Start-up entwickelt selbstbegrünende Fassade mit Moos
Ein Start-up der Technischen Universität Kaiserslauten hat ein System für grüne Fassaden entwickelt, das wartungsfrei und selbst begrünend ist. Möglich macht es Moos, das im Gegensatz zu anderen Pflanzen keine Wurzeln besitzt und seine Nährstoffe direkt aus der Luft filtert.
Illustration des selbstbegrünenden Bauelements. (Quelle: artificial-ecosystems.com)
Die Natur macht es vor: An zahlreichen Stellen in Städten wachsen heute Moose ganz ohne menschliches Zutun und filtern dabei auch noch Feinstaub und CO2 aus der Luft. Genau davon liess sich der Botaniker Tobias Graf inspirieren, der die flauschigen Pflanzen schon lange erforscht. Seine Idee: Eine technische Lösung, die den natürlichen Kreislauf unterstützt und damit ein besseres Klima in Städten schafft.
Für die Verwirklichung dieser Idee gründete Graf gemeinsam mit dem Bauingenieur Martin Hamp und dem Informationselektroniker und Wirtschaftsinformatiker Björn Stichler das Unternehmen «Artificial Ecosystems». Das Team entwickelte daraufhin das «BryoSystem», eine Technik für wartungsfreie Fassaden, die sich von selbst natürlich begrünen.
Die kleinste Einheit der ökologischen Fassaden besteht gemäss Mitteilung der Technischen Universität Kaiserslauten aus einem rund ein Meter hohen, 15 Zentimeter breiten Betonelement, das wenige Zentimeter tief ist. Angebracht wird dieses beispielsweise an Wänden von Gebäuden. Die Energieversorgung wird entweder durch eine oben angebrachte Solarzelle oder einen im Boden sitzenden Wassertank sichergestellt.
Quelle: Koziel/TUK
Die Gründer (v.l.n.r.) Martin Hamp, Björn Stichler und Tobias Graf haben die Fassadenbegrünung entwickelt.
Keine Vorab-Bepflanzung nötig
Die Fassaden werden mit einer speziellen Mischung vorbehandelt, damit sich die flauschigen Pflanzen durch Sporen in der Luft schneller ansiedeln und ideale Wachstumsbedingungen vorfinden. Die Oberfläche der Bauelemente besitzt zudem spezielle Strukturen, auf denen sich junge Moospflanzen optimal entwickeln können.
Die Bewässerung wird durch eine halbrunde Aussparung oberhalb der Elemente sichergestellt. Gemäss Bauingenieur Martin Hamp kann hierbei auch gesammeltes Regenwasser aus einer Zisterne genutzt werden. Eingefasste Rillen in den Moos-Fassaden sorgen dafür, dass sich das Wasser gleichmässig über die Fläche verteilt.
Ganzjährig grün ohne Pflege
Anders als bei bisherigen Fassadenbegrünungen ist gemäss Tobias Graf bei der Moos-Variante keine Pflege wie Pflanzenschutz oder Rückschnitt nötig. Moos ist zudem ganzjährig grün und fühlt sich bei kühleren Temperaturen am wohlsten. Bei heissen Sommern hingegen fallen sie laut dem Botaniker in eine Art Schlaf, eine sogenannte Dormanz.
Das Monitoring im «BryoSystem»geschieht durch Sensoren, die Feuchtigkeit und andere Umweltparameter überwachen und an ein Messgerät senden. Je nach Wetterlage wird mit Hilfe eines Algorithmus zudem die Pflanzenernährung angepasst. Die dabei gesammelten Daten könnten laut Björn Stichler auch für künftige Smart-City-Konzepte spannend werden.
Die Fassade könnte laut dem Start-up auch bei Industrie- und Lagerhallen eingesetzt werden. (Quelle: artificial-ecosystems.com)
Die Fassade könnte laut dem Start-up auch bei Industrie- und Lagerhallen eingesetzt werden. (Quelle: artificial-ecosystems.com)
Die Fassade könnte laut dem Start-up auch bei Industrie- und Lagerhallen eingesetzt werden. (Quelle: artificial-ecosystems.com)
Die Fassade könnte laut dem Start-up auch bei Industrie- und Lagerhallen eingesetzt werden. (Quelle: artificial-ecosystems.com)
Lärmschutz und Regenspeicher
Potenzial bieten die natürlich begrünten Fassaden laut der Mitteilung auch in den Bereichen Regenspeicher oder Lärmschutz. In der langfristigen Planung können sich die Gründer auch Einsätze in Tunneln oder U-Bahnstationen vorstellen. Dabei würden die Moos-Wände von künstlichen Lichtquellen bestrahlt und so die Luft im Untergrund von Schadstoffen reinigen.
Das neue System haben die Gründer zum Patent angemeldet. Unterstützung erhält das junge Start-up unter anderem durch die Technische Universität Kaiserslauten und die Hochschule Kaiserslauten sowie dem Gründerzentrum Bito-Campus in Meisenheim. Das Bundeswirtschaftsministerium unterstützte die Gründer zudem mit einem Exist-Stipendium für 12 Monate in Höhe von zirka 145 000 Euro. In einem nächsten Schritt wird das Unternehmen nun nach Partnern und Kunden suchen, um erste Pilotprojekte zu realisieren.
Weitere Infos:artificial-ecosystems.com