Neue Norm verbessert die Tageslichtversorgung
Mehr Tageslicht in den Gebäuden: Dafür soll eine neue Norm sorgen. Erfasst werden die Tageslichtverfügbarkeit, die Aussicht, die Sonnenlichtexposition und der Blendschutz. Im Vergleich zu den bisherigen Vorgaben führt die Norm oft zu einer Verdoppelung der Fensterflächen.
Unsere Urahnen lebten im natürlichen Zyklus von Tag und
Nacht. Das änderte sich erst vor 100 bis 150 Jahren. Die Menschen begannen,
sich immer häufiger und immer länger in Innenräumen aufzuhalten. Heute
verbringen wir gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 90 Prozent unserer
Zeit in Gebäuden – meistens bei Kunstlicht. Einige verschanzen sich in dunklen
Büros, andere arbeiten in fensterlosen Supermärkten oder gehen nachts ihrem
Beruf nach. Dabei ist das Tageslicht für die Gesundheit, das Wohlbefinden und
die Leistungsfähigkeit der Menschen unverzichtbar, wie wissenschaftliche
Studien belegen. Die Helligkeit der Sonne und der Tagesgang des Lichts
beeinflussen den Hormonhaushalt und takten die biologische Uhr.
Für Architekten und Gebäudeplaner stellt sich deshalb die
Frage, wie Innenräume mit ausreichend Tageslicht versorgt werden können. Die
Baumeister alter Schule wussten das Tageslicht für die Inszenierung ihrer Räume
zu nutzen. Vor der Erfindung des elektrischen Lichts war das Tageslicht die
Hauptlichtquelle im Innenraum. Die Lage und die Grösse von Fenstern wurden
bewusst festgelegt.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam das Kunstlicht auf. Es ermöglichte die Beleuchtung der Räume zu jeder Tageszeit und wurde allmählich zur Selbstverständlichkeit. Das Tageslicht büsste an Aufmerksamkeit ein, und so kam auch das Wissen über die Tageslichtplanung in den vergangenen Jahrzehnten nach und nach abhanden.
Quelle: Michael Gaida, Pixabay, Public Domain-ähnlich
Tageslicht steigert die Gesundheit und das Wohlbefinden der Gebäudenutzer. Gleichzeitig kann mit einer richtigen Tageslichtplanung bei der Heizung, der Kühlung und der Beleuchtung viel Energie gespart werden.
Einheitlicher Standard
Bis vor kurzem fehlte eine Norm, nach der die
Tageslichtversorgung von Gebäuden überprüft werden konnte. In der Schweiz gab
es stattdessen in den kantonalen Bauverordnungen die merkwürdig anmutende
Vorgabe, wonach die Fensterfläche wenigstens ein Zehntel der Bodenfläche
betragen muss. In einem 20 Quadratmeter grossen Raum müssten demnach zwei
Quadratmeter Fenster verbaut werden. Dabei spielen für die
Tageslichtverhältnisse entscheidende Bedingungen wie Lichtdurchlässigkeit oder
geographische Ausrichtung keine Rolle.
Diese Regel eignet sich deshalb nicht, um eine ausreichende Tageslichtversorgung in einem Raum zu gewährleisten. Sie würde beispielsweise auch dann noch eingehalten, wenn die Gläser der Fenster mit schwarzer Folie beschichtet wären und der Lichttransmissionsgrad unter fünf Prozent läge.
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