhofsgebäude errichtet. Bis 2030 dauern die Arbeiten und kosten die Bahn 232 Millionen Franken.
Quelle: SBB
Die Strecke zwischen Zürich und Winterthur soll für über zwei Milliarden Franken auf vier Spuren ausgebaut werden.
SBB-Grossprojekt liegt auf
Im Kanton Zürich rüstet die SBB einige Bahnhöfe behindertengerecht um: Zurzeit sind es Embrach-Rorbas, Pfungen, Rickenbach-Attikon, Schwerzenbach, Golfpark Otelfingen, Kempttal, Winterthur Grüze und Wülflingen, Oberrieden, Rüschlikon und Zürich Enge. Grosse Umbauarbeiten finden beim Zürcher Bahnhof Wipkingen statt, die auch die Sanierung des Tunnels und des denkmalgeschützten Viadukts beinhalten und 115 Millionen kosten.
Das für Zürich zentrale Bahnprojekt ist der Ausbau der Verbindung zwischen Zürich und Winterthur. Heute nutzt der gesamte Zugverkehr zwischen den zwei grössten Städten des Kantons eine einzige Doppelspurverbindung. Eine neue Doppelspurline, die den Ausbau von vier Bahnhöfen und den Bau des Brüttenertunnels beinhaltet, soll den Flaschenhals entlasten.
Das Projekt «MehrSpur Zürich – Winterthur» wurde letztes Jahr öffentlich aufgelegt; ein Baustart könnte schon ab Mitte der 2020er-Jahre erfolgen, womit die Inbetriebnahme der neuen Linie ab Mitte der 2030er-Jahre realistisch wäre. Kosten wird das Vorhaben nach momentanen Schätzungen 2,9 Milliarden Franken. Damit ist es der grösste Brocken des Ausbauschritts 2035 der SBB, die sich der Bund insgesamt 12,89 Milliarden kosten lässt.
Ringen um neuen Vertrag
Die Kantone Zürich, Schaffhausen und Aargau sitzen bei einem Thema an einem Tisch: Alle drei sind Mitbesitzer des Energiekonzerns Axpo, wobei Zürich und die kantonalen Elektrizitätswerke mit je 18 Prozent die grössten Anteile halten. Der Aargau besitzt knapp 14 Prozent der Axpo-Aktien, Schaffhausen noch deren 7,8. Alle drei Kantone wollen nun beim Energieunternehmern mehr mitbestimmen. Hierfür soll die bestehende Rechtsgrundlage der 2001 gegründeten Axpo erneuert werden, da im Moment noch immer der Gründungsvertrag der Nordostschweizer Kraftwerke von 1914 in Kraft ist.
Doch mit dem neuen Vertrag harzt es. Ein erster Vorschlag sah die Möglichkeit vor, grosse Wasserkraftwerke und Stromnetze zu verkaufen, was in den Parlamenten von Zürich und Schaffhausen auf Widerstand stiess. Deshalb wurde ein Kompromissvorschlag ausgearbeitet, der auch heikle Themen wie die Versorgungssicherheit und inländische Produktion umfasst. Dieser überarbeitete Vertrag wurde inzwischen von den Parlamenten in Zürich und Schaffhausen angenommen, womit eine Mehrheit der Aktionäre fast erreicht ist. (bk)