15:04 BAUBRANCHE

Schweizer Rechenzentren können 46 Prozent Strom einsparen

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Digitale Anwendungen nehmen zu und damit auch der Strombedarf, sowohl im privaten Alltag als auch in der Wirtschaft. In der Schweiz verbrauchten Rechentren und Serverräume im 2019 rund 2,1 Milliarden Kilowattstunden. Davon liesse sich etwa eine Milliarde einsparen. Dies zeigt eine vom Bundesamt für Energie und Energieschweiz in Auftrag gegebene Studie.

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Platine, Detail (Schmuckbild)

Der Stromverbrauch der schweizerischen Rechenzentren ist letztmals das Jahr 2013 erhoben. Damals lag er bei rund 1.7 Milliarden Kilowattstunden oder 1.7 Terawattstunden (TWh). Dies machte 2.8% des gesamten Stromverbrauchs der Schweiz aus. Für das Jahr 2019 weist die aktuelle Studie einen Stromverbrauch der Rechenzentren von 2.1 TWh aus oder 3.6% des Gesamtverbrauchs, was etwa einem Viertel der Jahresproduktion des Kernkraftwerks Gösgen ausmacht.

Gestiegenes Bewusstsein für Energieeffizienz-Massnahmen

Obwohl in der Schweiz seit 2013 einige neue Rechenzentren entstanden und in Betrieb gegangen sind, hat der Stromverbrauch nur moderat zugenommen. Dies zeigt die im Auftrag des BFE und Energie Schweiz von der Hochschule Luzern und der TEP Energy GmbH im erstellte Studie. Die Autoren begründen dies damit, dass bei Betreibern von Rechenzentren und Serverräumen das Bewusstsein für technische Energieeffizienzmassnahmen angestiegen ist. Dazu beigetragen hätten gezielte Förderprogramme, aber auch der Umstand, dass immer mehr Unternehmen ihre Rechenleistung an entsprechende Dienstleister  auslagern. Ausserdem läuft ein Teil des inländischen Datenzuwachses wie private Cloud-Daten, etwa Fotos und Videos, oder Socialmedia über ausländische Rechenzentren.

Eine weitere Ursache für die verhältnismässig geringe Zunahme sehen die Studienautoren in der neuen Erhebungsmethode, bei der die Daten direkt bei den Betreibern erhoben und mit statistischen Hochrechnungen ergänzt werden. Die Daten von 2013 und 2019 seien demnach nicht eins zu eins vergleichbar.  

Energiesparpotenzial bei Infrastruktur und IT

Dennoch orten die Autoren ein relativ umfangreiches Energiesparpotenzial, nämlich rund 46% des aktuellen Energieverbrauchs der Rechenzentren oder 0.96 TWh. Er kann vor allem in zwei Bereichen verringert werden, bei der Infrastruktur und im IT-Bereich.

Bei der Infrastruktur wird in der Studie  das Einsparpotenzial auf 408 Gigawattstunden (GWh) oder rund 20% des gesamten Stromverbrauchs der Rechenzentren geschätzt. Einsparungen sind möglich durch das Anheben der Systemraumtemperaturen, die Nutzung von Free-Cooling, die Trennung der Kalt- und Warmgänge oder durch die Einhausung der Serverracks. Solche Massnahmen werden vor allem von Rechenzentrendienstleistern bereits angewandt. Potenzial dürften somit hauptsäclich unternehmensinterne Rechenzentren und KMUs mit Serverräumen aufweisen, da ihnen der sogenannte PUE-Wert (Power usage effectiveness) und entsprechende Effizienzmassnahmen weniger bekannt sein dürften.

Im IT-Bereich liegt das Potenzial gemäss Studie bei 551 GWh oder rund 26% des Gesamtstromverbrauchs der Rechenzentren. Einsparungen lassen sich hier mittels energieeffizienter Speicher, höherer Auslastungen, mehr Virtualisierung oder Einsatz von effizienteren IT-Komponenten erreichen.

