Ungenutztes Landschaftsholz für die Energieproduktion nutzen
Bei der Bewirtschaftung von Waldrändern, Baum- und Buschstreifen fällt viel Holz an, das sich wegen seiner Qualität fast nur als Energieholz eignet. Für die Verarbeitung von Landschaftsholz braucht es aber «Allesfresser»; robuste Vorschubrostfeuerungen mit einer Leistung ab etwa 300 Kilowatt.
Quelle: Ioannis Ioannidis / pixabay.com / public-domain-ähnlich
Es wächst viel Holz in schönen Landschaften.
Von Christoph Rutschmann im Auftrag von Holzenergie Schweiz
Schöne Landschaften sind eine Wohltat für Auge und Seele und beherbergen zahllose Naturschätze. Ohne jahrhundertelange Bewirtschaftung gäbe es sie nicht, unser Land wäre überwiegend bewaldet. Schöne Landschaften sind somit ein Kulturprodukt, ein Abbild der Bedürfnisse vieler Generationen nach Nahrungsmitteln, Viehfutter und Holz.
Die Industrialisierung der Landwirtschaft hat viele schöne Landschaften zum Verschwinden gebracht. Doch der Mensch hat in den letzten Jahren ihren Wert wieder entdeckt und damit begonnen, sie zu erhalten oder mittels Renaturierungen flächenmässig auszudehnen. Ein zentrales Element sind Hecken, Baum- und Buschstreifen, Einzelbäume oder Gebüsch- und Baumgruppen. Es wächst also viel Holz in schönen Landschaften.
Bei der Landschaftspflege fallen grosse Holzmengen an: meistens Laubholz mit einem hohen Anteil von Astmaterial und Rinde. Das Sortiment eignet sich kaum für die Herstellung von Brettern oder Balken, sondern fast ausschliesslich für die energetische Nutzung.
Wärme für 100‘000 Wohnungen
Eine Studie der Bundesämter für Energie und für Umwelt aus dem Jahr 2009 schätzt das nachhaltig nutzbare Potenzial an Landschaftsholz auf rund 700‘000 Kubikmeter (Festmeter) pro Jahr ein. Diese Menge könnte bei nachhaltiger Bewirtschaftung jedes Jahr als Energieholz Verwendung finden.
Genutzt werden jedoch lediglich etwa 300‘000 Kubikmeter, davon gut 50 000 Kubikmeter als Stückholz, meist im ländlichen Raum für Kachelöfen und Stückholzkessel. Der grössere Teil – knapp 250‘000 Kubikmeter – wurden 2021 zu 700‘000 Kubikmetern Holzschnitzeln verarbeitet und in dafür geeigneten Anlagen genutzt.
Quelle: Christian Peter, Energie Münchwilen AG
Bei der Landschaftspflege fallen grosse Holzmengen an: meistens Laubholz mit Astmaterial und Rinde.
Wertvolle Energie
Die Qualität des Landschaftsholzes bedingt eine Anlagentechnik, die mit dem hohen Feinanteil, den Ästen, der Rinde, der heterogenen Zusammensetzung und der oft hohen Feuchtigkeit des Materials zurechtkommt. Bestehenden Anlagen stellen oft hohe Anforderungen an die Schnitzelqualität. Sie sind nicht in der Lage, Landschaftsholz zu nutzen.
Es braucht dafür regelrechte «Allesfresser»: robuste Vorschubrostfeuerungen mit einer Leistung ab etwa 300 Kilowatt kommen in Frage. Einige hundert zusätzliche solcher «Allesfresser» sind in der Schweiz nötig, um das Landschaftsholz nachhaltig energetisch zu nutzen. Sie sollten so schnell wie möglich gebaut werden.
Beispiel Münchwilen
Wie die Nutzung von Landschaftsholz in der Praxis erfolgreich umsetzbar ist, zeigt Christian Peter mit dem Wärmeverbund Murgtal im thurgauischen Münchwilen. 2013 gründeten Priska und Christian Peter sowie Bruno Wick die Energie Münchwilen AG und betreiben heute drei Heizzentralen mit Wärmenetzen: Seit 2014 den Wärmeverbund Münchwilen, seit 2017 den Wärmeverbund Eschlikon und seit 2020 den Wärmeverbund Murgtal, der überwiegend mit Landschaftsholz versorgt wird.
Das Holz für den Verbund Murgtal liefert grösstenteils ein Unternehmer, der Spezialholzerei sowie Garten- und Landschaftspflege betreibt. Zudem befindet sich neben der Heizzentrale ein Abladeplatz, an dem Gartenbaufirmen und Private ihr Holz anliefern können. Der Platz ist offen und unbeaufsichtigt, die Qualität des angelieferten Holzes ist deshalb manchmal sehr schlecht. Trotzdem ist es ein wertvoller, einheimischer, erneuerbarer und klimafreundlicher Brennstoff.
Holzenergie Schweiz
Der Branchenverband Holzenergie Schweiz betreibt seit 1979 einen professionellen Informations- und Beratungsdienst und setzt sich bei Behörden und Entscheidungsträgern ein. www.holzenergie.ch
Nachgefragt… bei Christian Peter
Quelle: Christian Peter, Energie Münchwilen AG
Christian Peter ist Landwirt und ins Energiegeschäft eingestiegen.
Herr Peter, woher bezieht der Wärmeverbund Murgtal sein Landschaftsholz und wie ist die Versorgung organisiert?
Hauptlieferant ist das Unternehmen Wick Baumpflege in Zuzwil aus dem Bereich Spezialholzerei, Garten- und Landschaftspflege. Zudem liefern verschiedene Gartenbaubetriebe und Private ihr Holz direkt auf unseren Abladeplatz. Sobald der Platz voll ist, bestellen wir einen Unternehmer, der uns das Holz hackt. Die Verschiebung in den Schnitzelsilo erledige ich selbst mit dem Kipper. Das Holz stammt aus der Region, aber auch aus weiter entfernt liegenden Orten.
Verursacht die Verbrennung von Landschaftsholz einen vergleichsweise höheren Aufwand? Braucht der Heizkessel besondere Eigenschaften, damit Landschaftsholz verbrannt werden kann?
Das Holz ist aufgrund seiner Qualität und hohen Feuchte ein anspruchsvoller Brennstoff. Der bei uns installierte Kessel hat zum Glück keine Probleme bei der Verbrennung. Ich bin für die Wartung und den Pikettdienst verantwortlich und freue mich, dass wir seit der Inbetriebnahme 2020 nur sehr wenige Störungen zu verzeichnen haben. Bei der Ausschreibung des Projekts sind uns potenzielle Kessellieferanten abgesprungen, als sie die Qualität des Holzes gesehen haben. Man muss die Besonderheiten des Landschaftsholzes schon gut kennen, wenn man einen Kessel bauen will, der daraus störungsfrei und zuverlässig Wärme erzeugen kann.
Sie betreiben mit Ihrer Firma Energie Münchwilen AG noch zwei weitere Wärmeverbünde in Münchwilen und Eschlikon. Ist das Wärmegeschäft Ihre Haupttätigkeit?
Hauptberuflich arbeite ich als Landwirt. Mit den Wärmeverbünden sind wir in den letzten zehn Jahren zunehmend ins Energiegeschäft eingestiegen. Meine ursprüngliche Motivation war das Bedürfnis, für das in meinem eigenen Wald anfallende Holz bessere Absatzmöglichkeiten zu schaffen. Das ist uns sehr gut gelungen.