14:53 BAUBRANCHE

Quartalsbericht 1/2022: Hochbau steht vor Abschwächung

Geschrieben von: Stefan Schmid (sts)
Teaserbild-Quelle: Sean MacEntee Flickr CC.

Das Schweizer Bauhaupt- und Ausbaugewerbe muss mit rückläufigen Investitionen rechnen, weil weniger Mehrfamilienhäuser geplant sind. Auch die anderen Segmente entwickelten sich zaghaft. Die geplante Summe des Industriebaus stagnierte, Projekte für Büro- und Hotelbauten sind rar. Die Notenbanken beginnen an der Zinsschraube zu drehen.

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Im Schweizer Bauhaupt- und Ausbaugewerbe dürften die Investitionen in den Hochbau spärlicher fliessen, denn der Start ins Jahr war verhalten. Die auf Basis von Gesuchen ermittelte Summe für Hochbauten fiel im ersten Quartal gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode um 5,6 Prozent zurück. Im Vergleich zum Schlussquartal sah es nicht ganz so düster aus (-1,5%), die Summe lag sogar über dem Durchschnitt der Vorjahresquartale. Immerhin konnte die Zahl der Projekte auf einem bereits hohen Stand leicht zulegen (+1,4%).

Als Garant für Stabilität gilt nach wie vor der Wohnbau, der in den ersten drei Monaten gesamthaft ein Plus von 2,7 Prozent verzeichnen konnte, wobei sich im Vergleich zu den Vorquartalen die unterschiedliche Entwicklung beider Segmente bestätigte. Bei der geplanten Summe für den Bau von Mehrfamilienhäusern (MFH) zeichnete sich eine Stagnation ab (+0,8 %). Die Bausumme für Neubauprojekte befand sich sogar im Minus (-1,3 %), wiederum im Vergleich zum Vorquartal ergab sich aber ein Plus. Höhere Investitionen geplant sind einzig für An- oder Umbauten sowie Kombinationen davon. Dieser Bereich wird weiter solide wachsen, im Vergleich zum Vorjahresquartal betrug das Plus 8,1 Prozent. Gegenüber dem Vorquartal legte die geplante Summe für Umbauten im MFH-Segment sogar um 18,6 Prozent zu.

Energetische Sanierungen von Gebäuden dürften in den kommenden Jahren zusätzlich Auftrieb erhalten. Nachdem letztes Jahr die Totalrevision des CO2-Gesetzes bei der Volkabstimmung abgelehnt wurde, hat das Parlament rasch eine neue Vorlage aufgegleist. Diese umfasst auch Änderungen des Energie- und des Umweltschutzgesetzes. In der Vernehmlassung waren die Berücksichtigung der grauen Energie bei der Planung von Ersatzneubauten sowie die Erhöhung der Sanierungsquote wichtige Aspekte in den Stellungnahmen. 2025 soll das revidierte Gesetz die noch geltenden Regeln ablösen.

Hohe Preise im MFH-Segment

In den Städten bleibt das Angebot an Mietwohnungen allerdings knapp. Im Jahresvergleich nahmen die Mieten in Zürich, Bern und Lugano um über zwei Prozent zu, während sie in Genf, Lausanne und Luzern rückläufig waren. In der Schweiz sind die Mieten für die am Markt angebotenen Wohnungen zu Beginn des Jahres leicht angestiegen. Der von der Internetplattform Homegate und der Kantonalbank (ZKB) erhobene Angebotsmietindex stieg im Januar um 0,26 Prozent oder 0,3 Stellen auf 116,7 Punkte an. 

Am stärksten wuchsen die Mietpreise in Bern (+1,0%). Im gesamten letzten Jahr erhöhte sich der Index in der Schweiz um ein Prozent. Dabei waren Mehrfamilienhäuser mangels Anlagemöglichkeiten nach wie vor sehr gefragt, was die Preise weiter in die Höhe getrieben hat. In der Zürcher Gemeinde Zumikon hat ein Käufer vor kurzem ein nicht mehr benötigtes Feuerwehrgebäude mit einigen Wohnungen für einen Betrag erworben, der laut der der zur Migros Bank gehörenden CSL Immobilien AG zweieinhalb Mal so hoch war wie von der Gemeinde vorgegeben. Der Preis: rund 21 Millionen Franken.

