08:29 BAUBRANCHE

Swiss Arc Award 2024 – wenn Architektur Zukunft gestaltet

Teaserbild-Quelle: Simon Rüeger

Wie begegnet die Schweizer Architektur den Herausforderungen unserer Zeit? Diese zentrale Frage prägte die Swiss Arc Award Night am 23. Oktober 2024 im Trafo Baden. Angesichts der Herausforderungen, vor denen die Baubranche steht, kamen führende Architekt*innen und Planer* innen der Schweiz zusammen, um nicht nur herausragende Projekte zu würdigen, sondern auch den Diskurs über die Zukunft unserer gebauten Umwelt zu gestalten.

Swiss Arc Award Preisverleihung 2024

Quelle: Simon Rüeger

Alle Gewinner*innen, Juror*innen, Sponsoren und die Redaktion beim Abschlussbild auf der Bühne.

Von Nina Farumand

«Es braucht das Spiel zwischen Utopie und Realität»

Können wir es uns noch leisten, Architektur isoliert zu betrachten? Die prämierten Projekte zeigen: Das Spektrum hat sich erweitert. Der Swiss Arc Award 2024 offenbarte die zukunftsweisenden Trends in der Schweizer Architektur. Im Mittelpunkt standen Projekte, die kreative Antworten auf aktuelle Herausforderungen liefern. Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft dominierten viele der ausgezeichneten Arbeiten. Innovative Konzepte zeigten, wie Gebäude als Rohstoffquellen für zukünftige Bauprojekte dienen können. Gleichzeitig würdigte die Jury Projekte, die bestehende Strukturen kreativ umnutzen und aufwerten und so den Bezug zwischen Vergangenheit und Zukunft herstellen. 

Im Wohnungsbau beispielsweise spüren wir, wie sich die Gesellschaft verändert: Neue Wohn- und Arbeitskonzepte reagieren auf sich wandelnde gesellschaftliche Bedürfnisse, indem sie Gemeinschaft und Flexibilität in den Fokus rücken. Im Bereich der Stadtentwicklung zeichneten sich Entwürfe aus, die ganze Quartiere als integrierte, CO2-neutrale Ökosysteme betrachten. Materialinnovation und die kluge Nutzung lokaler Ressourcen bildeten einen weiteren Schwerpunkt. Die ausgezeichneten Arbeiten demonstrierten, wie traditionelle Baustoffe neu interpretiert und mit moderner Technologie verbunden werden können. Der Swiss Arc Award 2024 zeigte eine Architekturszene, die aktiv nach Lösungen für eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft sucht und diese in gebaute Realität umsetzt.

Swiss Arc Award Preisverleihung 2024

Quelle: Simon Rüeger

Swiss Arc Award-Gala 2024 – Auszeichnungen für die Besten in neun Kategorien.

Swiss Arc Award Preisverleihung 2024

Quelle: Simon Rüeger

Senior Partner Ascan Mergenthaler nahm die Auszeichnung für Herzog & de Meuron entgegen.

Ein Blick auf die prägenden Projekte der Gegenwart

Was macht den Swiss Arc Award besonders relevant? Mit 397 Einreichungen stellte sich die Fachjury der anspruchsvollen Aufgabe, jene Projekte zu identifizieren, die nicht nur ästhetisch überzeugen, sondern auch zukunftsweisende Antworten auf drängende architektonische und gesellschaftliche Fragen liefern. Die Einführung des Lifetime Achievement Awards unterstreicht dabei den Anspruch, nicht nur einzelne Bauten, sondern auch das Werk prägender Architekt*innen zu ehren. Die Jury würdigt damit eine wegweisende gestalterische Haltung und ein herausragendes architektonisches Gesamtwerk.

Die Rolle der Architekturhochschulen im Wandel 

Können Architekturhochschulen als Beschleuniger für Innovationen dienen? Die Neuausrichtung der Kategorie Next Generation gibt darauf eine eindeutige Antwort. Statt einzelner studentischer Arbeiten wurden erstmals herausragende Entwurfsstudios Schweizer Architekturhochschulen ins Zentrum gerückt. Welche Rolle spielen diese akademischen Labors für die Zukunft der Architektur? Als Orte, an denen radikaleres Denken nicht nur erlaubt, sondern erwünscht ist, werden sie zu Ideenschmieden für die kommende Generation von Architekturpraktizierenden.

