Rüge für Berner Hochbauamt
Weitere Folge im Drama um die Baumängel am Berner Frauenspital: Das kantonale Hochbauamt wusste von den statischen Problemen und tat nichts dagegen. Obendrein verlangte es von der Generalunternehmung über die Sache zu schweigen. Nun hat die Oberaufsichtskommission des grossen Rats (OAK) den Fall noch einmal unter die Lupe genommen, und bestätigt das fehlbare Verhalten des Hochbauamts.
Vergangenes Jahr hatte die Zeitung der „Bund“ einen Schriftwechsel zwischen dem Kanton und der Generalunternehmung öffentlich gemacht, aus dem hervor gegangen war, dass die GU das Hochbauamt gewarnt hatte, dass das Bauwerk mit Risiken behaftet sei, die sie als GU nicht tragen könne. Besonders heikel sei, dass sich die Fassadenträger nicht gegen Korrosion schützen liessen. Breche nur einer der Fassadenträger, könnte das ganze Bauwerk einstürzen, mahnte die Generalunternehmung und brachte deshalb eine Mängelrüge an. Werde diese nicht berücksichtigt, könne sie die Haftung nicht übernehmen.
Doch damit stiess sie beim Amt auf taube Ohren. Dort wollte man nichts von den Einwänden wissen und drängte auf Ausführung entsprechend Planung. Das Hochbauamt setzte laut der OAK die Generalunternehmung unter Druck, den Vorbehalt bezüglich Statik zurückzuziehen und drohte damit, andernfalls die Zusammenarbeit zu beenden. Schliesslich zog die GU im April 1999 die Mängelrüge zurück und übernahm dann doch die Haftung für die Planung. Zudem warf es der GU wegen der massiven Vorbehalte Vertrauensmissbrauch vor.
Befürchtungen der GUbewahrheiteten sich
Es wäre klüger wäre gewesen, auf die Vorbehalte der Generalunternehmung einzugehen, schreibt die OAK in ihrer Medienmitteilung. Denn fünf Jahre nach Fertigstellung der Frauenklinik, im Juli 2007, wurden tatsächlich gravierende Baumängel im Bereich der Statik entdeckt - drei Monate nach Ablauf der Garantiefrist. Zwei Jahre später wurde zudem eine verformte Fassade publik. Das macht eine Sanierung notwendig sowie die Errichtung eines Ersatzbaus. Beides zusammen kostet zwischen 30 und 40 Millionen Franken. Auf das Inselspital und wohl auch auf die Steuerzahler kommen also Kosten in Millionenhöhe zu. Die Generalunternehmung erklärte sich 2010 bereit, freiwillig eine Million Franken an die Behebung der Baumängel zu bezahlen; dies sei aber kein Schuldeingeständnis.
Kanton plante, GU führte aus
Das Projekt sei seinerzeit unglücklich aufgegleist gewesen, so die OAK. Der Kanton kümmerte sich bis ins letzte Detail um die Planung, die Generalunternehmung hatte sie „nur“ baulicht umzusezten und musste trotzdem die Haftung für die Planung übernehmen. „Es wäre Aufgabe des Kantons gewesen, als Bauherr eine übergeordnete Sicht einzunehmen und Massnahmen zu treffen, damit das Ziel - ein modernes, funktionstüchtiges Spital - nicht gefährdet ist“, kritisiert die OAK. Direkte Folgen habe ihre Erkenntnis nicht, denn der Kanton habe Projekte und Abläufe bei Bauvorhaben seither grundlegend geändert. Heute lässt der Kanton die Statik seiner Bauprojekte von unabhängigen Ingenieuren überprüfen und vereinbart längere Garantiefristen.
Die OAK befasste sich übrigens bereits zum zweiten Mal mit dem Baudebakel bei der Frauenklinik. Im 2010 – beim ersten Mal – war sie zum Schluss gekommen, den kantonalen Stellen könnten keine Pflichtverletzungen vorgeworfen werden. (mai/sda)