Schlechte Ökobilanz für Biotreibstoffe
Die Empa hat in einer umfassenden Studie die Grundlagen für die Ökobilanz verschiedener Biotreibstoffe und deren Produktionsverfahren analysiert und aktualisiert. Die Resultate sind ernüchternd: Nur wenige sind in ihrer Ökobilanz umweltfreundlicher als Benzin.
Schon 2007 kam eine Empa-Studie zum Schluss, dass Biotreibstoffe nicht unbedingt besser für die Umwelt sind als Benzin. Sie verursachen zwar im Vergleich über dreissig Prozent weniger Treibhausgase. Vor allem beim Anbau der Pflanzen fallen aber andere Umweltbelastungen an. Angesichts der weltweit drohenden Getreideknappheit und deren Zusammenhang mit der forcierten Produktion von Bio-Treibstoffen verschärfen sich die Diskussionen und Forderungen über Sinn und Unsinn der Produktion von Treibstoffen aus pflanzlichen Stoffen wie Getreide. Die Vorräte an Getreide sind in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen, von 175 Millionen Tonnen im 2010 auf noch 100 Millionen Tonnen im 2011. Auch für dieses Jahr werden keine Spitzenernten erwartet. Daneben werden weltweit 150 Millionen Tonnen Getreide zu Ethanol für Treibstoffe und Treibstoffzusätze verarbeitet.
Beispiel Deutschland
In Deutschland wurde aus Umweltgründen ab 2011 Treibstoff mit zehn Prozent Ethanol-Anteil unter dem Namen „E10“ eingeführt. Treibstoffproduzenten müssen sogar Strafabgaben bezahlen, wenn sie die staatlich vorgegebenen Biokraftstoffquoten nicht erreichen. Obwohl E10 beim Einkauf mehr kostet als Normalbenzin wird es billiger an den Tankstellen abgegeben. Umweltorganisationen fordern neuerdings den Abbruch der E10-Übung, weil sie weltweit zum Hungerproblem beiträgt.
Neue alte Erkenntnisse
Die weltweit gestiegene Nachfrage nach den vermeintlich umweltfreundlichen Biotreibstoffen führte zu einem verstärkten Anbau so genannter Energiepflanzen und die Herstellungsmethoden für Biotreibstoffe wurden verbessert. Gleichzeitig wurden aber auch die Methoden zur Umweltbeurteilung von Biotreibstoffen, die vor allem aus Agrarprodukten hergestellt werden, weiterentwickelt, um deren Umweltverträglichkeit aus ökologischer Sicht zu beurteilen.
Um darauf eine fundierte Antwort geben zu können, hat die Empa im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) und in Zusammenarbeit mit der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART) und dem Paul Scherrer Institut (PSI) die Grundlagen für die Umweltbilanz zahlreicher Biotreibstoffe inklusive ihrer Produktionsketten aktualisiert.
Dabei handelt es sich nicht um eine Wiederholung der ersten Studie von vor fünf Jahren: Das Team von Empa-Forscher Rainer Zah hat in seiner Studie neuartige Energiepflanzen und Verarbeitungsprozesse einbezogen und auch die Bewertungs-Methodik auf den neuesten Stand gebracht. Trotz Behebung von "Schwächen" der ersten Studie bestätigen sich die grundlegenden Erkenntnisse von damals erneut.
Biotreibstoffe verlagern die Umweltbelastung
Die meisten Biotreibstoffe aus Agrarerzeugnissen helfen zwar, den Ausstoss an Treibhausgasen zu verringern, führen aber zu anderen Umweltschäden wie übersäuerte Böden und überdüngte Gewässer. "Die meisten Biotreibstoffe verlagern also lediglich die Umweltbelastungen: weniger Treibhausgase, dafür mehr anbaubedingte Schäden an landwirtschaftlich genutzten Böden", so Zah. Das führe dazu, dass nur wenige Biotreibstoffe eine insgesamt bessere Ökobilanz als Benzin aufweisen.
Eine Ausnahme ist das Biogas aus Rest- oder Abfallstoffen, das je nach Rohstoff die Umwelt bis zur Hälfte weniger belastet als Benzin. Und innerhalb der Biotreibstoffe haben Ethanol-basierte Treibstoffe tendenziell eine bessere Ökobilanz als diejenigen auf Öl-Basis.
Enttäuschende Treibhausgas-Bilanz
In ihrer ersten Studie vor fünf Jahren unterschätzten die Forscher Dynamik und Auswirkungen der Umwandlung natürlicher Flächen, etwa die Rodung von Regenwald, auf die Treibhausgasbilanz. Die aktuelle Studie zeigt nun, dass Biotreibstoffe aus Rodungsflächen in der Regel mehr Treibhausgase ausstossen als fossile Treibstoffe. Dies gilt auch für eine indirekte Landumwandlung. Gemeint ist damit die erstmalige Bepflanzung bestehender Agrarflächen für die Biotreibstoff-Produktion, und in der Folge die Rodung von Waldflächen, um die bisherige Nahrungsmittel- oder Futterproduktion aufrechtzuerhalten.
Gewisse positive Effekte können dagegen erzielt werden, wenn der Anbau von Energiepflanzen den Kohlenstoffgehalt des Bodens erhöht. Zum Beispiel durch den Anbau von Ölpalmen auf ungenutztem Weideland in Kolumbien oder durch Jatrophaplantagen in Indien und Ostafrika, wodurch verödetes Land wieder urbar gemacht wird. "Trotzdem kann man nicht generell von Jatropha als Wunderpflanze' sprechen, da deren Ökobilanz erheblich von der landwirtschaftlichen Praxis vor Ort und der vorherigen Nutzung des Landes abhängig ist", sagt Zah.
Die Folgerungen der EMPA-Studie
Keine Rodung von Wald und Buschland, um darauf Energiepflanzen anzubauen. Damit wird die Treibhausgas-Bilanz erheblich verschlechtert und die Umwelt insgesamt deutlich stärker belastet. Keine indirekte Landumwandlung zur Gewinnung neuer Böden weil bestehende Agrarflächen für die Biotreibstoffproduktion genutzt werden.
Günstig ist die energetische Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Reststoffe wie Stroh, Grüngut und Restholz –allerdings nur, wenn diese nicht schon anderweitig genutzt werden, oder wenn deren Entzug aus dem natürlichen Kreislauf nicht die Fruchtbarkeit der Böden und die Biodiversität verringert. (mai/mgt)