Die Studienautoren rechnen für die nächsten Jahre mit einem weiteren Anstieg des Stromverbrauchs der Rechenzentren. Er könnte von derzeit 2.1 TWh auf 2.7 bis 3.5 TWh oder sogar bis auf 4 TWh ansteigen. Ausgelöst wird dies durch die voranschreitende Digitalisierung durch Big Data, Industrie 4.0, das Internet der Dinge oder Cloud-Computing. Diese Anwendungen führen zu einem stark wachsenden Datenvolumen.

Zudem wird in der Studie darauf hingewiesen, dass sich grosse Cloud-Anbieter im Zuge der steigenden Sicherheits- und Datenschutzanforderungen der Schweizer Unternehmen in der Schweiz niederlassen.

Zuwachs in der Region Zürich und im Arc Lémanique

So zeigt eine weitere, ebenfalls im Auftrag von BFE und Energieschweiz von der „7pro solution AG“  erstellte Studie zu Bau- und Ausbauplänen von Rechenzentren in der Schweiz, dass in den kommenden Jahren mit einem deutliche Zuwachs IT-Leistung aus Rechenzentren zu rechnen ist. Dies betrifft vor allem den Grossraum Zürich und der Arc Lémanique. Allerdings sind in diesen Gebieten laut Studie die Kernzonen bereits ausgereizt, da je nachdem nicht genügend Land oder Energie verfügbar ist. Die übrigen Gegenden mit gewissen Konzentrationen – das heisst Basel, Bern, die Innerschweiz mit Luzern und Zug, das Tessin und die Ostschweiz – sind gemäss Studie weniger bedeutund und decken eher nur regionale Bedürfnisse ab.

Zudem halten die Autoren fest, dass es ein deutliches Wachstum vorhanden ist. Sowohl bezüglich Flächen als auch Leistung: Heute werden grosse Rechenzentren fünf bis zehn Mal grösser geplant als vor ein paar Jahren. Zudem sind auch mehr Projekte im Bau oder in Planung.

Bei einem Bezug all dieser Rechenzentren und bei einer hohen Auslastung müsse man mit mehr als einer Verdoppelung des Stromverbrauchs durch die Rechenzentren in der Schweiz in den nächsten fünf Jahren rechnen, heisst es im Vorwort. Die erhobenen Daten ergeben – abzüglich Doppelnennungen und Projekte, die nicht realisiert werden – eine installierte Gesamtleistung von 700 MW. Dafür kommen Projekte dazu, die noch nicht in die Studie einfliessen konnte.„Bei einer Prognose von 700MW und einer Auslastung von 40% ergibt das zusätzlich ca. 2’500 GWh.“ (mai/mgt)

Empfehlungen zum Ausschöpfen des Energieeffizienzpotenzials

Wird das in der Studie ausgewiesene Energieeffizienzpotenzial von insgesamt rund 46% des aktuellen Stromverbrauchs ausgeschöpft, liesse sich der Anstieg des Stromverbrauchs laut den Autoren zumindest dämpfen. Sie listen dazu verscheiedene Empfehlungen auf, mit denen der Bund zusammen mit Kantonen, Gemeinden und der Branche die Entwicklung positiv beeinflussen kann:

  • Bereitstellung von Information und Beratung für Unternehmen mit internen Rechenzentren.
  • Unterstützung der Kantone und Gemeinden durch den Bund, beispielweise bei der Erteilung von Baubewilligungen oder bei der Umsetzung des Grossverbraucherartikels.
  • Bereitstellung von Informationen sowie Aus- und Weiterbildungsangebote für Planer, Investoren und Betreiber von neuen und bestehenden Rechenzentren.
  • Unterstützung von freiwilligen Ansätzen wie beispielsweise das Effizienzlabel der Swiss Datacenter Efficiency Association (SDEA) oder durch das Förderprogramm für Energieeffizienz in Rechenzentren und Serverräumen PUEDA+ von ProKilowatt.
  • Für die Dekarbonisierung des Gebäudebereichs sollte bei der Planung von thermischen Netzen die Abwärme von Rechenzentren berücksichtigt werden.
  • Weitere freiwillige Massnahmen und auch normative Grundlagen sollten in Zusammenarbeit mit der Branche erarbeitet und umgesetzt werden, beispielsweise mit dem Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein SIA und der SDEA. Mittelfristig könnten solche Grundlagen auch in Neubauvorschriften einfliessen. (mgt/mai)


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