Stimmen die Bewertungskriterien zur Beurteilung von Mitbewerbern?
Nachhaltige Entwicklung ist ein Lieblingsthema der Medien und der Messen. Wer auch immer «Nachhaltigkeit» in den Mund nimmt, hat einen sofortigen Imagegewinn. Es ist schön, wenn Vernunft und Verantwortung im Trend liegen! Doch wie sieht die Umsetzung in der Realität aus? Und was gehört alles zum nachhaltigen Kreislauf?
Ohne Investitionen gibt es keine Nachhaltigkeit. Im ersten Moment kostet sie – Geld oder Zeit. Das gilt für den ausführenden Unternehmer oder Dienstleister, der Abläufe oder Arbeitsplätze auf Nachhaltigkeit abstimmt. Das bedeutet vielleicht auch, dass er oder sie auf manche im Moment kostengünstige Lösung verzichtet.
Auch Auftraggeber müssen investieren, wenn sie es mit der Nachhaltigkeit ernst nehmen. So sind nachhaltig gebaute Projekte oft in der Bewirtschaftung über ein oder zwei Jahrzehnte günstiger; sie kosten aber mehr in der Erstellung. Wenn Investoren nur auf den raschen Verkauf des Objektes und das schnelle Geld schauen, so haben zahlreiche nachhaltige Lösungen keine Chance.
Den Bauherren kommt bei der Frage der Nachhaltigkeit eine Schlüsselrolle zu. Nachhaltige Bauvergabe befasst sich – Seriosität vorausgesetzt – mit einer Reihe von Fragen: Werden nachhaltige Materialien verwendet? Sind die Transportwege für diese Materialien relativ kurz oder reisen Stahl, Holz und Kunststoff erst einmal rund um den Globus? Kommen Unternehmen zum Zug, die jungen Leuten vor Ort eine Chance geben? Schafft der Anbieter Lehrstellen? Fliesst das Geld des Auftragnehmers wieder in die wirtschaftliche Entwicklung der Region, der Schweiz und sichert so unseren Wohlstand – hier und jetzt? Kommen investierte Steuergelder auch den Steuerzahlern zugute? Diese und noch weitere Fragen können privaten wie öffentlich-rechtlichen Bauherren einen Hinweis auf nachhaltige Bewertungskriterien für die Beurteilung von Wettbewerbern geben. Denn eine nachhaltige Zukunft beginnt heute! Doch staune ich immer wieder von Neuem über Firmennamen auf Bautafeln, die eher in den asiatischen oder chinesischen Raum passen. Nachhaltigkeit muss konkret angepackt werden und darf nicht als Imagefaktor missbraucht werden.
Ein nachhaltiges Bauprojekt berücksichtigt das Material wie die Transportwege, die Arbeitsbedingungen wie die Förderung der zukünftigen Entwicklung. Dazu zählt auch, dass es Raum und Zeit für den Transfer von Wissen, für Anstrengungen rund um Bestleistungen gibt. So sind die nationalen Berufsmeisterschaften Swiss Skills eine gute Plattform, um junge Menschen – unsere zukünftigen Unternehmer! – zu Höchstleistungen und zu einem gesunden Wettbewerb anzuspornen. Im Metallbau belegt die Schweiz international die vordersten Plätze – wie die Ergebnisse der WorldSkills zeigen. Das ist nur möglich, weil es hierzulande Unternehmer gibt, die in die nachhaltige Entwicklung auch der Nachwuchskräfte investieren. Diese Unternehmen verdienen Anerkennung und Belohnung! Am besten durch einen schönen nachhaltig wirkenden Auftrag!
Umberto Colicchio, Leiter Metallbau und Mitglied der Geschäftsleitung der Schweizerischen Metall-Union