Schaut Moritz Leuenberger in die Röhre?
Die Chance, dass Bundesrat Leuenberger den Gotthard-Durchstich noch in seinem Amt erlebt, stehen nicht gut. Denn die Zeremonie ist für den 15. Oktober geplant.
Gut möglich, dass Bundesrat Moritz Leuenberger wegen taktischer Geplänkel einen Höhepunkt seiner Amtszeit verpasst: den Gotthard-Durchstich. Denn der von seinem Amtskollegen Merz zum verfrühten Abgang genötigte Verkehrsminister ist möglicherweise gar nicht mehr im Amt, wenn die letzten Meter Felsen fallen. Auch wenn der Anlass für Leuenberger von grösster Bedeutung sein dürfte. Der Durchstich des Gotthard-Basistunnels bezeichnete er bei seiner Rücktrittsankündigung als ein „Symbol für den Beitrag der Schweiz zum Aufbau Europas“. Seine Arbeit als Infrastrukturminister könne er damit abrunden, so Leuenberger weiter.
Damit Leuenberger dem Durchstich noch als Bundesrat beiwohnen könnte, müsste bei den Mineuren alles reibungslos laufen. Denn die Zeremonie ist auf den 15. Oktober angesetzt, hunderte von Einladungen sind bereits ins In- und Ausland verschickt worden. Zudem will man den Durchstich sogar live an die Verkehrsministerkonferenz nach Luxemburg übertragen. Der Termin, an dem Schweizer Geschichte geschrieben werden soll, wurde bereits letzten Frühling fest gesetzt. Doch nun könnte sich dieser als allzu optimistisch erweisen: Vor den Mineuren, die sich mit der Tunnelbohrmaschine (TBM) von Süden her vorarbeiten, liegen nämlich noch 700 Meter. „Es ist eine Herausforderung, aber wir sind zuversichtlich“, so Renzo Simoni, Chef der Alp Transit Gotthard (ATG). Es gebe keine Anhaltspunkte, dass es in den letzten Abschnitten grössere Rückschläge geben könnte. Dabei stützt sich Simoni vor allem auf die Prognosen der Geologen. Nach ihren Angaben muss sich die TBM noch durch Streifengneis arbeiten. Dies geht einiges leichter und schneller als durch den gefürchteten Medelser Granit, der viel härter ist und darum die Vortriebsleistung der Maschine schmälert. Doch bis kommenden Montag steht die TBM für Revisionsarbeiten ohnehin still. Beginnt sich wieder zu drehen, bleiben den Mineuren noch 54 Arbeitstage. Das bedeutet für sie, dass sie pro Tag rund 13 Meter bohren müssem, damit der Durchstich-Termin eingehalten werden kann. Laut Simoni ist dies ein ehrgeiziges, aber ein erreichbares Ziel.
Eine blockierte Bohrmaschine, geologische Schwierigkeiten oder ein Wassereinbruch reichen aus, dass anstatt Leuenberger dessen Nachfolger hält vor den Augen Europas die Festrede zum symbolträchtigen Akt hält. Denn nachdem der Verkehrsminister seinen Rücktritt nun doch vorverlegt hat, wird sein Nachfolger voraussichtlich am 22. September gewählt. Damit kann Leuenberger längstens bis zum 22. November im Amt bleiben. Aber auch für dieses Datum kann Simoni keine Garantie abgeben und zitiert eine alte Bergmannsweisheit: „Vor der Hacke ist es duster“. Ob es funktioniere, wisse man immer erst am Schluss. Leuenberger habe vor seinem Entscheid keine Rücksprache mit ihm genommen, sagte der ATG-Chef. (sda)