Umstrittener Abriss auf dem Damm von Melide
Wer in den Tessin und nach Italien fährt, kommt an der „Romantica“ nicht vorbei. Die herrschaftliche Villa mit ihrer wechselvollen Geschichte, die zuletzt als über die Grenze bekanntes Dancing für Furore gesorgt hatte, steht mitten auf dem Seedamm von Melide. Dieser Tage wurde sie endgültig zum Abriss freigegeben.
Das Luganese verliert ein charakteristisches Baudenkmal: Die herrschaftliche Villa Galli wurde Anfang des 18. Jahrhunderts auf der Landzunge vor Melide errichtet und im 19. Jahrhundert modernisiert und erweitert. Kurz darauf baute Ingenieur Pasquale Lucchini die Landzunge 1848 zum Seedamm und zur Verkehrsader aus, die Norden und Süden über den Luganersee hinweg verbindet. 1951 wurde die Villa schliesslich in ein Tanzlokal umgewandelt, dass weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt war, einst amüsierten sich hier auch Filmstars wie Clark Gable.
Der Abriss des Gebäudes ist im Sotto Ceneri höchst umstritten. Nicht nur der Heimatschutz, auch die Politik hat sich um ihren Erhalt bemüht. Zuletzt scheiterte der Versuch des Gemeinderats von Melide am Gemeindeparlament, den Abriss der charakteristischen Villa durch das Angebot eines alternativen Seegrundstückes für den Bau eines Hotels zu verhindern. Ganz aufgegeben hat der Heimatschutz allerdings noch nicht: „Wir werden uns in den kommenden Tagen beraten, wie es weitergehen könnte“, sagte der Vizepräsident der Tessiner Sektion des Heimatschutzes, Benedetto Antonini, gegenüber der SDA.
In Bezug auf die Zerstörung alter Bausubstanzen sorgt die Gemeinde Melide nicht zum ersten Mal für Diskussionen. Unlängst erregte der Abriss der Villa Blanca die Gemüter nicht nur im Tessin. Dieser 1900 als Weinkellerei errichtete und 1910 vom Architekten Americo Marazzi zu einem Wohnhaus ausgebaute Prachtsbau weicht einem langgezogenem Gebäude mit 49 Wohnungen im gehobenen Segment, alle mit garantierter Balkonseesicht.
Das Ende steht bevor
Gemäss verschiedenen Tessiner Medien kann die Besitzerin, die ausländische Gesellschaft Stott Limited, mit dem Abriss sofort beginnen. Vertreten wird die Besitzerin durch das Bauunternehmen Mabetex des kosovarisch-schweizerischen Politikers und Unternehmers Behgjet Pacolli. - Bei den Unterlegenen macht sich auch Enttäuschung über das fehlende Engagement des Tessiner Regierungsrates breit. Dieser wollte sich nicht in das Geschäft, das in der Zuständigkeit der Gemeinde Melide liegt, einmischen - wohl auch weil er hohe Entschädigungskosten befürchtete.
Ob nun ein Hotelkomplex errichtet werden soll, bzw. ob die Pläne noch aktuell sind, wusste der Gemeindesekretär von Melide Alfio Vananti nicht zu sagen. Neue Anträge lägen nicht vor. Auch die Firma Mabetex gibt sich bedeckt. Vor fünf Jahren war auch von einem 17,5 Meter hohen Kubus mit 14 Luxussuiten die Rede. (mai)