Solidarhaftung auf dem Bau gilt ab 15. Juli
Ab 15. Juli tritt die Solidarhaftung in Kraft. Dies hat der Bundesrat heute Mittwoch entschieden. Damit haften Erstunternehmer künftig, wenn ihre Subunternehmer zu tiefe Löhne bezahlen. – Während der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) die neue Verordnung über Subunternehmer als „brauchbaren Kompromiss“ bezeichnet, ist die Unia der Ansicht, dass sie nicht genügt.
Vergangenen Dezember verabschiedete das Parlament die Solidarhaftung als weitere flankierende Massnahme zur Personenfreizügigkeit mit der EU. Dies, um Missbräuchen mit Scheinselbstständigen einen Riegel zu schieben. Sie hatten auf Schweizer Baustellen zu spektakulären Fällen von Tiefstlöhnen weniger Euros pro Stunde geführt.
Künftig haftet nun der Erstunternehmer, wenn Lohn- und Arbeitsbedingungen auf einer Schweizer Baustelle eingehalten werden. Dies gilt für sämtliche Glieder einer Auftragskette, bei welchen Arbeiten von einer Firma an andere Firmen weitergegeben werden. Befreien kann man sich als Erstunternehmer von der Haftung nur, wenn man sich bei der Arbeitsvergabe bei jedem Subunternehmer vergewissert, dass sich dieser an die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen hält. Das heisst: Neben vertraglichen und organisatorischen Vorkehrungen, welche getroffen werden müssen, haben Subunternehmer mit offiziellen Selbstdeklarationsformularen dem Erstunternehmer zu garantieren, dass sie die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen einhalten.
Unia: „Wachsende Probleme werden nicht gelöst“
Wirklich zufrieden mit dem Entscheid sind weder die Unia noch der SBV. Die Unia kritisiert, dass es der Bundesrat verpasst habe, eine griffige Verordnung vorzulegen, damit Firmen, die Arbeit zu Dumpingpreisen an Subunternehmer weitergäben und dabei Gesetze und Gesamtarbeitsverträge verletzten, zur Kasse gebeten werden könnten. So habe es der Bundesrat versäumt, sicherzustellen, dass der Erstunternehmer während der gesamten Ausführung der Arbeiten für die Einhaltung der Mindestarbeitsbedingungen verantwortlich sei. „Eine so umgesetzte Solidarhaftung wird die wachsenden Probleme nicht lösen“, heisst es im Communiqué der Unia. Die Gewerkschaft prognostiziert deswegen, dass es „bald Nachbesserungen bei der Solidarhaftung sowie einen Ausbau der flankierenden Massnahmen“ braucht. Sie fordert, dass insbesondere bei Lohndumping die Baustellen unverzüglich eingestellt werden können müssen und dass Sanktionen sowie Kontrollen verschärft werden.
SBV: In den vorgebenen zwei Wochen „nicht zu schaffen“
Weniger harsch tönt es beim SBV, auch wenn dem Verband der Entscheid des Bundesrats ebenfalls nicht zu 100 Prozent passt. Der SBV erachte die vom Bundesrat verabschiedete Verordnung als brauchbaren Kompromiss, schreiben die Baumeister in ihrem Communiqué. „Unseriös ist angesichts der enormen Umstellung für die Bauunternehmer aber, dass sie bereits am 15. Juli in Kraft gesetzt wird“, heisst es weiter. Dieses nicht nachvollziehbare Tempo zeuge von einer unverständlichen Geringschätzung gegenüber einer der wertschöpfungsstärksten Branchen der Schweiz. Die betroffenen Unternehmer müssten nun ihre internen Abläufe, Vorgaben und Verträge den neuen Pflichten und Obliegenheiten anpassen. In den vom Bundesrat vorgegebenen zwei Wochen sei dies mit der nötigen Sorgfalt nicht zu schaffen. Der SBV bezeichnet dies als „wirtschaftsfeindlich und in jeder Hinsicht praxisfern“. (mai/mgt/sda)