Einfamilienhäuser gefragt

Eine hohe Preisdynamik zeigte sich auch beim Segment Einfamilienhäuser (EFH): Durchschnittlich betrug der Preisanstieg des EFH-Segments im letzten Jahr 8,3 Prozent, wie Homegate und das Swiss Real Estate Institut eruierten, wobei die Regionen Bern, Genfersee, Nordwestschweiz und Zürich untersucht wurden. Mit einer Erhöhung der EFH-Preise um elf Prozent waren die Preissteigerungen indes in der Nordwestschweiz am grössten, in Zürich waren es 7,7 Prozent.

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Die starke Nachfrage nach einem Haus mit Umschwung dürfte auch der Bau-wirtschaft zusätzliche Impulse verleihen. So sind im EFH-Segment hohe Investitionen geplant. Gesamthaft gingen Gesuche ein, deren Bausumme sich laut Zahlen der Docu Media Schweiz GmbH im Vergleich zum Vorjahresquartal um 8,5 Prozent erhöhte. Im Vergleich zum ersten Quartal des letzten Jahres, als Corona grassierte, konnte sowohl das Neubaugeschäft als auch der Bereich Umbauten wachsen. Das EFH-Segment steht im Vergleich zum Vorquartal noch besser da, wobei vor allem die Umbausumme nach einem sehr schwachen Schlussquartal stark zulegen konnte (+21,5 %).

Gesamthaft haben die Angebotspreise für Wohneigentum im Februar erneut einen neuen Rekordwert erreicht. Ein Ende des Preisauftriebs ist laut dem Immobilienberatungsunternehmen Iazi nicht in Sicht. Einzig ein massiver Zinsanstieg und damit eine starke Zunahme der Finanzierungskosten könne die Preisspirale eindämmen.

Bürosegment als zweite Wahl

Die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt wirken sich indirekt auch auf die Büroimmobilien aus. Demnach sind Investoren, die im Wohnmarkt nicht mehr zum Zug kamen, vermehrt auf das Bürosegment ausgewichen. Um vom boomenden Onlinehandel profitieren zu können, wurden zunehmend auch Gewerbe- und Logistikimmobilien ins Auge gefasst, wie die CSL Immobilien AG festgestellt hat. Unternehmen fokussierten ihre Nachfrage verstärkt auf zentrale Lagen. Deshalb entfalle der grösste Teil der in den vergangenen sechs Monaten verfügbaren Büroflächen auf Standorte ausserhalb der Zentren. 

Im Wirtschaftsraum Zürich hat sich in den letzten sechs Monaten laut CSL die Summe inserierter Büroflächen im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent erhöht. Ähnlich stark war die Zunahme in der Region Bern (+14,0 %) und in Genf (+12,0 %).  Die Zurückhaltung der Investoren wirkt sich auch auf die Bereitschaft aus, neue Bauprojekte anzustossen. 

Im Vergleich zum Vorjahresquartal ging die für Bürobauten geplante Summe um 35,5 Prozent zurück. Auch im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt sieht es nicht viel besser aus, die Summe lag 27,1 Prozent unter dem entsprechenden Wert. Immerhin kann das Segment den Rückgang abbremsen, denn im Vergleich zum Schlussquartal büsste die Summe lediglich 5,6 Prozent ein.

Industriebau stagniert

Die Situation bei den Baumaterialien, darunter Stahl-, Kunststoff- und Holzprodukte, hat sich wieder verschärft, nachdem zu Beginn des Jahres die Lieferketten teilweise wieder in Gang kamen. Lieferunterbrüche und Personalausfälle wegen Corona, aber auch der Bauboom in den USA und in China haben bereits in den letzten zwei Jahren die Materialpreise weltweit in die Höhe getrieben.

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Der Ukrainekrieg liesse die Energiepreise zusätzlich steigen, sodass in der Schweiz die Inflation im Februar den Wert von 2,2 Prozent erreichte und erstmals seit mehr als 13 Jahren über der Zwei-Prozent-Marke lag (Januar: 1,6 %). Im März waren es 2,4 Prozent. Der Ukrainekrieg hat zudem zu Turbulenzen beim Wechselkurs geführt. Bei Schweizer Industrieunternehmen kamen die Margen gleich mehrfach unter Druck.

