SNB hält bisherige Massnahmen gegen Hypo-Boom für ungenügend
Vorläufig bleiben die Zinsen in der Schweiz ausserordentlich tief: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) belässt ihren Leitzins bei 0 bis 0,25 Prozent. Allerdings liebäugelt sie bei den Hypotheken damit, die Schrauben nochmals anzuziehen.
Der Immobilienmarkt bereitet der SNB Sorgen: Seit Ende 2012 hätten die Risiken weiter zugenommen, sagte SNB-Vizepräsident Jean-Pierre Danthine am Donnerstag in Bern. Das bisherige Massnahmenbündel sei „noch nicht ausreichend“. Damit gab Danthine Spekulationen Schub, wonach die SNB dem Bundesrat beantragen werde, den antizyklischen Kapitalpuffer zu erhöhen. Seit Ende September müssen die Banken für Wohnbauhypotheken zusätzliche Eigenmittel von rund 1 Prozent halten. Gemäss Eigenmittelverordnung kann der Bundesrat diesen Puffer auf bis zu 2,5 Prozent zu erhöhen. Danthine warnte, dass das Hypothekenwachstum von geschätzten 4,4 Prozent im laufenden Jahr weiter über dem Wirtschaftswachstum liegt und die Verschuldung in der Schweiz überhöht. Zudem wies er darauf hin, dass die Immobilienpreise je nach Segment nochmals um 2,6 bis 3,5 Prozent gestiegen sind. Bei der Risikobereitschaft der inlandorientierten Banken sei keine Trendwende erkennbar, so Danthine weiter. Der Anteil neu vergebener Hypokredite mit einer hohen Belehnung habe zwar leicht abgenommen. Bei den Tragbarkeitsrisiken sei dies dagegen nicht der Fall.
Billige Hypothekenkredite
Die im historischen Vergleich billigen Hypothekenkredite sind eine Folge der lockeren Geldpolitik. Solange die Europäische Zentralbank (EZB) keine Zinswende einleitet sind laut Ökonomen der SNB mit Blick auf den Euro-Mindestkurs für eine Erhöhung des Leitzinses die Hände gebunden. Die EZB hat den Leitzins im November aber sogar von 0,5 auf 0,25 Prozent gesenkt. Und die US-Notenbank Fed verschob ihre Kursänderung. Die Zinssenkung in der Eurozone hatte gemäss SNB-Präsident Thomas Jordan wenig Auswirkungen auf die Schweiz. Die Zinsdifferenz hat sich aber verkleinert, und so schloss Jordan weitere Massnahmen der SNB, "insbesondere Negativzinsen", nicht aus. Dass die Geldpolitik im Ausnahmemodus bleibt, begründete Jordan mit der hohen Unsicherheit über die weitere Erholung der Weltwirtschaft. Zudem könnten die anstehende Überprüfung der Bankbilanzen in der Eurozone und eine geldpolitische Normalisierung an den Finanzmärkten für Unruhe sorgen.
Robustes Wachstum, keine Inflationsgefahr
Die hiesige Wirtschaft läuft jedoch immer besser: Für 2013 veranschlagt die SNB weiterhin ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) um 1,5 bis 2 Prozent. Für das kommende Jahr rechnet die Notenbank mit rund 2 Prozent. Angesichts der Einwanderung sei das Pro-Kopf-Wachstum aber tiefer, gab Jordan zu bedenken. Trotz der bis zum Anschlag geöffneten Geldschleusen sieht die SNB die Preisstabilität nicht gefährdet: Selbst 2015 dürfte die Teuerung bloss 0,6 Prozent betragen. Wie Jordan weiter ausführte, deuten Umfragen an, dass Preisstabilität auch auf lange Frist von bis zu zehn Jahren gewährleistet sei.
Euro bei 1,22 Franken
Der Franken schwächte sich nach den erwartungsgemäss ausgefallenen Entscheiden der Währungshüter am Devisenmarkt zunächst etwas ab. Am Nachmittag notierte er wenig verändert bei 1,223 Franken. Jordan bekräftigte, die SNB habe seit September 2012 keine Devisenkäufe zur Verteidigung des Mindestkurses von 1,20 Fr. mehr tätigen müssen. Sie hat aber auch noch nicht begonnen, den angehäuften Berg an ausländischen Devisen von umgerechnet 443 Mrd. Fr. abzutragen. Der Euro-Mindestkurs bleibe zentral für die Sicherstellung "angemessener monetärer Rahmenbedingungen in der Schweiz", sagte Jordan. Die Schweizer Währung sei nach wie vor hoch bewertet. (Julian Witschi, sda/mai)