Swiss Arc Award Preisverleihung 2024

Quelle: Simon Rüeger

Doppelte Ehrung für Gion A. Caminada – Auszeichnungen fürs Lebenswerk und das Hotel Maistra 160.

Sieger der Typologischen Kategorien und Spezialkategorien


Wohn- und Atelierhaus Lyse-Lotte, Basel

  • Kategorie: Wohnen
  • Clauss Kahl Merz + Martina Kausch Architektinnen

In einer Zeit, in der die Debatte um bezahlbaren Wohnraum oft auf rein quantitative Faktoren reduziert wird, stellt sich die Frage: Wie wollen wir zusammenwohnen? Das Projekt Lyse-Lotte bringt einen frischen Impuls in die Diskussion. Es zeigt, dass Wohnqualität nicht in Quadratmetern gemessen werden kann, sondern in der Fähigkeit eines Gebäudes, sich dynamisch den wandelnden Bedürfnissen seiner Bewohner*innen anzupassen und gleichzeitig eine lebendige Gemeinschaft zu fördern. Das Gebäude wird zur Bühne für die Menschen, die es bewohnen – eine «Wohnmaschine» im besten Sinne. Die Jury hat mit ihrer Entscheidung ein deutliches Zeichen gesetzt: Die Zukunft des Wohnens liegt in der Kombination aus sozialer Innovation und flexibler Architektur.

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Aarebrücke Pont Neuf, Aarau

  • Kategorie: Arbeit, Produktion und Infrastruktur
  • Christ & Gantenbein + WMM Ingenieure + Henauer Gugler 

Kann eine Brücke mehr sein als nur Infrastruktur? Die «Pont Neuf» in Aarau beweist es. Auf 119 Metern Länge überspannt die elegante Betonkonstruktion die Aare. Ihre ovalen Aussparungen über den Auflagern schaffen nicht nur technische Effizienz, sondern auch faszinierende Sichtbezüge. Der Planergemeinschaft um Christ & Gantenbein ist ein wahrhaft städtischer Raum gelungen – eine Promenade, die sich nahtlos ins Stadtbild einfügt und beispielhaft zeigt, was Baukultur bedeutet. Ein Bauwerk, das über pure Funktion hinausgeht und als identitätsstiftender Stadtbaustein den öffentlichen Raum bereichert.

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Powerhouse Arts, New York 

  • Kategorie: Bildung & Gesundheit
  • Herzog & de Meuron

Wie gelingt der Spagat zwischen Industriedenkmal und zukunftsweisendem Kunstzentrum? Das Powerhouse Arts liefert eine überzeugende Antwort und überzeugte damit die Jury. Herzog & de Meuron transformierten ein historisches Kraftwerk in ein dynamisches Kunstzentrum. Der Bestand wurde mit minimalen Eingriffen behutsam saniert, während der Erweiterungsbau trotz äusserer Ähnlichkeit einen völlig neuen Ansatz verfolgt. Die Jury würdigt besonders den konzeptionellen Spagat zwischen Erhalt und Innovation. Das Projekt zeigt exemplarisch, wie historische Industriebauten zeitgemäss umgenutzt werden können, ohne ihre Identität zu verlieren. Gleichzeitig schafft es einen wichtigen kulturellen Ankerpunkt in einem sich wandelnden Stadtteil.

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Hotel Maistra 160, Pontresina

  • Kategorie: Freizeit & Lifestyle
  • Gion A. Caminada 

 Kann ein Gebäude, das auf den ersten Blick eher luxuriös als nachhaltig wirkt, neue Massstäbe für umweltbewusstes Bauen setzen? Gion Caminadas Hotel, Sieger in der Kategorie Freizeit & Lifestyle, zeigt, dass dies kein Widerspruch sein muss. Der kubische Bau vereint traditionelle Elemente mit modernem Design und überrascht mit seinem Nachhaltigkeitskonzept. Die vielschichtige Fassade, die Anleihen an japanische Holzkunst und die Architektur Otto Wagners nimmt, besteht aus Natursteinpfeilern und Betonelementen. Das Projekt besticht durch präzises Handwerk und subtile Ästhetik. Seine Nachhaltigkeit zeigt sich in der Verwendung regionaler Ressourcen, Naturstein als tragende Konstruktion und langlebigen Werkstoffen. So liefert es neue Impulse für zeitgemässes, Bauen in den Alpen, das über oberflächliche Öko-Ästhetik hinausgeht.