Die Währungshüter müssen nun auf die hohen Inflationsraten reagieren, wobei sie eine Gratwanderung vollziehen müssen, wenn es gilt, Zinserhöhungen vorzunehmen, ohne dabei die Konjunktur abzuwürgen. Während die Schweizerische Nationalbank die Zinsen nicht antastet, hat die amerikanische Notenbank im März bereits einen ersten Zinsschritt vorgenommen. Eine Zinserhöhung im Juli signalisierte auch die Europäische Zentralbank.

Die Industrieunternehmen schienen der angekündigten raschen Erholung der Wirtschaft zu Beginn des Jahres noch nicht so recht zu trauen. Die ersten beiden Monate waren ein Auf und Ab. Schliesslich stagnierten die Investitionen in den Gebäudepark im Vergleich zum Vorjahreswert auch im gesamten ersten Quartal (+0,3 %). Auch verharrte die Segmentsumme weit unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Industrie geht allerdings nach wie vor davon aus, dass sie sich auf dem Wachstumspfad befindet. Der Einkaufsmanagerindex (PMI), den die Credit Suisse zusammen mit dem Branchenverband Procure berechnet, stieg für den Industriesektor im März um 1,4 auf 64,0 Punkte. Werte von über 50 Punkten deuten auf Wachstum hin.

Gute Saison, weniger Hotels

In der Wintersaison wieder Tritt gefasst hat das Tourismussegment. Bei den Erst-eintritten und beim Umsatz verzeichneten die Bergbahnen im Vergleich zum eingeschränkten Betrieb im Vorjahr ein Plus von rund 40 Prozent, wie Seilbahnen Schweiz mitteilte. Der positive Trend setzte sich im Februar und März fort. Gesamthaft ist der Saisonverlauf auch im Vergleich mit den Fünfjahresdurchschnitten bei den Ersteintritten und den Umsätzen in vielen Regionen überdurchschnittlich. Einzig das Tessin konnte nicht mithalten.

Von der guten Entwicklung konnte auch die Beherbergungsbranche profitieren. Die Zahl der Gäste aus der Schweiz nahm in den drei Wintermonaten um zwölf Prozent zu, wie die Beherbergungsstatistik von Schweiz Tourismus ausweist, wobei die Logiernächte mit der Saison vor Corona verglichen werden (März: Schätzung laut BfS-Zahlen). Doch nach wie vor fehlen Gäste aus Übersee (-27,0 %), sodass sich gesamthaft ein Minus von 9,0 Prozent ergab. Auch der kleine Hoffnungsschimmer konnte die Investoren nicht umstimmen. Entsprechend sind noch wenige Projekte für Hotelbauten geplant, die Summe des Tourismussegments sank sogar auf den tiefsten Wert der letzten zehn Jahre.

Auch Vorhaben der öffentlichen Hand dürften sich dieses Mal nicht als Stütze der baukonjunkturellen Entwicklung erweisen. Die geplante Summe für Bauten im Gesundheitswesen erhöhte sich zwar im Vergleich zum Vorjahresquartal, von einem ausserordentlich tiefen Wert allerdings. Gesamthaft blieb die Bausumme deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. Auch die geplanten Investitionen in Schulbauten waren rückläufig und erreichten den lang-jährigen Durchschnitt bei weitem nicht.

Erste Zinsschritte

Insgesamt sind die Aussichten für die Baukonjunktur intakt. Für die Schweiz geht die Expertengruppe des Bundes für dieses Jahr beim realen Bruttoinlandprodukt (BIP) mit einem leicht tieferen Wachstum von 3,0 Prozent aus. Vor drei Monaten hatte die Prognose noch auf plus 3,2 Prozent gelautet, noch im September waren es 3,4 Prozent (2023: unverändert +1,7 %). 

Die Ökonomen der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich trauen der Schweizer Wirtschaft trotz des Ukrainekriegs Wachstum zu. In ihrem Frühjahrsgutachten kommen sie zum Schluss, dass beim positiven Basisszenario im laufenden Jahr ein BIP-Wachstum von drei Prozent drin liegt. Bei einer weiteren Eskalation in der Ukraine wird dem Negativszenario noch ein Plus 1,1 Prozent zugeschrieben.

Geschrieben von

Redaktor Baublatt

Seine Spezialgebiete sind wirtschaftliche Zusammenhänge, die Digitalisierung von Bauverfahren sowie Produkte und Dienstleistungen von Startup-Unternehmen.

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