06:32 BAUBRANCHE

Quartalsbericht 4/2023: Durchwachsene Bilanz

Geschrieben von: Stefan Schmid (sts)
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Der Wohnbau entwickelte sich im Schlussquartal rückläufig. Positive Akzente setzen kann das Umbaugeschäft. Die Industrie plant hohe Investitionen in Bauten. Im Bildungs- sowie im Gesundheitsbereich zeichnen sich gegenläufige Trends ab. Überdurchschnittlich war die geplante Bausumme bei anderen Segmenten.

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Der Ausblick hat sich zwar verdüstert. Doch stagnierte im Schlussquartal die Summe geplanter Hochbauten.

Das Schweizer Bauhaupt- und Ausbaugewerbe kann in den Schlussmonaten des Jahres das Ergebnis des Vorjahresquartals fast bestätigen. Die auf Basis von Baugesuchen ermittelte Hochbausumme büsste im Schlussquartal im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode gesamthaft nominal 0,5 Prozent ein. Über die letzten drei Jahre gesehen vermittelt das Schlussquartal gesamthaft gleichwohl Kontinuität. Zwar fielen die Investitionen im Vergleich zum Vorquartal um 18,7 Prozent zusammen, doch handelt es sich beim Wert geplanter Bauprojekte in der Vorperiode um einen statistischen Ausreisser. Dem hohen vormaligen Quartalswert ist es zu verdanken, dass der Hochbau die Marke von 50 Milliarden Franken übertreffen konnte. Mit einem Plus von 3,3 Prozent erreichte die Anzahl der Bauvorhaben einen ausserordentlich hohen Stand.

Die Entwicklung des Wohnbaus widerspiegelt das Auf und Ab der Hochbausumme. Im Schlussquartal ergab sich bei den Investitionen gesamthaft ein Minus von 7,5 Prozent. Der Trend bei den Investitionen für den Bau von Einfamilienhäusern (EFH) bleibt über die letzten drei Jahre gesehen auch im Schlussquartal negativ. Die Zurückhaltung bei Investitionsentscheiden betraf vor allem Neubauten. Die dafür geplanten Investitionen fielen auf den tiefsten Wert der letzten zehn Jahre (-19,0%). Aufträge generieren dürften vermehrt Um- und Anbauten. Die für Renovierungen vorgesehene Summe erhöhte sich um 9,9 Prozent auf den höchsten Wert der letzten Dekade, wie aus den von der Docu Media Schweiz GmbH systematisch erfassten Zahlen hervorgeht.

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Sanierungen tragen zu einer stabilen Entwicklung des Segments bei, denn in allen vier Quartalen des vergangenen Jahres floss über die Hälfte der Investitionen in Um- und Anbauten. Doch ganz aufwiegen dürfte das Umbaugeschäft den Rückgang bei den Neubauten nicht, sodass das Segment im Vergleich zum Vorjahresquartal gesamthaft 5,6 Prozent im Minus lag.

Wachstumsbereich Umbau

Umbauten dürften vorerst auch bei den Mehrfamilienhäusern (MFH) die Entwicklung bestimmen. Das Umbaugeschäft könnte dabei sogar zu einem Wachstumsbereich mutieren. Der Bereich legte im Vorjahresvergleich mit einem Plus von 26,1 Prozent erneut stark zu, erreichte aber nicht die rekordmässige Summe des Vorquartals. Beim Bauen im Bestand des MFH-Segments zeigte sich übers letzte Jahr gesehen ein positiver Trend. Zu Beginn machte die für Umbauten geplante Summe lediglich knapp ein Fünftel der Investitionen aus, im Schlussquartal betrug der Anteil 27 Prozent. Und im zweiten Semester summierten sich die geplanten Investitionen in Mehrfamilienhäuser auf einen Wert, der über eine Milliarden Franken höher lag als in den ersten sechs Monaten.

Das Neubaugeschäft bleibt aber überaus bedeutend. Dank des künftig florierenden Umbaugeschäfts erreichte die geplante Summe für den Bau von Mehrfamilienhäusern fast den hohen Vorjahreswert (-0,2%). In der Endabrechnung fiel die im Jahr aufgelaufene Summe (Year to Date – YTD) des Wohnbaus um 2,9 Prozent zurück, insbesondere weil bei den Einfamilienhäusern nach den Boomjahren die geplante Bausumme im Minus verharrt (-10,9%). Gesamthaft dürfte der Wohnbau demnach künftig weniger Aufträge generieren als noch im Vorjahr.

