15:04 BAUBRANCHE

Studie: Platzsparender Wohnen in der Ostschweiz ist gefragt

Teaserbild-Quelle: Aysegul Yashi, Unsplash

Noch ist die Wohnungsnot in der Ostschweiz ein kleineres Thema als anderswo. Damit sich die Situation dereinst nicht doch zuspitzt, müsste der Verbrauch an Wohnfläche gesenkt werden. Nikola Vukovic und Raphael Dietrich haben in ihrer Masterarbeit an der Ostschweizer Fachhochschule (OST) den Ostschweizer Wohnungsmarkt genauer unter die Lupe genommen und festgestellt, dass viele Ostschweizerinnen und Ostschweizer bereit wären, ihre Wohnfläche zu reduzieren.

Tiny House mit Terrasse bei Nacht (Symbolbild)

Quelle: Aysegul Yashi, Unsplash

Wohnen auf kleinster Fläche: «Tiny Houses» stossen bei der Bevöllkerung zwar auf Interesse, für die befragten Investoren sind sie jedoch zu risikobehaftet

Insgesamt 46.6 Quadratmeter Wohnfläche wird in der Schweiz pro Person im Schnitt «verwohnt». In den Ostschweizer Kantonen ist es sogar noch mehr. «Die Schweizer Bevölkerung wohnt zu grosszügig», meinen Nikola Vukovic und Raphael Dietrich, Absolventen des MAS «Real Estate Management» an der Ostschweizer Fachhochschule (OST). Sie haben für ihre Masterarbeit den Ostschweizer Wohnungsmarkt unter die Lupe genommen und dazu eine quantitative Umfrage bei insgesamt 379 Personen in den Kantonen St.Gallen, Thurgau, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden durchgeführt.

Laut den beiden Studienautoren könnte der Wohnungsmarkt über eine Reduktion der Wohnfläche pro Person entlastet und so einer Wohnungsknappheit vorgebeugt werden. «In der Ostschweiz ist die Wohnungsknappheit noch kein Problem, wenn man jedoch nichts unternimmt, wird sich die Situation in Zukunft auch hier verschärfen», sagt Dietrich. 

Gibt es Möglichkeiten, Wohnflächen zur reduzieren?

Im Rahmen ihrer Masterarbeit haben Dietrich und Vukovic auch untersucht, ob es in der Ostschweiz Möglichkeiten gibt, Wohnflächen zu reduzieren. Die Umfrage zeigte, dass die Bereitschaft, auf weniger Fläche zu wohnen, vorhanden ist. «Wir haben erstaunlich viele Rückmeldungen erhalten, dass die Leute bereit sind, auf Flächen zu verzichten», so Dietrich. «Das hat uns überrascht, weil wir davon ausgegangen sind, dass die Leute nicht reduzieren wollen oder können.» So gaben 43 Prozent der befragten Personen an, dass sie auf Wohnfläche verzichten könnten, im Durchschnitt auf 15 Quadratmeter. Vor allem eine Aussage sei in der Umfrage immer wieder gefallen: «Eigentlich brauchen wir nicht so viel Fläche, sie ist halt da». 

Trotzdem nimmt der Wohnflächenkonsum in der Schweiz jedes Jahr zu. Wenn in den letzten 20 Jahren fünf neue Wohnungen gebaut worden seien, dann nur deshalb, weil die Schweizer Bevölkerung mehr Fläche beanspruche als notwendig, heisst es in der Medienmitteilung der OST. So wären von den 43 Prozent, die reduzieren würden, 81 Prozent bereit, auf mindestens einen Raum zu verzichten. Besonders häufig wurde das Gästezimmer oder der Hobbyraum genannt. «Das zeigt, dass viele Haushalte ihre Wohnfläche gar nicht vollständig nutzen», resümiert Vukovic. Es brauche aber Alternativen, wie beispielsweise ein zentrales Gästezimmer, das im Wohnblock unkompliziert mietbar wäre.

Weil die Wohnungsnot vor allem in den urbanen Zentren ein Problem ist,  fragten Vukovic und Dietrich in ihrer Studie auch nach der Bereitschaft, in ländlichere Regionen zu zügeln: Rund 95 Prozent der Teilnehmenden aus Ostschweizer Städten bereit wären, in weniger urbane Gebiete umzuziehen. Ein ähnliches Bild zeigte sich bei denjenigen aus ländlichen Gebieten: Auch sie wären bereit, in noch ländlichere Gebiete zu ziehen. «Die Befragten würden aber nicht ohne Bedingungen umziehen. Es müssten Anreize geschaffen werden, damit die Menschen aus den urbanen Zentren wegziehen», relativiert Dietrich. Anreize könnten günstige Mieten, niedrige Steuern sowie eine gute Strassen- und ÖV-Anbindung sein.

«Niemand gibt eine 4-Zimmer-Wohnung für 1000 Franken für eine kleinere Wohnung auf, die gleich viel oder mehr kostet»

An der Bereitschaft der Bevölkerung, in kleinere Wohnungen zu ziehen und ihre Wohnungen oder Häuser für grössere Haushalte freizugeben, mangelt es somit nicht. Allerdings fehlt es laut den Untersuchungen von Vukovic und Dietrich an kleinen Wohnungen, diese sind zudem oftmals nicht günstiger. «Niemand gibt eine 4-Zimmer-Wohnung für 1000 Franken für eine kleinere Wohnung auf, die gleich viel oder mehr kostet», so Vukovic.

Dieses Problem ist in der Immobilienbranche bekannt, wie die beiden MAS-Absolventen in ihren Experteninterviews feststellen konnten. Für die Immobilienexperten sei flächenoptimiertes Bauen wieder ein grosses Thema, da zu wenig kleine Wohnungen auf dem Markt seien. Einer der befragten Immobilienexperten stellt bereits heute einen neuen Trend fest: der Bau von kleineren Wohneinheiten in der Grösse von 2- bis 3-Zimmer-Wohnungen. Alternativen zu kleinen Wohnungen könnten spezielle Wohnformen wie zum Beispiel «Tiny Houses» sein. Diese stossen bei der Bevölkerung zwar auf wachsendes Interesse, für die befragten Investoren sind diese Nischenprodukte jedoch zu risikobehaftet. (mgt/mai)



MAS Real Estate Management: Die Tätigkeit im Immobilienbereich erfordert vielfältige Kompetenzen. Die Bewertung von Grundstücken und Gebäuden spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Entwicklung und Analyse von Neu- und Umnutzungsprojekten oder die Bewirtschaftung von Immobilienportefeuilles. Der MAS Real Estate Management thematisiert sämtliche Aspekte der Immobilienökonomie und vermittelt einen ganzheitlichen Betrachtungshorizont in diesem Bereich. (mgt) Mehr dazu auf: www.ost.ch

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