Saubere Brise in den vier Wänden
Wie es um die Hygiene von Lüftungsanlagen bestellt ist, haben Experten unter der Leitung der Hochschule Luzern getestet. Sie untersuchten den hygienischen Zustand von 100 verschiedenen Lüftungsanlagen. Das Resultat: Die Qualität der Anlagen hängt stark von Planung, Errichtung und Instandhaltung ab. 94 Prozent der untersuchten Geräte verschlechtern die Luft nicht.
Raumlufttechnische (RLT) Anlagen versorgen nicht nur die Räume mit Aussenluft, sondern konditionieren und filtern diese auch. Darum hängt das Wohlbefinden der Menschen, die in ihnen wohnen und arbeiten, stark von der Funktionstüchtigkeit solcher Anlagen ab. Zwar sind Planer und Normierungsstellen für diese Problematik sensibilisiert und das so genannte Sick-Building-Syndrom tritt zunehmend in das Bewusstsein der Öffentlichkeit. Bei diesem Syndrom werden unter anderem Lüftungs- und Klimaanlagen als Verursacher vermutet. Mögliche Symptome sind etwa Kopfschmerzen oder Konzentrationsstörungen.
Von Einzelfällen abgesehen war bis heute über den hygienischen Zustand von RLT-Anlagen in der Schweiz wenig bekannt. Um verlässliche Informationen darüber zu erhalten, führte ein Konsortium mit zwölf Mitgliedern unter Leitung des Zentrums für Integrale Gebäudetechnik (ZIG) der Hochschule Luzern breit angelegte Untersuchungen durch: Dabei wurden 100 Lüftungsanlagen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Bauweise unter die Lupe genommen. Zum Beispiel in Wohnhäusern, Industriebauten oder Restaurants. Die Experten überprüften die Keime in der Luft am Auslass der RLT-Anlage im Innenraum und den hygienischen Zustand im Innern der Anlage selbst. In den Anlagen begutachteten sie die einzelnen Komponenten optisch und erhoben die Keimkonzentration auf den Oberflächen sowie – sofern vorhanden – im Umlaufwasser von Luftbefeuchtern. Zudem bei den Anlagenbetreibern nachgefragt, wie sie die Anlagen warten sowie instand halten und welche Bedeutung dabei für sie die Hygiene hat. – Die Untersuchungsresultate werden nicht vom Alter der Anlage beeinflusst, sondern von Planung, Errichtung sowie der regelmässigen und Instandhaltung.
Ein Fünftel der Anlagen schwierig zu untersuchen
Die schweizerischen Hygienerichtlinien für RLTAnlagen (SWKI-Richtlinien VA104-01 und -02) bestehen seit 2004 und haben zum Ziel, die Qualität der den Räumen zugeführte Luft mindestens jener der Aussenluft entsprechen muss. Das heisst, die Lüftungsanlage die Luft also nicht verschlechtern. Dieses Ziel erfüllen 94 Prozent der untersuchten Anlagen, bei den restlichen sechs ist die Konzentration der Keime in der Luft aber so tief, dass sie Menschen nicht gefährden.
Zu denken gibt laut den Forschern aber der Befund, dass 19 Prozent der für die Hygiene relevanten Komponenten gar nicht zugänglich sind und somit weder überprüft noch gereinigt werden können. „Schlecht zugängliche Komponenten stellen ein Hygiene-Risiko dar“, konstatiert Projektleiter Benoît Sicre von der Hochschule Luzern. Zudem beanstandeten er und seine Kollegen bei rund einem Drittel der Anlagen mehr als die Hälfte der Komponenten wegen hygienischer Mängel. Dabei geht es hauptsächlich um Verschmutzung oder Korrosion und um Konstruktionsmängel. Bei 19 Prozent der Anlagen beurteilten die Experten den Zustand von mehr als der Hälfte der analysierten Oberflächen als mikrobiologisch unzureichend. „Die zum Teil bedenklichen Keimkonzentrationen an den Oberflächen sind häufig auf die suboptimale Ausrüstung der Lüftungsanlagen zurückzuführen“, sagt Sicre. So werde mehr als die Hälfte aller Anlagen mit Filtern betrieben, die nicht den Richtlinien entsprechen. Dies kann zu einer Verschmutzung der Anlage führen und unter
Umständen zu einer Verschlechterung der Luftqulität.
Besserer Schutz vor Pollen und Co.
Angesichts der Resultate hat sich das Forschungsteam auch die Frage gestellt, ob das Schutzziel in den schweizerischen Hygienerichtlinien für RLT-Anlagen – die Qualität der zugeführten Luft darf nicht schlechter als die Aussenluft sein –strenger definiert werden müsste. Befinde sich die Aussenluftansaugung entlang einer viel befahrenen Strasse oder neben
Bäumen, die Pollen abgeben, müsse eine RLT-Anlage so effizient arbeiten, dass der Staub fast vollumfänglich draussen bleibe, erklärt er. Auch bei den Untersuchungstechniken wurden Vorschläge von den Experten erarbeitet. Vor allem bei der Entnahme von Proben auf Oberflächen soll neben den bisherigen Verfahren auch dasjenige mit dem Tupfer zugelassen werden, damit man auch in die engsten Stellen der Anlage gelangen kann. (mai/mgt)
Die Resultate des Forschungsprojekts Hygienezustand von Raumlufttechnischen Anlagen in der Schweiz sind verfügbar unter www.hslu.ch/t-technik-architektur-zig-publikationen