Schon vor 15 Millionen Jahren überragend
Die höchsten Gipfel in den erdgeschichtlich jungen Zentralalpen gibt es schon lange: Bereits vor 15 Millionen Jahren waren sie mindestens so hoch wie heute. Zu diesem Schluss kamen Wissenschaftler der ETH Zürich, des Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F) sowie der Goethe-Universität Frankfurt in einer Studie.
Quelle: Ximonic/wikimedia.org
Der Galenstock und das Grosse Furkahorn vom Grimsel aus gesehen.
Auch wenn die Alpen zu den am besten erforschten Gebirgen der Welt gehören, ist ihre topographische Geschichte bisher nahezu unbekannt. Aufschluss verspricht eine neue Studie, die zeigt, dass die alpine Topographie, so wie sich heute präsentiert, ihre Wurzeln im Miozän oder vielmehr in der Zeit vor 15 Millionen Jahren hat. So waren die höchsten Schweizer damals zwischen 2850 Meter und 3350 Meter hoch, womit die Gebirgskette im Durchschnitt sogar noch höher als heute war. „Dies lässt darauf schliessen, dass das Gros des alpinen Höhenprofils vor über 15 Millionen Jahren entstanden ist, als durch die Kollision von Europa und Afrika die Hebungsraten des Gebirges die gleichzeitige Abtragung durch Erosion übertrafen“, erklärt Marion Campani, Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F), Leitautorin der Studie.
Alpen kontrollieren den Niederschlag
Hohe Bergketten bilden ein natürliches Hindernis für feuchte Luftmassen und beeinflussen so das Klima auf beiden Seiten dieser Barriere. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die Höhe. Daher lassen die Erkenntnisse des Forscherteams Rückschlüsse auf die Niederschlagsmuster in Südeuropa und Eurasien zu und damit indirekt auch auf die Entwicklungsbedingungen ganzer Ökosysteme im Mittelmeerraum. Im Fall der Alpen bedeutet dies: Seit 15 Millionen Jahren hat das aufragende Gebirge den Transport des vom Atlantik kommenden Niederschlags Richtung Zentraleuropa und Eurasien bestimmt und damit das Klima des östlichen Mittelmeerraums stark geprägt. „Diese Region wurde bereits in der Vergangenheit immer wieder von Trockenheit bedroht und ist ein Schwerpunkt der mit globaler Erwärmung in Verbindung gebrachten Wasserknappheit“, sagt so Prof. Dr. Andreas Mulch, BiK-F und Goethe-Universität Frankfurt. Wer das Klima der Vergangenheit verstehen wolle, um daraus auf die Zukunft der Region zu schliessen, für den führe an den Alpen kein Weg vorbei.
Höhe lässt sich aus Regenspuren schliessen
Wie hoch Berge im Laufe ihrer Entwicklung waren, darüber gehen die im Gestein enthaltenen Sauerstoff-Isotopen Auskunft: Konserviert in der 15 Millionen Jahre alten Masse, speicherten sie Informationen über den Niederschlag jener Zeit. Das funktioniert, weil das Element in Form unterschiedlich schwerer Isotope vorkommt. Niederschlag, der am Gipfel der Gebirge fällt, hat einen niedrigeren Anteil an schweren Isotopen als solcher in tieferen Lagen. So verrät das Verhältnis zwischen schweren und leichten Isotopen im uralten Regenwasser, in welcher Höhe der Niederschlag zu einer bestimmten Zeit gefallen ist. Erstmalig gelang es nun, 15 Millionen Jahre alten Niederschlag aus dem Alpenvorland (es lag damals auf Meereshöhe) mit Niederschlag aus den ehemaligen Hochgebieten der Alpen zu vergleichen. Damit wurde es möglich, die damalige Höhendifferenz des Hochgebirges zum Alpenvorland zu bestimmen. „Ausserdem sind Gebirge ab einer gewissen Höhe selbst in der Lage, das Klima und die kontinentalen Niederschlagsmuster zu beeinflussen. Deshalb muss man sich auch die Quelle der feuchten Luftmassen anschauen, um Veränderungen der Zusammensetzung und Menge des Niederschlags an dessen Ursprung in der Isotopen-Analyse mit berücksichtigen zu können“, führt Campani zum Hintergrund des neuen Ansatzes aus. (mai/mgt)