06:35 BAUBRANCHE

Studie: Klimakompensationen werden überschätzt

Teaserbild-Quelle: Jesse de Meulenaere, Unsplash

Bringen Klimakompensationen immer einen Unterschied für das Klima? Nicht bei allen damit geförderten Projekten, wie eine aktuelle, internationale Studie zeigt: So wirken sie sich etwa bei Windenergieanlagen kaum aus, sie wären meist wohl auch ohne die Zahlungen gebaut worden. 

Offshore Windanlage bei  Oostende, Belgien

Quelle: Jesse de Meulenaere, Unsplash

Offshore Windanlage bei Oostende, Belgien.

Zunehmend stehen Klimakompensationen in der Kritik.  Wie effektiv sind sie tatsächlich? Haben sie einen Effekt, den es ohne sie gar nicht gegeben hätte? Solche Fragen waren Gegenstand einer internationalen Metastudie mit Beteiligung der TU München. 

Die Basis für die Untersuchung lieferte die Auswertung von insgesamt 14 einzelne, qualitativ hochwertige Studien zu mehr als 2’300 Klimakompensationsprojekten, laut TU München decken diese rund einen Fünftel des gesamten Volumens an bisher ausgegebenen Emissionsgutschriften ab; Sie entsprechen beinahe einer Milliarde Tonnen CO2-Emissionen. Um die Klimaschutzwirkung zu vergleichen zu können, analysierten die Forschungsteam zusätzliche 51 Studien zu vergleichbaren Projekten, bei denen allerdings keine Emissionsgutschriften ausgegeben worden sind. 

Wenig Einfluss auf Projekte in den Bereichen Windenergie und Waldbewirtschaftung

Dabei stellte sich heraus, dass weniger als 16 Prozent der untersuchten Emissionsgutschriften tatsächlich Emissionsminderungen zugrund lagen.  Schlüsselt man sie nun nach einzelnen Bereichen auf, zeigen sich grosse Unterschiede: Bei Projekten zur Verringerung von Schwefelhexafluorid, das eine besonders starke Treibhausgas-Wirkung hat, betrugen die tatsächlichen Emissionsverringerungen 16 Prozent der Emissionsgutschriften. Bei Projekten zur Vermeidung von Entwaldung waren es nur 25 Prozent und bei Projekten, bei denen in ärmeren Ländern herkömmliche Kochherde durch klimafreundlichere ersetzt worden sind, waren es gar nur 11 Prozent. Derweil wurden die Angaben bei Projekten zur Verringerung des Gases Fluoroform vergleichsweise gut erfüllt - das Gas konnte um 68 Prozent verringert werden.

Hingegen geht aus den Daten hervor, dass Windenergieprojekte wahrscheinlich auch ohne den Verkauf von Klimakompensationen durchgeführt worden wären und die Vergabe von Gutschriften nicht zu mehr Klimaschutz geführt hat. Auch die Waldbewirtschaftung sei in Vergleichsregionen ohne Kompensationsprojekte in gleichem Masse verbessert, schreibt die TU München in ihrer Medienmitteilung. Neben dieser vielfachen Wirkungslosigkeit zeige die Studie sogar negative Effekte für das Klima, heisst es weiter. Dies gilt für Industriebetriebe, welche die Treibhausgase Trifluormethan (HFKW-23) und Schwefelhexafluorid (SF6) ausstossen; Hier blieb die Menge der Emissionen nicht nur weiterhin bestehen, sondern stieg sogar an, sobald die Unternehmen Gutschriften kauften.

Eimmissionsgutschriften und Greenwashing

„Es ist dringend notwendig, bessere Regeln für die Ausstellung von Emissionsgutschriften zu schaffen. Alle Projekttypen weisen systematische Qualitätsprobleme auf, und die Quantifizierung der Emissionsreduktionen muss erheblich verbessert werden“, kommentiert Studienleiter Benedict Probst, Leiter des Net Zero Lab am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb, die Studienresultate. Und Studienautor Malte Toetzke, der an der Professur für Public Policy for the Green Transition der TUM forscht, ergänzt: „Kompensationen können durchaus wichtige Investitionen in diejenigen Klimaschutzprojekte sein, die sich nur schlecht anders finanzieren lassen. Wenn nur noch für solche Projekte Zertifikate erlaubt wären, könnten Emissionsgutschriften weniger leicht für Greenwashing missbraucht werden. Das würde die Preise für Kompensationen in die Höhe treiben, was aber ein sinnvoller Anreiz für Unternehmen wäre, vermehrt eigene Emissionen zu reduzieren statt Gutschriften zu kaufen.“ (mgt/mai)

Das Forschungsteam hat die Ergebnisse allgemeinverständlich mit Grafiken aufbereitet, die unter anderem nach Projektzielen und Regionen filterbar sind. Die Daten sollen kontinuierlich aktualisiert werden. Mehr dazu hier: www.carboncredits.fyi


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