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Kunsthaus Baselland, Münchenstein

  • Kategorie: Freizeit & Lifestyle
  • Buchner Bründler Architekten

Wie wird aus einer schlichten Lagerhalle ein faszinierender Kunstort? Auf dem Dreispitz-Areal in Basel zeigt ein aussergewöhnlicher Umbau, wie Alt und Neu harmonisch verschmelzen können. Drei markante Betonstelen weisen den Weg zum neuen Kunsthaus, das in seiner Transformation Vergangenheit und Zukunft gekonnt verbindet. Die ehemalige Industriehalle wurde sensibel umgestaltet: Betonprismen durchbrechen die bestehende Stahlkonstruktion des Daches und schaffen ein überraschend komplexes Raumgefüge. Das Ergebnis ist ein Kulturraum von beeindruckender Ruhe und Grosszügigkeit. Ein Umbau, der Geschichte bewahrt und zugleich die Zukunft gestaltet.

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Fabrik Bühler Areal, Illnau-Effretikon

  • Kategorie: Transformation
  • RWPA

Die Transformation der letzten Schweizer Spinnerei in Winterthur begeistert durch den innovativen Umgang mit Nachhaltigkeit und Flexibilität. Das Projekt überzeugte die Jury mit seinem konsequenten Fokus auf Suffizienz und kreativen Re-Use. Die 136 Meter lange Fabrikanlage wurde in flexible Geewrberäume umgewandelt, wobei vorhandene Strukturen und Bauteile geschickt integriert wurden. Besonders beeindruckt die Balance zwischen Alt und Neu: Von wiederverwendeten Fassadenelementen bis hin zu Leuchten aus alten Stahlprofilen zeigt sich hier echte Innovationskraft. Der Bau lotet die Grenzen nachhaltiger Architektur aus und schafft ein harmonisches Gesamtwerk, das Vergangenheit und Zukunft gekonnt verbindet.

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Gion A. Caminada

  • Kategorie: Lifetime Achievement

Verantwortungsvolles Bauen gewürdigt – der Bündner Architekt Gion A. Caminada erhielt den neu ins Leben gerufenen Lifetime Achievement Award. In Zeiten von Klimakrise und Ressourcenknappheit zeigt sein Werk einen Weg in die Zukunft. Caminada zelebriert Schweizer Baukunst durch die Symbiose aus lokalem Handwerk, traditionellen Materialien und innovativen Raumlösungen. So entstehen Bauten, die sowohl ökologischen als auch ökonomischen Anforderungen gerecht werden. Von der stiva da morts in Vrin bis zum Mehrfamilienhaus in Valendas mit seinen adaptiven Temperaturzonen – Caminadas Bauwerke sind Lehrstücke für eine Architektur, die Verantwortung übernimmt.

Interview mit Gion A. Caminada


Salle communale, Bussy-sur-Moudon

  • Publikumspreis
  • Emixi Architectes

Ein Phönix aus der Asche: So lässt sich das neue Gemeindezentrum am besten beschreiben. Entworfen von Emixi Architectes, hat es den Publikumspreis 2024 mit grossem Vorsprung für sich entschieden. Der Grund? Es verkörpert perfekt die Wiedergeburt eines gesellschaftlichen Ortes. Nach einem verheerenden Brand im Jahr 2019 haben die Architekt*innen ein beeindruckendes Bauwerk geschaffen, das Geschichte und Moderne vereint. Der Holzbau auf mineralischem Sockel fügt sich harmonisch in die Umgebung ein, während lokale Materialien den nachhaltigen Ansatz betonen. Das Projekt zeigt eindrucksvoll, wie Architektur Gemeinschaft, Nachhaltigkeit und Solidarität fördern kann – Werte, die das Publikum offensichtlich besonders schätzt.

