Strom aus Baumkronen
An Windkraftanlagen scheiden sich die Geister: Die einen finden sie gut, die anderen nur hässlich. Eine salomonische Lösung hat nun ein Architekt aus Baden-Württemberg gefunden, indem er die unbeliebten Windräder kurzerhand auf Baumkronen verbannte.
Quelle: Wolfgang Frey
Für die Baumkrone-Windkraftanlage mussten ein paar Äste im Wipfel weichen.
Die Idee dafür entstand aus einer Not. Eigentlich wollte Wolfgang Frey die Anlage auf seinem Dach montieren. Die Genehmigung war schnell da, die endgültige Freigabe liess jedoch auch nach acht Monaten auf sich warten. Der Grund: Für jedes Bauwerk muss zuerst berechnet werden, ob das Dach das Gewicht auch aushält. Da kam Frey auf den Gedanken, seine Anlage stattdessen auf einem Baum zu bauen: „Denn dieser ist ja schon an sich ein Mast, gilt aber offiziell nicht als Bauwerk.“ Also würde er auch nicht unter die üblichen Regeln und Vorschriften fallen. Hinzu komme, dass man mit den Anlagen Geld sparen könne. Sie benötigen nämlich weder Maste noch Fundamente. Der wichtigste Vorteil ist jedoch, dass man den Baumkronen-Windkraftanlagen nicht mehr vorwerfen kann, dass sie das Landschaftsbild zerstören.
Fragen ungeklärt
Als Versuchsobjekt hat Frey nun einen 60 Kilogramm schweren Mini-Rotor mit einem Durchmesser von 3,5 Metern in der Krone einer Douglasie installiert. Die Position von 40 Metern über dem Boden ist laut Frey nahezu perfekt: „Dort oben kommt es zwar zu Verwirbelungen, aber selbst mit halber Kraft rechnet sich das Rad, weil wir ja die Kosten für den Mast und das Fundamente gespart haben.” Das Windrad erzeugt mit jährlich etwa 9000 Kilowattstunden Strom für insgesamt drei in der Nähe stehende Häuser.
Ob die Baumkrone-Windkraftanlage den Durchbruch schafft, muss sich noch erweisen. Zurzeit werden bauliche und statische sowie naturschutzrechtliche Fragen geklärt. Diesen zum Trotz: Frey bekommt jeden Tag mehrere Anfragen für weitere Projekte. Allerdings können diese vorerst nicht realisiert werden. (ffi/mgt)