Kostenstudie: Atomkraftwerke-Stilllegung kostet 23 Milliarden Franken
Die Stilllegung und der Rückbau der Schweizer Atomkraftwerke (AKW) inklusive der Entsorgung aller Abfälle kosten 23 Milliarden Franken. Zu diesem Schluss kommt der AKW-Betreiberverband Swissnuclear in ihrer aktuellen Kostenstudie. Die Schweizerische Energiestiftung reagierte mit scharfer Kritik.
Quelle: distelAPPArath, Pixabay-Lizenz
Kühltürme eines AKW. (Symbolbild)
Die Swissnuclear veröffentlicht alle fünf Jahre eine Kostenstudie, im Auftrag der Verwaltungskommission der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds (Stenfo). Dabei fliessen jeweils aktuelle Erkenntnisse ein, heuer aus der Stilllegung des Kernkraftwerks Mühleberg BE und aus den geologischen Untersuchungen der Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle). - Nach ihrer Einreichung wird die Studie vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi, unabhängige Kostenprüfer sowie den Stenfo-Gremien überprüft.
Gemäss Studie sind die Gesamtkosten um 1,1 Milliarden Franken respektive um 4,5 Prozent tiefer als in der letzten Studie von 2016, in der sie mit 24,2 Milliarden Franken veranschlagt gewesen sind.
Gesunken sind gegenüber 2016 auch die Stilllegungskosten um drei Prozent auf 3,7 Milliarden. Den Grund dafür sieht man bei der Swissnuclear darin, dass die Erfahrungen aus der Stilllegung des Atomkraftwerks Mühleberg gezeigt haben, dass sich Nachbetriebsarbeiten und Stilllegungsarbeiten auch parallel ausgeführen lassen.
Geringere Entsorgungskosten wegen Optimierungen
Die Entsorgungskosten sind sogar um fünf Prozent gesunken gegenüber den Berechnungen von 2016 und betragen beim Bau von je einem Lager für schwach- und hochaktive Abfälle an zwei unterschiedlichen Standorten neu 19,4 Milliarden Franken. Gesunken sind sie laut Swissnuclear, weil das Verfüll- und Versiegelungskonzept weiterentwickelt und die Zugangsbauwerke und Verpackungsanlagen optimiert wurden.
Von den Gesamtkosten sind 7,5 Milliarden Franken bereits bezahlt und weitere 8,9 Milliarden Franken in den Fonds sichergestellt, wie der Swissnuclear-Studie zu entnehmen ist. Knapp drei Viertel der Gesamtkosten sind somit laut Swissnuclear ausfinanziert. An Kapitalerträgen aus dem Fondsvermögen werden noch 4,9 Milliarden Franken erwartet.
Schweizerische Energiestiftung kritisiert Kostenstudie
Die Swissnuclear musste bereits heftige Kritik von der Schweizerischen Energiestiftung einstecken: Die Atomkraftwerke-Betreiber „wälzen die noch immer hohen Kostenrisiken auf die Allgemeinheit ab“, twitterte die Stiftung heute.
https://twitter.com/energiestiftung/status/1443852351136276481
Würden die Risiken verursachergerecht berücksichtigt, müssten die Kosten deutlich ansteigen statt zu sinken, schreibt die von privaten Spendengeldern finanzierte Stiftung in ihrer aktuellen Medienmitteilung. Der Zuschlag, um eine zu optimistische Kostenschätzung abzufedern, sei gemäss international vergleichbaren Bauprojekten viel zu tief, und unerwartete Ereignisse würden nicht in den Kosten berücksichtigt.
Ausserdem sei es mit einer absichtlichen Insolvenz in Form von Atomkraftwerken, die als separate Gesellschaften organisiert sind, nach wie vor möglich, dass die Eigentümerkonzerne späteren Beitragserhöhungen und der gesetzlichen Nachschusspflicht und Solidarhaftung entgehen. Und zudem sei die im Entsorgungskonzept vorgesehene Langzeitbeobachtung nach dem Verschluss der Endlager in den Kosten nicht berücksichtigt. (sda/mai)