Studie: Wenn wegen Autobahnanschlüssen Immobilienpreise steigen
Erhalten Gemeinden einen Autobahnanschluss, steigt dort die Zahl der wohlhabenden Haushalte stärker als jene von Geringverdienern. Dies treibt wiederum Grundstücks- und Immobilienpreise in die Höhe, was arme Haushalte unverhältnismässig stark belastet.
Das zeigt eine Studie, für die ein Team um den Wirtschaftswissenschaftler Frédéric Robert-Nicoud von der Universität Genf die Auswirkungen des Ausbaus von Nationalstrassen zwischen den Jahren 1950 und 2010 für 2480 Schweizer Gemeinden erfasst hat. Die Forscher stützten sich dabei auf Steuerdaten, Volkszählungen, Haushaltsausgaben und auf Daten des Bundesamts für Verkehr (BAV). Demnach stieg die Zahl der Haushalte bei besserer Verkehrsanbindung in den Gemeinden generell um 14 Prozent.
Zudem macht die Studie deutlich, dass Ortschaften mit attraktiveren Pendlerwegen insbesondere für Besserverdienende interessant sind. Denn die Forscher fest, dass der Bau eines Autobahnanschlusses langfristig die Einkommensstruktur der Gemeinde veränderte: Der Anteil von Steuerzahlern mit hohem Einkommen nahm um 24 Prozent zu, derjenige von Steuerzahlern mit tiefem Einkommen nahm hingegen um 8 Prozent ab, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „The Economic Journal“ berichteten.
Bessere Durchmischung, höhere Immobilienpreise
„Wir sehen, dass der Anschluss an das Autobahnnetz zu einer besseren Durchmischung der Haushalte in diesen Gemeinden führt“, liess sich Robert-Nicoud in einer Mitteilung der Universität Genf zitieren. Der relative Anstieg der Zahl der wohlhabenden Haushalte lasse sich damit erklären, dass diese Personen das Auto stärker nutzten als ärmere Haushalte.
Die Studienautoren weisen aber auch auf die negativen Auswirkungen hin. So führe der auf einmal attraktive Standort dazu, dass Grundstücks- und Immobilienpreise steigen. Das belastet insbesondere die ärmsten Haushalte, weil sie etwa vierzig Prozent ihres Einkommens für Wohnen ausgeben. Bei den wohlhabendsten Haushalten sind es gemäss der Universität Genf nur 15 Prozent.
Zersiedlung wird verstärkt
Überdies verstärken bessere Verkehrsanbindungen die
Zersiedlung: Langfristig führe der Anschluss an das Autobahnnetz dazu, dass die
Bevölkerungszahl in den Ballungszentren um fast ein Drittel abnehme, so
Robert-Nicoud. Auch Arbeitsplätze verschieben sich aus Ballungsräumen. Letztendlich
seien die Gemeinden mit Autobahnanschluss für alle attraktiv geworden, so
Mitautor Raphaël Parchet von der Università della Svizzera italiana: „Aber es
sind die Wohlhabenderen, die am meisten profitiert haben.“ (sda/mai)