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Stagnation und rückläufige Investitionen verringern seit Jahren das Angebot an Wohnungen. Laut Schätzungen dürften bis Mitte des nächsten Jahrzehnts rund zehn Millionen Menschen in der Schweiz leben. Um den Bedarf an Wohnungen decken zu können, müssten laut der UBS pro Jahr rund 60000 Wohnungen gebaut werden. Zurzeit bewegt sich die Zahl bei lediglich 35000 baubewilligten Neueinheiten. Die niedrige Wohnbautätigkeit und die nach wie vor hohe Nachfrage nach Mietwohnungen liessen letztes Jahr in allen Kantonen die Angebotspreise weiter ansteigen. Laut dem vom Immobilienmarktplatz Homegate und von der Zürcher Kantonalbank erhobenen Mietpreisindex erhöhten sich im Dezember die Angebotsmieten gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,7 Prozent (zum Vormonat: +0,8%). Und eine Trendwende ist auch in diesem Jahr nicht in Sicht. Auch 2024 sei mit einer hohen Nettozuwanderung zu rechnen. Zudem verschiebe sich der Fokus der institutionellen Investoren aufgrund gestiegener Zinsen auf andere Anlagemöglichkeiten.

Für die künftige Hochbautätigkeit sind Investitionen in Betriebsgebäude von Industrie und Gewerbe ein entscheidender Faktor, denn auf das zweitwichtigste Segment entfällt im langjährigen Schnitt rund elf Prozent der Hochbausumme. Kleine und mittelgrosse Unternehmen der Industrie stehen vor einer Bewährungsprobe. Die Tech-Branche, die von kleinen und mittelgrossen Unternehmen (KMU) dominiert ist, exportiert rund 80 Prozent der Produktion, was einen beträchtlichen Teil der Schweizer Exporte ausmacht. In wichtigen Absatzmärkten schwächelt jedoch die Konjunktur, was beim Aussenhandel sehr volatile Quartalswerte nach sich zog. Krisenherde schaffen weiter Unsicherheit.

Anzeichen einer Industrierezession

Die Unternehmen konnten massiv weniger Aufträge einsammeln, sodass die Produktionskapazitäten nicht ausgelastet werden können. Als Momentaufnahme zeigt die Situation der von der Raiffeisenbank eruierten Einkaufsmanagerindex PMI (Purchasing Managers Index). Dieser fiel im Januar gesamthaft von 50,9 weit unter die Wachstumsschwelle auf 40,7 Punkte. Beim Konjunkturindikator, der eine Verbesserung oder eine Verschlechterung des Geschäftsgangs misst, fällt insbesondere der Rückgang beim Auftragsbestand und der Produktion ins Auge. Mehr als 40 Prozent befragter KMU meldeten einen Rückgang des Produktionsvolumens, nur 15 Prozent einen Anstieg. In den ersten drei Quartalen 2023 gingen 10,5 Prozent weniger Aufträge ein als in der entsprechenden Periode im Jahr davor. Die Auswirkungen zeigen sich auch auf dem Arbeitsmarkt, denn grosse exportorientierte Branchen müssen aufgrund fehlender Aufträge auf Kurzarbeit umstellen.

BBA Q4/23

Quelle: Stefan Schmid

Das Umbaugeschäft gewinnt immer mehr an Bedeutung. Bild: Umnutzung des ehemaligen Swissôtel in Zürich Oerlikon.

Zudem ist die Schweizer Industrie erneut mit Währungsturbulenzen konfrontiert. Denn letztes Jahr hat sich der Franken gegenüber dem Euro und zum Dollar stark aufgewertet. Für Thomas Jordan, Präsident des SNB-Direktoriums, ist allerdings «ein wesentlicher Teil der Aufwertung nominal, weil die Inflation im Ausland viel höher war», wie er anlässlich des WEF erklärte. Bei vielen Unternehmen geraten ob den Entwicklungen die Margen unter Druck, was sich direkt auch auf die Auftragslage auswirkt und die Unternehmensgewinne schmälert.

