Verfahren eingestellt, Schuld ungeklärt
Das Strafverfahren im Zusammenhang mit dem im Februar 2009 eingestürzten Dach der Dreifachturnhalle der Gewerbeschule Riethüsli in St. Gallen wird eingestellt. Dies teilte die St. Galler Staatsanwaltschaft mit. Damit steht dem Wiederaufbau der Halle nichts mehr im Weg.
Das Verfahren war gegen zwei am Bau beteiligte Personen eröffnet worden, nachdem die Unfallursache mit einem Gutachten der Empa fest gestellt werden konnte. (Mehr dazu in untenstehendem Kasten.) Weil aber nun die Versicherung den Schaden zur Zufriedenheit des Kantons gedeckt hat, erklärte das Baudepartement laut Mediencommuniqué der Staatsanwaltschaft sein Desinteresse am Strafverfahren. Gemäss einem Bericht des St. Galler Tagblatt geht es um rund zehn Millionen Franken, die dem Kanton überwiesen werden. Über den genauen Betrag vereinbarte man Stillschweigen. Der Kanton solle weniger als drei Millionen übernehmen müssen, heisst es weiter.
Verantwortlichkeiten klären
Strafrechtlich wäre nur noch die (auch unter Baufachleuten bisher umstrittene) Frage zu klären gewesen, wer für die Umsetzung der Unternehmervariante verantwortlich gewesen sei, wobei feststehe, dass im vorliegenden Fall ausdrückliche vertragliche Regelungen fehlten, teilt die Staatsanwaltschaft mit. Mittlerweile sei die Fachwelt auch auf diese Problematik sensibilisiert, sodass mangelnde Absprachen bei Projektänderungen künftig nicht mehr vorkommen sollten. Zur weiteren Klärung wären weitere kostspielige Gutachten nötig gewesen. Dies hätte wiederum zu einer zusätzlichen Verzögerung des Wiederaufbaus führen können. Angesichts dieser Umstände entschloss sich die Staatsanwaltschaft, das Strafverfahren einzustellen. Ist der Schaden gedeckt und das Interesse der Öffentlichkeit an einer Strafverfolgung gering, sieht das Strafgesetzbuch im Art. 53 diese Möglichkeit vor.
Somit kann der Schadensplatz geräumt werden. Einem Wiederaufbau steht nun nichts mehr im Weg. Wie das Baudepartement gegenüber dem St. Galler Tagblatt erklärte, wird zurzeit die Baueingabe vorbereitet, bis Ende Jahr soll die Baubewilligung vorliegen. Läuft alles nach Plan, können die Bauarbeiten kommenden Frühling starten. Mit dem Beginn des Schuljahres 2013/14 soll die neue Halle in Betrieb gehen. (mai)
Hintergrund
Am 24. Februar 2009 entgingen die Schüler der Gewerbeschule im Riethüsli nur knapp einer Katastrophe: Das Dach und ein Teil der Mittelwand der Dreifach-Turnhalle waren kurze Zeit vor Schulbeginn unter der Schneelast eingebrochen. Verletzte gab es keine. Die Turnhalle war damals noch neu, sie war 2006 eingeweiht worden. Seit dem Unglück absolvieren die rund 1700 Schüler den Sportunterricht an anderen Orten in der Stadt.
Nach dem Unfall beauftragte die St. Galler Staatsanwalt die Empa mit einem Gutachten über die Unfallursache: Die Experten der EMPA stellten dabei fest, dass die ursprünglich geplante Stahlkonstruktion in einer Unternehmervariante abgeändert worden war. Zur Ausführung gelangte zuletzt weder das ursprünglich geplante noch das überarbeitete Projekt. Zum Einsturz führten zu schwache und nicht mehr SIA-konforme fensterseitige Enden der Hauptträger. (mai)