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Constructive Futures – Beyond Concrete and Keeping What’s Good

  • Kategorie: Next Generation
  • FHNW Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik 

 Die FHNW gewann den Swiss Arc Award Next Generation für ihr zukunftsweisendes Programm «Beyond Concrete und Keeping What's Good». In Zeiten multipler Krisen setzt die Hochschule neue Massstäbe in der Architekturausbildung. Über zwei Semester hinweg arbeiteten alle Beteiligten des Instituts Architektur an nachhaltigen Lösungen für die Baubranche. Von Ressourcenschonung über Bestandserhalt bis hin zu innovativen Materialkonzepten – die FHNW beleuchtet alle Aspekte zukunftsfähigen Bauens. Besonders überzeugte die Jury das kollektive Engagement und die vorurteilsfreie, ganzheitliche Herangehensweise. Die erarbeiteten Ansätze verbinden Effizienz mit Ästhetik und sozialen Werten. Damit ebnet das Projekt den Weg für eine neue Ethik und ästhetische Architektur – eine echte Chance für eine nachhaltige Baukultur.

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Herausragende Bauten und zweifache Ehrung für Gion A. Caminada 

Bei der mit Spannung erwarteten Preisverleihung wurden die besten Bauten in insgesamt sechs Kategorien von der Fachjury ausgezeichnet. Die namhafte Jury – bestehend aus Roger Boltshauser, Manuel Herz, Ludovica Molo und Dominique Salathé – setzte mit ihrer sorgfältigen Auswahl Massstäbe für exzellente Architektur. Moderatorin Susanne Kunz führte charmant und zweisprachig durch den Abend. In prägnanten Interviews erläuterten die Jurymitglieder die spezifischen Qualitäten der prämierten Projekte in den jeweiligen Kategorien. Ergänzend dazu verlieh der Publikumspreis, der von der Leserschaft von Swiss Arc bestimmt wurde, der Veranstaltung eine zusätzliche demokratische Note. 

Swiss Arc Mag-Chefredaktor Jørg Himmelreich und Redaktor Valentin Oppliger standen für Fragen zu dieser besonderen Kategorie zur Verfügung. Spannende Videos und Interviews zu den prämierten Projekten ermöglichten den Gästen während der Preisverleihung intensive Einblicke in die ausgezeichneten Arbeiten. Als besonderer Höhepunkt des Abends erwies sich die zweifache Ehrung von Gion A. Caminada: Neben dem Lifetime Achievement Award überzeugte er die Jury auch in der Kategorie Freizeit & Lifestyle mit dem Hotel Maistra 160 in Pontresina. Die globale Bedeutung der Schweizer Architektur wurde durch den Erfolg von Herzog & de Meuron mit dem Powerhouse Arts in New York unterstrichen – ein Leuchtturmprojekt, das nicht nur in der Kategorie Bildung & Gesundheit ausgezeichnet wurde, sondern auch eindrucksvoll zeigt, wie Schweizer Architekturkompetenz international neue Massstäbe im sensiblen Umgang mit historischer Bausubstanz setzt.

Lebendiger Austausch

Der Swiss Arc Award hat sich als Highlight der Schweizer Architekturszene etabliert. Mehr als nur eine Preisverleihung verbindet die Gala Innovation mit Networking in einem einzigartigen Ambiente. Der Abend begann mit einem einladenden Empfang, gefolgt von der feierlichen Verleihung. Die Präsentation der Shortlistprojekte auf Fotowänden brachte nicht nur Atmosphäre in den Raum, sondern bot Gelegenheit, die nominierten Projekte in aller Ruhe zu studieren und die kreativen Details hinter den Entwürfen zu entdecken. 

Im Anschluss verwandelte sich die Halle 37 in einen lebendigen Treffpunkt für über 500 Fachleute aus der Branche. Kulinarische Genüsse reichten von Gourmet-Burgern bis zum raffinierten Apéro Riche. Zum Abschied erhielt jeder Gast einen prall gefüllten Goodie-Bag mit dem druckfrischen Swiss Arc Award Mag, das alle nominierten und prämierten Projekte ausführlich vorstellt. Die Swiss Arc Award Night inspiriert und gestaltet aktiv die Zukunft der Schweizer Architektur im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation mit.

Swiss Arc Award

Im Swiss Arc Award Mag 2024–6 werden alle prämierten Projekte und die gesamte Shortlist vorgestellt. Lösen Sie hier ein Abo! 

 Mehr Infos zum Arc Award, der Preisverleihung und den Siegerprojekten gibt es auf der Swiss Arc Award-Unterseite.

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