Treibhausgasemissionen: Der Gebäudesektor, ein Musterschüler?
Die Treibhausgasemissionen haben in der Schweiz in den letzten Jahren gesamthaft abgenommen. Während sie im Gebäude- und im Industriesektor mit 26 beziehungsweise 17 Prozent deutlich gesunken sind, sind sie im Verkehr um vier Prozent angestiegen. Dies geht aus dem Treibhausgasinventar des Bundesamts für Umwelt (Bafu) für das Jahr 2015 hervor. Allerdings zeigt das Inventar auch, dass die Emissionen noch immer über dem Stand von 1990 liegen.
Total beliefen sich die Emissionen 2015 auf 48.1 Millionen Tonnen Co2-Äquivalenten (CO2-eq). Das sind rund 0.6 Millionen Tonnen weniger als im Vorjahr. Zusätzlich hat das Bafu überprüft, ob die für das Jahr 2015 festgelegten Zwischenziele bei den Emissionsverminderungen in den Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr erreicht worden sind.
Sauberer Gebäude- und Industriesektor?
Der Gebäudebereich ist in dieser Hinsicht ein Musterschüler: Hier betrugen die Treibhausgasemissionen 12,7 Millionen Tonnen CO2eq, das sind 26 Prozent weniger als 1990. Damit hat dieser Sektor das Zwischenziel von -22 Prozent für 2015 erreicht. Die Gebäudeemissionen hätten seit 2005 eine sinkende Tendenz ausgewiesen, die den umgesetzten Massnahmen zu verdanken sei, schreibt das Bafu in seiner Medienmitteilung. Es verweist darauf, dass die Schwankungen im Jahresverlauf beträchtlich sind, was auf die Wetterverhältnisse im Winter und den damit zusammenhängenden Heizbedarf zurückzuführen sei. Laut Bafu zeigen diese Schwankungen, dass der Gebäudesektor nach wie vor stark von fossilen Energieträgern abhängt und dass der milde Winter 2015 zumindest teilweise dazu beigetragen hat, dass das Zwischenziel erreicht werden konnte.
Die Emissionen des Industriesektors beliefen sich auf 10,7 Millionen Tonnen CO2-eq. Dies entspricht einem Minus von 17 Prozent gegenüber 1990. Damit wird das Zwischenziel von -7% für 2015 vom Sektor deutlich erreicht. Die Entwicklung der Industrieemissionen ist seit 2006 rückläufig. Das Bafu führt dies auf die klimapolitischen Massnahmen zurück. Grund für den markanten Rückgang im 2015 sind laut Bafu strukturelle Effekte wie die Einstellung des Betriebs einer Raffinerie und sinkende Emissionen im Zuge der geringeren Zementproduktion.
Verkehr erreichte Zwischenziel nicht
Im Verkehr stiegen die Emissionen bis 2008 auf ein Niveau an, das 13 Prozent über dem Stand von 1990 lag. Seit 2008 nehmen sie zwar im Zuge der deutlich rückläufigen CO2-Emissionen pro gefahrenen Kilometer ab. Doch dieser Trend grösstenteils durch die Zunahme der zurückgelegten Kilometer aufgehoben. Die 2015 gegenüber dem Vorjahr deutlich gesunkenen Emissionen begründet das Bafu mit der Entwicklung des Tanktourismus in der Schweiz, der nachdem die Nationalbank die Aufhebung des Schweizer-Franken-Mindestkurses gegenüber dem Euro beschlossen hatte zum Erliegen gekommen ist.
Zudem verweist das Bafu darauf, dass die seit 2014 von den Treibstoffimporteuren durchgeführten Projekte zur Kompensation der CO2-Emissionen aus dem Verkehr vor allem zu Emissionsreduktionen in den anderen Sektoren führen - mit Ausnahme der Beimischung von Biotreibstoffen zu den fossilen Treibstoffen. Die Auswirkungen dieser Massnahme sind jedoch gering. So betrugen die Emissionen des Verkehrssektors im 2015 15,4 Millionen Tonnen CO2eq, 4% über dem Wert von 1990. Der Sektor hat damit sein Zwischenziel verfehlt. Dieses hatte für 2015 eine Stabilisierung der Emissionen auf dem Stand von 1990 vorgesehen.
Überdies hat das Bafu eine erste Schätzung abgegeben, was das die Frage anbelangt, ob das Emissionsreduktionsziels von -20 Prozent für das Jahr 2020 erreicht werden kann. Laut Bafu ist dies nur möglich, wenn die Voraussetzungen stimmen. Das heisst, wenn sich die Einflussfaktoren der Emissionen günstig entwickeln und die Werte damit am unteren Rand der Schätzung zu liegen kommen. Ginge man hingegen von einem mittleren Wert der Bandbreite der Schätzungen aus, so würde das Ziel um 1,6 Millionen Tonnen CO2-eq verfehlt. - Die Schätzung des Treibhausgasausstosses sei jedoch mit einer Unsicherheitsmarge von ungefähr vier Millionen Tonnen CO2eq behaftet. (mai/mgt)