Industrie vorerst unbeeindruckt

Dennoch zeigte das Industriesegment bisher im schwierigen wirtschaftlichen Umfeld erstaunliche Widerstandskraft. Nach dem Rücksetzer im zweiten Quartal holte das Industriesegment quartalsweise wieder stetig auf und verzeichnete gemäss Documedia-Statistiken bei den Investitionen in Gebäudeparks hohe zweistellige Wachstumsraten. Im Vergleich zum Vorquartal erhöhte sich die Bausumme um 11,3 Prozent, gegenüber dem Vorjahresquartal waren es sogar 51,7 Prozent. Auf eine gute Auftragslage deuten auch die per Ende Jahr aufgelaufene Summe. Der Wert geplanter Bauarbeiten erreichte einen Rekordwert und übertraf erstmals die Marke von sieben Milliarden Franken. Vorerst zeitigte die schwache Konjunktur noch marginale Folgen für die Investitionsbereitschaft in Betriebs- und Gewerbebauten. Doch das hohe Wachstum im letzten Jahr dürfte das Industriesegment wohl nicht mehr erreichen.

Teuerung scheint gebändigt

Bei der Inflationsentwicklung sieht die UBS 2024 Zweitrundeneffekte am Wirken, ausgehend von höheren Löhnen, um Kaufkraftverluste auszugleichen, und weil in der Folge Unternehmen Preisanpassungen zum Erhalt der Gewinnmargen vornehmen. Die Expertengruppe des Bundes geht für das Gesamtjahr 2024 von einer Teuerung von 1,9 Prozent aus und für 2025 noch von 1,1 Prozent. Die rückläufige Tendenz bei der Inflation könnte durch aufflackernde Konflikte entlang der Lieferketten wieder in die andere Richtung drehen.

Saison gerettet

Die aufgehellte Konsumstimmung führt auch dazu, dass amerikanische Touristen wieder vermehrt Ferien in der Schweiz verbringen. Weil insbesondere ausländische Gäste mehr Übernachtungen buchten (+6,1%), erhöhte sich laut vorläufigen Schätzungen des Bundesamts für Statistik (BfS) im Dezember die Zahl der Logiernächte im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4,3 Prozent. Auch lagen schweizweit bei den Bahnen die Ersteintritte Ende Dezember 26 Prozent über dem Vorjahreswert. Die Buchungszahlen dürften die Ertragskraft von Hotelbetrieben weiter stärken, was es ihnen ermöglicht, wieder vermehrt in Bauprojekte zu investieren. Das Segment kann im Schlussquartal wieder zulegen und bei der geplanten Bausumme ein gutes Ergebnis einfahren. Auch der Fünfjahresdurchschnitt verheisst bessere Perspektiven, wenn auch die die Investitionen das Vorjahresergebnis nicht erreichen.

Der Bereich Gesellschaft, Kultur und Freizeit konnte nach einem ausserordentlichen Vorquartal einen fulminanten Schlusspunkt setzen. Zum Vorjahresquartal erhöhte sich die Bausumme um 110,3 Prozent. Das Gesamtjahr entwickelte sich überdurchschnittlich, denn die Summe geplanter Bauprojekte verdoppelte sich im Vergleich zum Vorjahr sogar.

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Gegenläufige Trends

Der Büroflächenmarkt dürfte von der Normalisierung des Arbeitsmarkts und dem Anstieg des Beschäftigungswachstums profitieren, sodass sich die Nachfrage nach Büroräumen erhöht. Dennoch ist weiterhin nicht damit zu rechnen, dass das Segment die Bautätigkeit zusätzlich antreiben wird. Immerhin konnte im letzten Quartal der Rückgang abgebremst werden, die Projektsumme blieb wie bereits in den Vorquartalen aber unterdurchschnittlich.

Die gegenläufigen Trends bei den Investitionen der öffentlichen Hand bestätigen die Ergebnisse des Schlussquartals. Die Summe für den Bau von Schulen konnte erneut zulegen (+ 23,7%), während Gebäude für Gesundheitseinrichtungen im Vergleich zum Vorjahr wenig Anlass zu Hoffnung bieten, dass das Segment in absehbarer Zeit wieder in den Wachstumsbereich zurückkehren wird (-46,1%). Das Endergebnis (YTD) deutet jedoch darauf hin, dass die rückläufigen Investitionen durch den Bereich Bildung mehr als kompensiert werden.

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Quelle: oman-fox-977108-unsplash

Der Bürobau konnte zum Jahresende hin die rückläufige Entwicklung abbremsen. Doch gesamthaft entwickelte sich das Segment unterdurchschnittlich.

Den vollständigen Text mit weiteren Informationen und Prognosen über die Konjunkturentwicklung in der Schweiz und in Europa finden sich im unten angehängten PDF.

Geschrieben von

Redaktor Baublatt

Seine Spezialgebiete sind wirtschaftliche Zusammenhänge, die Digitalisierung von Bauverfahren sowie Produkte und Dienstleistungen von Startup-Unternehmen.

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