Schutzraum-Obligatorium soll bleiben
Auch private Hauseigentümer müssen weiterhin Schutzräume bauen. Dies verlangt der Ständerat, der im Gegensatz zum Nationalrat an der Schutzraumpflicht festhalten will.
Die Schweiz verfügt über rund 8,7 Millionen Schutzraumplätze mit einem Investitionswert von rund zwölf Milliarden Franken. Damit ist laut Bundesrat Ueli Maurer ein Bevölkerungsschutz gewährleistet. Mit der Abschaffung der Schutzraumpflicht würden diese Investitionen in den Sand gesetzt und eine schnelle Reaktivierung der Anlagen bei einem Katastrophen-Szenario mit Schutzraum-Bedarf praktisch verunmöglicht. Dieser Meinung hat sich der Ständerat mit 27 zu 12 Stimmen angeschlossen und sich damit gegen einen Abschaffungsbeschluss für Private des Nationalrates gewandt, der zwei Tage vor der Katastrophe von Fukushima gefällt worden war.
Die Diskussion in der kleinen Kammer drehte sich vor allem darum, ob der Schutzraumbau ein Relikt aus der Zeit des kalten Krieges, oder vielmehr aus dem 20. Jahrhundert, sei, oder ob er auch im heutigen auch geostrategischen Umfeld noch seine Berechtigung habe. Befürworter der Schutzraumpflicht, wie Bruno Frick (Schwyz, CVP), führten ins Feld, dass es heute Risiken gebe, die kaum abzuschätzen seien. Hingewiesen wurde auch auf die zunehmende Anzahl von Atomwaffen-Staaten und auf Terror-Regimes, die etwa mit Mittelstrecken-Raketen auch die Schweiz treffen könnten. Als Gegner trat der Glarner SVP-Ständerat Thiss Jenny auf, der von einem Rückfall in alte Zeiten sprach Und Claude Hêche (Jura, SP) warf die Frage auf, ob man die betroffene Bevölkerung, anstatt in Schutzräume einzuschliessen, nicht besser evakuiren müsste - wie und wohin, darüber schwieg er sich aus.
Eine Einschränkung wurde jedoch auch im Ständerat gutgeheissen. Die Schutzraumpflicht erst ab einer Überbauungsgrösse mit über 38 Zimmern, anstatt der heute vorgeschriebenen acht Zimmern vorzuschreiben. Die Schutzraum-Ersatzabgaben für kleinere Bauten sollen ausserdem von 1500 Franken auf 400 bis 800 Franken gesenkt werden. (mai/sda)
Wovor Schutzräume schützen sollen
Nach dem heutigen Verständnis sollen Schutzräume vor folgenden Gefahren schützen: Chemische und biologische Verunreinigung der Aussenluft, Rückstandstrahlung,Thermische Strahlung, Schutz vor atomaren und konventionellen Explosionen, Brandeinwirkungen wie Hitze und Rauch, Trümmerbelastung und Splitterwirkung, Luftstoss- und Luftsogwellen.
Ein Schutzraum der heutigen Normen ist bei einem AKW-Unfall, oder bei Durchzug einer radioaktiven Wolke bis zu Faktor 100 sicherer, gegenüber einem normalen Hausinnenraum mit Faktor zehn. (mai)